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29.04.2024

05.08.2021

Dioxine und polychlorierte Biphenyle in Lebensmitteln und Futtermitteln

Sandra Schill, Dr. Marco Müller, Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Freiburg

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Dioxine und polychlorierte Biphenyle (PCB) sind chlororganische Verbindungen mit humantoxischer Wirkung, die in der Umwelt ubiquitär vorkommen. Aufgrund ihrer lipophilen Eigenschaften und ihrer Persistenz reichern sie sich in der Umwelt, wie z.B.in Böden und Sedimenten an.

So gelangen Dioxine und PCB auch in Futter- und Lebensmittel, worüber sie letztlich vom Menschen aufgenommen werden können. Außerdem akkumulieren Dioxine und PCB besonders im Fettgewebe und der Leber, weshalb vor allem bei langfristiger Aufnahme eine Belastung für den menschlichen Körper entsteht.

Ziel des gesundheitlichen Verbraucherschutzes ist es daher, die Exposition des Menschen langfristig so stark wie möglich zu reduzieren. Unter dem Begriff "Dioxine" werden die beiden Stoffgruppen polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und polychlorierte Dibenzofurane (PCDF) zusammengefasst.

Für 17 von insgesamt 210 Einzelverbindungen (Kongenere) wurden aufgrund der Anreicherung im menschlichen Körper sowie ihrer toxischen Wirkung Summenhöchstgehalte festgelegt, weshalb sie für die amtliche Lebensmittel- und Futtermittel-Überwachung besonders relevant sind.

Bei den polychlorierten Biphenylen wird zwischen dioxinähnlichen PCB (dioxin like PCB, dl-PCB), die auf-grund ihrer Struktur dioxinähnliche Eigenschaften aufweisen und nicht dioxinähnlichen PCB (non-dioxin like PCB, ndl-PCB) unterschieden. Sechs nicht-dioxinähnliche PCB (ndl-PCB) wurden als Indikator für den PCB-Eintrag in die Umwelt ausgewählt, da sie in Summe einen entscheidenden Anteil der absoluten Konzentration der ndl-PCB ausmachen. Aufgrund dessen werden sie repräsentativ für die Gesamt-PCB-Belastung analytisch bestimmt.

Zur Begrenzung der Dioxin- und PCB-Belastung wurden EU-weit geltende Höchstgehalte für Dioxine, die Summe aus Dioxinen und dl-PCB sowie die Summe der sechs ndl-PCB festgesetzt. In Ergänzung dazu gibt es Auslösewerte, bei deren Überschreitung die Kontaminationsquelle ermittelt und Maßnahmen zur Eindämmung oder Beseitigung der Kontamination ergriffen werden sollen.

Ergebnisse in der Übersicht

Im Jahr 2020 wurden im Rahmen der amtlichen Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung insgesamt 475 Lebensmittel und 132 Futtermittel auf Dioxine untersucht. Bei allen Lebensmittel- und128 Futtermittelproben wurden zusätzlich auch die Gehalte an dl-PCB und ndl-PCB bestimmt. Darüber hinaus wurden 9 Proben Hühnereier im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP) sowie erstmalig 7 Proben Speise-Insekten im Rahmen eines ämterübergreifenden Projektes auf Dioxine und PCB untersucht.

Als Referenzlabor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des United Nations Environment Programme (UNEP) wurden für eine internationale WHO/UNEP-Studie 4 Humanmilchproben auf Dioxine, PCB und andere persistente organische Kontaminanten analysiert.

Des Weiteren wurden am CVUA Freiburg zahlreiche Proben in Amtshilfe auf Dioxine und PCB untersucht. Dazu gehören 22 Fisch- und 7 Muschelproben, die Teil eines Messprogramms der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) waren. Außerdem 23 Grünland-Aufwuchs Proben im Rahmen des bundesweiten Dioxin-Referenzmessprogrammes sowie 80 Felchen Proben, die anlässlich eines Biomonitorings zu per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS) in Bodenseefischen erhoben wurden.

Lebensmittel

Tabelle 1 stellt die Ergebnisse der untersuchten Lebensmittel-Planproben dar, wobei einzelne Proben, die nicht unter einer der Matrixgruppen subsumiert werden konnten, nicht aufgeführt sind. Die Auswertung beinhaltet keine NRKP-Proben sowie keine Verdachts- und Verfolgsproben (n = 6), die in Zusammenhang mit erhöhten Gehalten in der Erstprobe untersucht wurden. Ebenfalls nicht berücksichtigt sind 26 Fleisch- und Milchprodukt-/Käse-Proben, die weniger als 2% Fett enthielten und somit nicht als repräsentativ für das jeweilige Tier bzw. Ausgangserzeugnis zu beurteilen sind. Folglich ist auch ein Vergleich mit den übrigen Proben entsprechender Matrix nicht sinnvoll.

Übersicht der Untersuchungsergebnisse
Tab.1: Übersicht der Untersuchungsergebnisse von Lebensmittel-Planproben aus 2020
für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ) und die Summe der 6 ndl-PCB

* Gemäß Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 (Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird auf eine ergänzende Darstellung der in der Verordnung festgelegten Höchstgehalte für Dioxine verzichtet.)

Die nachfolgenden Erläuterungen zu einzelnen Lebensmittelgruppen bezüglich der Probenzahlen, Untersuchungsprogramme und Gehalte beziehen sich auf die Angaben aus Tabelle 1.

