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20.05.2024

17.06.2015

Gutachten zu Acrylamid in Lebensmitteln veröffentlicht

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Sachverständige des EFSA-Gremiums für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM) bestätigen in ihrem wissenschaftlichen Gutachten frühere Einschätzungen, denen zufolge Acrylamid in Lebensmitteln das Krebsrisiko für Verbraucher aller Altersgruppen potenziell erhöht. An diesem Ergebnis hat sich nichts geändert, seitdem der Entwurf des Gutachtens im Juli 2014 zur öffentlichen Konsultation gestellt wurde.

Befunde aus Tierstudien zeigen, dass Acrylamid und sein Metabolit Glycidamid genotoxisch und karzinogen sind, d.h. sie schädigen die DNA und erzeugen Krebs. Hinweise aus Humanstudien darauf, dass die ernährungsbedingte Exposition gegenüber Acrylamid Krebs beim Menschen verursacht, sind derzeit noch begrenzt und nicht schlüssig. Da Acrylamid sich in einer Vielzahl alltäglicher Lebensmitteln findet, betrifft dieses Gesundheitsproblem alle Verbraucher, wobei Kinder (bezogen auf ihr Körpergewicht) die exponierteste Altersgruppe sind. Die wichtigsten zur Acrylamid-Exposition beitragenden Lebensmittelgruppen sind gebratene bzw. frittierte Kartoffelerzeugnisse, Kaffee, Kekse, Kräcker und Knäckebrot sowie Toastbrot.

Die Vorsitzende des CONTAM-Gremiums, Dr. Diane Benford, erklärte: "Die öffentliche Konsultation hat uns geholfen, das wissenschaftliche Gutachten zu präzisieren. Insbesondere haben wir unserer Bewertung von Studien zu den Wirkungen von Acrylamid beim Menschen weiter klären können, wie auch unsere Beschreibung der wichtigsten ernährungsbedingten Acrylamid-Quellen für die Verbraucher. Außerdem konnten wir neuere Studien, auf die wir während der öffentlichen Konsultationsphase aufmerksam wurden, in das endgültige wissenschaftliche Gutachten einbeziehen."

Garen bei hohen Temperaturen

Acrylamid ist ein chemischer Stoff, der sich natürlicherweise in stärkehaltigen Lebensmitteln während der tagtäglichen Zubereitung bei hohen Temperaturen bildet (beim Braten, Backen und Rösten sowie der industriellen Verarbeitung bei über 120°C und geringer Feuchtigkeit). Der wichtigste hierfür verantwortliche chemische Prozess ist die sogenannte Maillard-Reaktion - die gleiche Reaktion, die Lebensmittel "bräunt" und sich auch auf deren Geschmack auswirkt. Acrylamid bildet sich aus Zuckern und Aminosäuren (vor allem Asparagin), die in zahlreichen Lebensmitteln natürlich vorkommen. Acrylamid wird auch außerhalb der Lebensmittelindustrie vielfach eingesetzt und findet sich u.a. in Tabakrauch.

Nach dem Verzehr wird Acrylamid aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen, in alle Organe verteilt und stark verstoffwechselt. Glycidamid ist eines der Hauptstoffwechselprodukte dieses Prozesses und die wahrscheinlichste Ursache der in Tierstudien beobachteten Genmutationen und Tumoren.

Neben Krebs befasste sich das Gremium auch mit möglichen schädlichen Auswirkungen von Acrylamid auf das Nervensystem, die prä- und postnatale Entwicklung sowie die männliche Fortpflanzung. Diese Wirkungen wurden, ausgehend von der aktuellen lebensmittelbedingten Exposition, als unbedenklich erachtet.

Verringerung der ernährungsbedingten Acrylamid-Exposition

Obwohl dies nicht der Schwerpunkt der EFSA-Risikobewertung war, umfasst das wissenschaftliche Gutachten auch einen Überblick über Daten und Veröffentlichungen, aus denen hervorgeht, inwiefern die Wahl der Zutaten, die Art der Lagerung und die Temperatur, bei der Lebensmittel gegart werden, sich auf den Acrylamidgehalt verschiedener Lebensmittelarten und damit auf die Höhe der lebensmittelbedingten Exposition auswirken.

Die wissenschaftliche Beratung der EFSA wird Entscheidungsträgern auf EU- und nationaler Ebene als Informationsgrundlage dienen, wenn diese mögliche Maßnahmen zur weiteren Verringerung der Verbraucherexposition gegenüber Acrylamid in Lebensmitteln abwägen. Dies könnte beispielsweise Empfehlungen zu Ernährungsgewohnheiten und der häuslichen Zubereitung von Speisen umfassen oder auch Kontrollen im Rahmen der kommerziellen Lebensmittelproduktion; bei der Entscheidung über solche Maßnahmen spielt die EFSA jedoch keine direkte Rolle.

» Originalpublikation

» Weitere Informationen zur Risikobewertung

» FAQ zu Acrylamid

Quelle: European Food Safety Authority (EFSA)