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02.05.2024

16.02.2023

Konformationsplot oder Mark-Houwink-Plot?

Dr. Gerhard Heinzmann , Alina Heinzmann, Sophia Heinzmann

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Welche grafische Auftragung von GPC/SEC-Daten eignet sich besser zur Bestimmung von Polymerstrukturen?

Einleitung

Zwei Parameter sind bei synthetischen und natürlichen Makromolekülen von großer Bedeutung für Ihre Eigenschaften als Kunststoff: Die Molekulargewichtsverteilung und die Verzweigungsstruktur. Ein gutes Beispiel ist der weltweit am meisten produzierte, einfachste Kunststoff: Polyethylen. Es gibt "High Density" Polyethylen (HDPE), das zur Herstellung von z. B. Wasser- und Abwasserrohren verwendet wird. Es ist ein sehr fester, widerstandsfähiger Kunststoff. Daneben gibt es aber auch "Low Density" Polyethylen (LDPE), aus dem z. B. Plastiktüten und Folien hergestellt werden. Dieser Kunststoff ist im Vergleich zum HDPE sehr flexibel und dehnbar.

Beide Kunststoffe bestehen aus miteinander verknüpften Ethylenmolekülen, sie sind also chemisch absolut identisch. Auch hinsichtlich Ihrer Molekulargewichte und deren Verteilungen müssen nicht zwingend Unterschiede vorhanden sein. Dennoch sind Ihre Eigenschaften als Kunststoffe vollkommen unterschiedlich. Der Grund hierfür ist in der unterschiedlichen Verzweigungsstruktur der beiden Kunststoffe HDPE und LDPE zu finden: Während HDPE aus streng linearen Polymerketten besteht, sind die Polymerketten im Fall des LDPE miteinander verbunden, es sind also Verzweigungen in der Polymerstruktur vorhanden.

Ob diese Verzweigungen bei der Polymerisation, also der Herstellung der Kunststoffe, entstehen, kann durch die Wahl eines geeigneten Katalysators sehr exakt gesteuert werden. Die linearen Polymerketten des HDPE können sich im Kunststoff sehr nahe kommen, und eine Struktur mit hoher Dichte ausbilden, daher die Bezeichnung "High Density". Man spricht hier auch von einer hohen "Kristallinität" des Kunststoffes. Im Gegensatz dazu können die verzweigten Polymerketten des LDPE nur eine geringe Dichte im Kunststoff ausbilden, daher die Bezeichnung "Low Density". Die Verzweigungen führen außerdem zu einer hohen Flexibilität des Kunststoffes.

Es ist in der Polymeranalytik von großem Interesse, die Verzweigungsstruktur von Makromolekülen möglichst genau zu bestimmen, um daraus die Eigenschaften eines Kunststoffes vorhersagen zu können. Die GPC/SEC hat sich als herausragende Technologie etabliert, mit deren Hilfe die Verzweigungsstrukturen von Makromolekülen bestimmt werden können.

Zur Auswertung der Messdaten kann entweder der Konformationsplot verwendet werden, oder aber der Mark-Houwink Plot. Beide grafischen Auftragungen sollen im Folgenden näher erklärt und miteinander verglichen werden.

Der Konformationsplot

Um einen Konformationsplot erzeugen zu können, benötigt man ein GPC/SEC-System, das mit einem Brechungsindexdetektor (RI) und einem Mehrwinkel-Lichtstreudetektor (MALS) ausgestattet ist. Man bezeichnet ein solches System oft als SEC-MALS-System. Der RI-Detektor misst die Probenkonzentration an jedem Punkt des Elutionsvolumens, aus dem MALS-Detektor resultieren das absolute Molekulargewicht der Probe und deren Trägheitsradius.

Im Fall des Konformationsplots wird auf der X-Achse das Molekulargewicht und auf der Y-Achse der Trägheitsradius der Probe aufgetragen. Beide Achsen werden logarithmisch aufgetragen. Für eine lineare Polymerprobe, also eine Probe ohne Verzweigungen in den Makromolekülen, resultiert eine Gerade im Konformationsplot.

