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29.04.2024

30.08.2018

Die Wirkung komplexer Gefahrstoffgemische am Beispiel polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe

Dr. Thomas Brüning , Dr. Heiko U. Käfferlein, Dr. Sabine Plöttner, Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Ruhr-Universität Bochum

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Die Rolle und Wirkung einzelner Komponenten in komplexen Gefahrstoff-Gemischen wie zum Beispiel polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK), anerkanntermaßen Lungenkanzerogene, ist derzeit noch unzureichend untersucht. Die Situation lässt sich treffend mit einem Wolfsrudel vergleichen, bei dem in der Regel ausreichende Informationen zu den Alpha-Tieren (u.a. den hochmolekularen und oftmals kanzerogenen PAK, z.B. Benzo[a]pyren) vorliegen, aber nicht zum Rest des Rudels (u.a. den niedermolekularen PAK).

Dies ist überraschend, haben niedermolekulare PAK doch mehr als 70 Prozent Anteil im PAK-Gemisch und stellen damit bildlich den Großteil des Rudels. Neue Forschungsergebnisse des IPA in Zusammenarbeit mit der Universität Colorado zeigen nun erstmals in einem Lungenzellmodell präkanzerogene Eigenschaften niedermolekularer PAK, die die kanzerogenen Eigenschaften des Benzo[a]pyrens unterstützen beziehungsweise fördern.

Komplexe Gemische aus polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) setzen sich aus verschiedenen hochmolekularen (z.B. Benzo[a]pyren, Chrysen, etc.) und niedermolekularen Komponenten (z.B. Fluoranthen, Anthracen, etc.) zusammen. Insbesondere Vertreter der hochmolekularen PAK (HM-PAK), wie das Benzo[a]pyren (B[a]P), wurden frühzeitig als so genannte ultimale Kanzerogene identifiziert. Damit bezeichnet man Substanzen, die sowohl krebsinitiierende als auch krebspromovierende Eigenschaften aufweisen. Sie können somit sowohl die für die Krebsentstehung erforderlichen Mutationen verursachen und gleichzeitig den erforderlichen Wachstumsstimulus für die Vermehrung der mutierten Zellen liefern.

Diese Eigenschaften haben dazu beigetragen, dass sich die heutige Forschung weltweit nahezu ausschließlich mit der Ursachenforschung und Prävention von Krebs im Zusammenhang mit einer Exposition gegenüber HM-PAK beschäftigt. Sie stellen zweifelsfrei die Alpha-Tiere im Wolfsrudel dar und entsprechend viele HM-PAK sind von der internationalen Agentur für Krebsforschung als Humankanzerogene eingestuft, unter anderem in die Gruppen 1, 2A und 2B (IARC 2010).


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