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08.05.2024

25.04.2024

Xanthan - Charakterisierung eines kettensteifen, hochmolekularen Polysaccharids mit der GPC/SEC und der FFF

Dr. Gerhard Heinzmann , Alina Heinzmann, Sophia Heinzmann

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Im Bereich der Lebensmittelzusatzstoffe werden viele Polysaccharide als Gelier- und Verdickungsmittel eingesetzt. Beispiele sind Stärken, Cellulose, Carragenane, Alginate, Chitosan, Gummi Arabicum und viele weitere Stoffe [1]. Auch Hyaluronsäure, die oft in kosmetischen Produkten verwendet wird, gehört zu dieser Substanzklasse. Allen diesen Stoffen ist gemeinsam, dass sie eine hohe Viskosität aufweisen, und dass sie in der Lage sind, Wasser zu binden.

Polysaccharide können umfassend mit der Gelpermeationschromatographie (GPC/SEC) charakterisiert werden [2]. Die Verteilung Ihrer Molekulargewichte und Ihrer Verzweigungsstruktur lässt sich mit der GPC/SEC mit Dreifachdetektion (Brechungsindexdetektion, Viskositätsdetektion und statische Mehrwinkel-Lichtstreudetektion) aufklären. Allerdings sind manche Polysaccharide sehr hochmolekular, es werden mittlere Molekulargewichte bis in den zweistelligen Millionenbereich erreicht. Besitzen diese Polysaccharide auch noch eine kettensteife Molekülstruktur, dann überschreiten die molekularen Größen diese Substanzen in Lösung schnell die 100 nm Marke.

Die GPC/SEC kann aber nur Moleküle bis zu einer molekularen Größe von ca. 100 nm Trägheitsradius auftrennen. Moleküle, die diese Grenze deutlich überschreiten, werden von den Trennsäulen partiell absorbiert. Sie werden entweder durch die Fritte am Eingang der Trennsäule festgehalten, oder durch das poröse Säulenmaterial selbst. Dies führt dazu, dass bei der Auftrennung und Charakterisierung dieser Proben mit der Gelpermeationschromatographie oftmals nur sehr geringe Wiederfindungsraten für die Proben gemessen werden.

Ein extremes Beispiel für eine solche Probe ist das Polysaccharid Xanthan. Xanthan ist ein natürlich vorkommendes Polysaccharid. Es wird mit Hilfe von Bakterien der Gattung Xanthomonas aus zuckerhaltigen Substraten gewonnen und wird als Lebensmittelzusatzstoff mit der E-Nummer E 415 als Verdickungs- und Geliermittel eingesetzt. Xanthan weist extrem hohe Molekulargewichte von mehreren Millionen g/mol auf [3]. Da Xanthanmoleküle eine kettensteife Struktur besitzen, überschreiten sie mit Ihrer molekularen Größe in Lösung deutlich den der GPC/SEC zugänglichen Bereich.

chemische Struktur von Xanthan
Abb.1: Chemische Struktur von Xanthan [1]
Die Feld-Fluss Fraktionierung hingegen kann auch Moleküle bis zu einer Größe von 1.000 nm und darüber hinaus noch auftrennen und charakterisieren. Daher ist die Feld-Fluss Fraktionierung die Methode der Wahl für die Trennung und Charakterisierung von sehr hochmolekularen Polysacchariden, die eine kettensteife Molekülstruktur aufweisen.

Xanthan

In Abbildung 1 ist die molekulare Struktur von Xanthan aufgezeigt. Wie bei fast allen Polysacchariden ist auch hier das Zuckermolekül mit der einfachen chemischen Formel C6H12O6 der Grundbaustein. Daraus aufbauend, entsteht die kettensteife, verzweigte Struktur der Xanthanmoleküle. Xanthane sind in ihrer typischen Struktur Polysaccharide aus ß-D-Glucose-Einheiten. Durch Carboxylgruppen an den Seitenketten sind die Xanthan-Moleküle anionisch.