Enthält eine Probe hingegen Verzweigungen, dann wird im Konformationsplot eine gekrümmte Funktion zu sehen sein (Abbildung 1), da die Trägheitsradien mit zunehmendem Molekulargewicht nicht in adäquatem Maß anwachsen. Die mit steigendem Molekulargewicht stetig wachsende Anzahl an Verzweigungen innerhalb der Makromoleküle führt zu einer höheren molekularen Dichte, und somit auch zu einer geringeren molekularen Größe, verglichen mit den linearen, nicht verzweigten Makromolekülen.

Konformationsplot
Abb1: Konformationsplot einer linearen Polymerprobe und einer verzweigten Polymerprobe. Es werden doppelt logaritmisch die Trägheitsradien der Polymerprobe (Rg) über deren Molekulargewichte (M) aufgetragen. Log K ist der Achsenabschnitt der resultierenden Auftragung, ν ist die Steigung der Auftragung.

Der Mark-Houwink-Plot

Für die Erzeugung eines Mark-Houwink-Plots wird ein GPC/SEC-System benötigt, das mit einem Brechungsindexdetektor, einem Viskositätsdetektor und einem Mehrwinkel-Lichtstreudetektor ausgestattet ist. Man benötigt im Vergleich zu einem SEC-MALS-System also einen weiteren Detektor, was die Kosten für ein solches System natürlich erhöht. Dafür sind mit einem SEC-MALS-Viscometer-System, auch Triple Detection GPC/SEC-System genannt, aber auch wesentlich mehr Informationen erhältlich, als dies mit einem reinen SEC-MALS-System möglich wäre.

Im Mark-Houwink-Plot wird wiederum auf der X-Achse logarithmisch das Molekulargewicht der Probe aufgetragen, auf der Y-Achse wird aber nicht der Trägheitsradius der Probe aufgetragen, sondern ebenfalls logarithmisch die Intrinsische Viskosität der Probe, die aus dem Viskositätsdetektor resultiert. Genau wie im Konformationsplot resultieren auch im Mark-Houwink-Plot eine Gerade, wenn es sich um eine lineare, unverzweigte Polymerprobe handelt, und eine gekrümmte Funktion, wenn es sich um eine verzweigte Polymerprobe handelt (Abbildung 2). Lediglich die Werte für die Steigung der Funktion (ν beim Konformationsplot und α beim Mark-Houwink-Plot) und den Achsenabschnitt log K unterscheiden sich bei den beiden Auftragungen.

Mark-Houwink-Plot
Abb.2: Mark-Houwink-Plot einer linearen Polymerprobe und einer verzweigten Polymerprobe. Im Unterschied zum Konformationsplot sind auf der Y-Achse in diesem Fall logarithmisch die Intrinsischen Viskositäten der Polymerprobe (IV) über deren Molekulargewichte (M) aufgetragen. Wiederum ist Log K ist der Achsenabschnitt der resultierenden Auftragung, α ist die Steigung der Auftragung.

Auch im Fall des Mark-Houwink-Plots gilt, dass bei zunehmenden Verzweigungen über dem Molekulargewicht sich in den Makromolekülen eine höhere Dichte ausbildet, was zu einer Verringerung der Intrinsischen Viskosität führt, da die Intrinsische Viskosität eines Makromoleküls umgekehrt proportional zu dessen Dichte ist.

Vergleich von Konformationsplot und Mark-Houwink-Plot

Ein wesentlicher Vorteil des Konformationsplots besteht darin, dass zu seiner Erzeugung nur, wie schon zu Beginn erwähnt, zwei Detektoren im GPC/SEC-System notwendig sind; ein Brechungsindexdetektor und ein Mehrwinkel-Lichtstreudetektor. Im Gegensatz dazu benötigt man zur Erzeugung eines Mark-Houwink-Plots immer drei Detektoren, einen Brechungsindexdetektor, einen Viskositätsdetektor, und einen Mehrwinkel-Lichtstreudetektor.

Ein wesentlicher Nachteil des Konformationsplots ist aber, dass er Strukturen von Makromolekülen, die einen Trägheitsradius von weniger als etwa 10 nm aufweisen, nicht bestimmen kann, da unterhalb dieser Grenze die Lichtstreuung isotrop, also in alle Raumrichtungen gleich, ist. Da aber der Trägheitsradius einer makromolekularen Probe aus der Anfangssteigung der Winkelabhängigkeit der Mehrwinkel-Lichtstreuung bestimmt wird, kann dieser Wert nicht ermittelt werden, wenn keine Steigung vorliegt. Die Verzweigungsstruktur von Makromolekülen, die einen Trägheitsradius von weniger als 10 nm, und somit ein Molekulargewicht, das z. B. bei Polystyrolmolekülen immerhin etwa 100.000 g/mol beträgt, aufweisen, ist mit dem Konformationsplot daher nicht zu bestimmen.

Mit dem Mark-Houwink-Plot hingegen kann die Struktur von Makromolekülen bis zu einem Molekulargewicht von nur etwa 1.000 g/mol bestimmt werden, da die Mehrwinkel-Lichtstreuung lediglich die Molekulargewichte liefert, während die Intrinsische Viskosität aus dem Viskositätsdetektor resultiert. Ein weiterer Vorteil des Mark-Houwink-Plots ist es, dass neben dem Trägheitsradius über die Flory-Fox Theorie aus dem Produkt aus der Intrinsischen Viskosität und dem Molekulargewicht einer Polymerprobe auch deren hydrodynamischer Radius bestimmt werden kann [1], während der MALS-Detektor aus physikalischen Gründen nur den Trägheitsradius einer makromolekularen Probe bestimmen kann.

Streng genommen ist die Bestimmung des hydrodynamischen Radius aus der Intrinsischen Viskosität und dem Molekulargewicht einer Polymerprobe über die Flory-Fox Theorie aber nur für Polymere möglich, die in Lösung ein ideales gaußförmiges Knäuel ausbilden, da die ursprünglich in der Theorie verwendete Flory-Fox Konstante nur für diese Molekülstruktur gültig ist. Für andere Molekülstrukturen müssen angepasste Flory-Fox Konstanten verwendet werden.

Fazit

Die Verzweigungsstruktur von Makromolekülen kann sowohl über den Konformationsplot als auch über den Mark-Houwink-Plot bestimmt werden. In beiden Fällen wird eine lineare Polymerprobe mit einer verzweigten Polymerprobe mit gleicher chemischer Zusammensetzung verglichen. Aus dem Unterschied der Trägheitsradien im Konformationsplot und dem Unterschied der Intrinsischen Viskositäten im Mark-Houwink-Plot kann dann über die Zimm-Stockmayer Theorie [2] der Verzweigungsgrad der Makromoleküle bestimmt werden. Über den Konformationsplot kann die Verzweigungsstruktur einer Polymerprobe ab einem Trägheitsradius von etwa 10 nm zuverlässig bestimmt werden, unterhalb dieser Grenze, was z. B. bei Polystyrol immerhin einem Molekulargewicht von etwa 100.000 g/mol entspricht, kann die Verzweigungsstruktur nur über den Mark-Houwink-Plot bestimmt werden, da die für die Bestimmung der Verzweigungsstruktur notwendige Winkelabhängigkeit der Lichtstreuung, die im Fall des Konformationsplots unbedingt benötigt wird, nicht mehr gegeben ist. Weiterhin kann aus dem Mark-Houwink-Plot über die Flory-Fox Theorie auch der hydrodynamische Radius einer Polymerprobe bestimmt werden, wenn diese in Lösung eine ideale gaußförmige Knäuelstruktur ausbildet.

Literatur

  1. Fox, T. G., Flory, P. J., Journal of Applied Physics, 21 (6), 581-591, (1950)
  2. Zimm, B. H., Stockmayer, W. H., Journal of Chemical Physics, 17, 1301, (1949)


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