Charakterisierung von Xanthan mit der Gelpermeationschromatographie

Chromatogramm einer Xanthanprobe
Abb.2: Chromatogramm einer Xanthanprobe;
Rot: Brechungsindexdetektor, Blau: Viskositätsdetektor,
Grün/Schwarz: Lichtstreudetektor
Prinzipiell eignet sich die Gelpermeationschromatographie, auch Größenausschlusschromatographie genannt (GPC/ SEC), sehr gut für die Auftrennung und die anschließende Charakterisierung von wasserlöslichen Polysaccharid-Proben. Verwendet man ein GPC/SEC-System mit Dreifachdetektion (Statische Mehrwinkel-Lichtstreuung, Viskositätsdetektion und Brechungsindexdetektion), dann können sowohl die absoluten Molekulargewichte der Polysaccharidproben, wie auch deren Intrinsische Viskositäten bestimmt werden [4]. Aus diesen beiden Werten kann weiterhin der hydrodynamische Radius der Proben bestimmt werden. Aus dem Signal des Brechungsindexdetektors kann die Konzentration und somit die Wiederfindungsrate für die Probe ermittelt werden. Abbildung 2 zeigt ein Chromatogramm für eine typische Xanthanprobe; rot ist das Signal des Brechungsindexdetektors, blau das Signal des Viskositätsdetektors und grün/schwarz sind die Signale des Lichtstreudetektors.

In Tabelle 1 sind die Resultate der Messungen von zwei Xanthanproben aufgeführt; die mittleren Molekulargewichte liegen im Bereich von mehreren Millionen g/mol, die Intrinsischen Viskositäten sind mit Werten von mehr als 20 dl/g extrem hoch. Dies bedingt die ebenfalls sehr großen, mittleren hydrodynamischen Radien der Proben, die deutlich oberhalb von der der GPC/SEC zugänglichen, maximalen Größe von 100 nm liegen.

Messungen von zwei Xanthanproben
Tab.1: Resultate der Messungen von zwei Xanthanproben

Mit:
Mw = nach dem Gewicht gemitteltes Molekulargewicht in g/mol
Mn = nach der Anzahl gemitteltes Molekulargewicht in g/mol
PD = Polydispersität = Mw/Mn
IV = Intrinsische Viskosität in dl/g
Rh = hydrodynamischer Radius in nm
Rec = Wiederfindung in %

Winkelabhängigkeit des gestreuten Lichts
Abb.3: Winkelabhängigkeit des gestreuten Lichts
für eine hochmolekulare Xanthan-Probe
Beeindruckend ist die sehr ausgeprägte Winkelabhängigkeit des Streulichtes; Abbildung 3 zeigt den Plot für die verschiedenen Streuwinkel, als Modell für den mathematischen Fit der Winkel wurde hier eine "Random Coil"-Struktur gewählt. Es ist deutlich zu erkennen, dass gerade bei den kleinen Streuwinkeln ein sehr hohes Lichtstreusignal gemessen wird. Man verlässt bei diesen molekularen Größen den Bereich der Rayleigh-Lichtstreuung und kommt in den Bereich der Mie-Streuung [5].

Das Problem der GPC/SEC wird deutlich, wenn man sich die Wiederfindungen für die beiden Xanthan-Proben ansieht. Obwohl sich beide Proben nach einigen Tagen gut gelöst haben und nicht filtriert wurden, liegen die Wiederfindungsraten für beide Proben unterhalb von 50%. Das bedeutet, dass mehr als die Hälfte der Xanthanproben von den GPC/SEC-Trennsäulen herausgefiltert wird. Die sehr hochmolekularen Anteile der Xanthanproben sind zu groß, als dass Sie die Trennsäulen durchlaufen könnten. Sie werden auf den Fritten und dem Säulenmaterial absorbiert.

Feld-Fluss Fraktionierung

An diesem Punkt hat die Feld-Fluss Fraktionierung als alternative Trennmethode zur GPC/SEC einen entscheidenden Vorteil. In Abbildung 4 ist das Trennprinzip der Asymmetrischen Fluss Feld-Fluss Fraktionierung (AF4) aufgezeichnet. Im Gegensatz zu den mit porösem Gel gefüllten GPC/SEC-Trennsäulen, ist der Trennkanal in der AF4 leer; die Trennung wird bei dieser Technologie durch ein Querflussfeld erzeugt, welches in einem 90°-Winkel zur Elutionsrichtung angelegt wird.

Schema der AF4
Abb.4: Trennmechanismus in der Asymmetrischen Fluss Feld-Fluss Fraktionierung

Die Höhe des Trennkanals in der AF4 kann bis zu 500 µm betragen. Mit dieser Technik lassen sich Proben mit einer molekularen Größe von bis zu 1000 nm quantitativ auftrennen. Die Feld-Fluss Fraktionierung übersteigt daher den Trennbereich im Vergleich zur GPC/SEC um mindestens eine Größenordnung, da der Trennbereich der GPC/SEC sich nur bis zu einer molekularen Größe von ca. 100 nm erstreckt. Daher können mit der AF4-Trenntechnik auch die sehr großen Xanthanmoleküle komplett aufgetrennt und charakterisiert werden. Es werden Wiederfindungsraten von mehr als 90% erreicht.

Feld-Fluss Fraktionierungschromatogramm Xanthan
Abb.5: Feld-Fluss Fraktionierungschromatogramm einer
hochmolekularen Xanthanprobe
Abbildung 5 zeigt ein Feld-Fluss Fraktionierungschromatogramm einer hochmolekularen Xanthandprobe. Der erste, sehr scharfe Peak bei einer Elutionszeit von ca. 5 min, ist der so genannte Void-Peak, der das Totvolumen des FFF-Trennkanals abbildet. Das Molekulargewicht und die molekulare Größe der Xanthanprobe sind mit der mit Gelpermationschromatopraphie gemessenen Xanthanprobe vergleichbar, allerdings liegt die Wiederfindungsrate in diesem Fall bei mehr als 90%.

Die Feld-Fluss Fraktionierung erweist sich daher gegenüber der Gelpermationschromatopraphie bei sehr großen und hochmolekularen Polymer- und Biopolymerproben als wesentlich leistungsfähiger, da mit der Feld-Fluss Fraktionierung die gesamte Probe aufgetrennt und charakterisiert werden kann, während im Fall der Gelpermationschromatopraphie durch die Filterwirkung der Trennsäulen ein großer Teil der Probe vor der Detektion absorbiert wird, und somit für die Charakterisierung nicht mehr zur Verfügung steht.

Fazit

Xanthane sind sehr hochmolekulare Polysaccharide mit einer kettensteifen Struktur. Die molekularen Größen der Xanthanmoleküle erreichen nicht selten Werte von mehr als 100 nm. Damit überschreiten Sie den der GPC/SEC zugänglichen Trennbereich bei Weitem. Dies führt dazu, dass bei GPC/SEC-Messungen die Wiederfindungsraten der Xanthanproben oftmals bei weniger als 50% liegen, das heißt, mehr als die Hälfte der Xanthanprobe wird auf den GPC/SEC-Trennsäulen absorbiert. Diese Limitierung der GPC/SEC kann durch den Einsatz der Feld-Fluss Fraktionierung aufgehoben werden. Da die Feld-Fluss Fraktionierung mit einem offenen, leeren Trennkanal, mit einer Höhe von bis zu 500 µm arbeitet, können Proben mit einer molekularen Größe von bis zu 1.000 nm und darüber hinaus aufgetrennt werden. Die Feld-Fluss Fraktionierung erweitert somit den Trennbereich um mindestens eine Größenordnung im Vergleich zur GPC/SEC. Die Probenvorbereitung und die Art der Detektion unterscheiden sich nicht wesentlich. Informationen zur molekularen Struktur der Xanthan-Proben können im Fall der Fluss Feld-Fluss Fraktionierung über den Konformationsplot (doppelt logarithmische Auftragung des Trägheitsradius über dem Molekulargewicht der Probe) aus dem Signal des Mehrwinkel-Lichtstreudetektors erhalten werden.

Literatur

  1. W. Blaschek, W. Burchard, G. Franz, H. Koch, H. Koehler, E. Nirnberg, H. Roper, H. Wagner, "Polysaccharide", Springer Verlag, 1991, ISBN-13:978-3-S40-S4002-1
  2. S. Mori, H.G. Barth: "Size Exclusion Chromatography", Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg (1999)
  3. G. Holzwarth: "Molecular Weight of Xanthan Polysaccharide", Carbohydrate Research, 66 (1978), p 173-186
  4. G. Heinzmann, "Der Begriff "Triple Detection" in der Gelpermeationschromatographie und der Feld-Fluss Fraktionierung - Ursprung und heutige Bedeutung", Fachartikel Analytik-News, Mai 2018
  5. Gustav Mie, "Beiträge zur Optik trüber Medien, speziell kolloidaler Metallösungen" Annalen der Physik, Vierte Folge, Band 25, 1908, No. 3, p 377-445.


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