Fleisch und Innereien

Die im Jahr2020 im Rahmen des bundesweiten Monitorings untersuchten Rind- und Kalbfleischproben (n = 26) wiesen mit einem mittleren Gehalt von 0,7 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett ausnahmslos Gehalte unterhalb der geltenden Auslösewerte und Höchstgehalte auf. Dies trifft auch auf die untersuchten Proben Schweinefleisch (n = 9) und -schmalz (n = 6) mit einer mittleren Belastung von 0,08 pg bzw. 0,06 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett zu.

Bei der Untersuchung der Leberproben von Rindern (n = 14) und Schweinen (n = 7) auf Dioxine und PCB fiel je eine Probe durch Dioxingehalte (WHO-PCDD/F-TEQ) oberhalb des Höchstgehaltes auf. In der Schweineleber lag zudem die Summe aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB (WHO-PCDD/F-PCB-TEQ) oberhalb des Höchstgehaltes. In der genannten Rinderleberprobe lag dieser Wert nur numerisch über dem Höchstgehalt.

Nach Maßgabe des bundesweiten Monitoring-Programms wurde außerdem Damwildfleisch aus Gehegehaltung (n = 8) untersucht. Mit einem mittleren Gehalt von 6,0 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett weist das untersuchte Damwildfleisch eine stärkere Belastung als das oben genannte Fleisch der Rinder und Schweine auf. Eine vergleichsweise stärkere Belastung wurde auch im untersuchten Pferdefleisch (n = 6) festgestellt. Die mittlere Belastung lag hier bei 3,7 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett. Für das Fleisch von Damwild und Pferden sind jedoch keine Höchstgehalte in der Verordnung (EG) Nr.1881/2006 festgelegt.

Bei sechs der acht Damwild-Proben und einer Probe Pferdefleisch wurden jedoch Gehalte für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB bestimmt, die zum Teil weit über den für Wiederkäuer geltenden Höchstgehalten lagen.

Den Hauptbeitrag zum WHO-PCDD/F-PCB-TEQ leisteten dabei jeweils die dl-PCB mit einem Anteil von über 85%. Bei den genannten Proben lag die Belastung mit ndl-PCB nur bei der Pferdefleischprobe oberhalb von 40 ng/g Fett. Die höheren Gehalte können beispielsweise auf unterschiedliche Ernährungsgewohnheiten und Lebensbedingungen zurückgeführt werden. Außerdem besteht aufgrund der Bioakkumulation von Dioxinen und PCB eine Altersabhängigkeit der Gehalte, wodurch in Tieren mit höherem Schlachtalter höhere Gehalte an Dioxinen und PCB zu erwarten sind.

Im Rahmen der Ursachenermittlung wurden bei Tieren aus einem Damwildgehege drei weitere Proben Damwildfleisch sowie eine Probe Wiesenheu als Verfolgsproben erhoben. Zwei dieser Fleischproben wiesen ebenfalls auffällige dl-PCB Gehalte auf, wohingegen die Gehalte der dritten Fleischprobe als unauffällig beurteilt wurden. Das untersuchte Wiesenheu konnte mit hoher Wahrscheinlichkeit als Kontaminationsquelle ausgeschlossen werden. Die Gehalte an Dioxinen und PCB lagen in dieser Probedeutlich unterhalb der geltenden Höchstgehalte und Aktionsgrenzwerte.

In allen im Jahr 2020 untersuchten Wildschweinlebern (n = 34) konnten Dioxine und PCB nachgewiesen werden. Der mittlere Gehalt lag bei 1,5 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Frischgewicht. Bei nahezu allen Wildschweinleberproben trugen die Dioxine zu einem größeren Teil zum WHO-TEQ bei als die dl-PCB. Für Wildscheinleber sind in der Verordnung (EG) Nr.1881/2006 ebenfalls keine Höchstgehalte festgelegt. Zur Beurteilung wurde daher auch die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) von 2 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ herangezogen um eine Verzehrmenge abzuschätzen.

Zum Teil wird der TWI bereits bei einer Verzehrmenge von weniger als 10 g ausgeschöpft.

Im Jahr2020 wurde im Rahmen des bundesweiten Monitorings außerdem Entenfleisch (n = 8) untersucht. Die ermittelten Gehalte lagen zwischen 0,05 und 0,16 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett und damit deutlich unterhalb des festgesetzten Höchstgehalts für Geflügel von 3,0 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett.

Milch und Milchprodukte

Die untersuchten Milchproben (n = 28) sowie Milchprodukte einschließlich Butter und Käse (n = 64) wiesen vergleichbare mittlere Gehalte von 0,5 pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett auf. Alle Gehalte lagen deutlich unterhalb der geltenden Höchstgehalte.

Hühnereier

Die im Berichtszeitraum untersuchten Hühnereier (n = 44) zeigten einen mittleren Gehalt von 0,5pg WHO-PCDD/F-PCB-TEQ/g Fett. Bei einer auf einem Wochenmarkt erhobenen Eierprobewurde der für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB gültige Höchstgehalt gesichert überschritten, wobei die dl-PCB mit 70% den überwiegenden Beitrag zum WHO-TEQ leisteten. Im Nachgang wurde direkt beim Erzeuger eine weitere Probe Hühnereier erhoben und untersucht. Bei der Verfolgsprobe wurde der Höchstgehalt für die Summe aus Dioxinen und dl-PCB numerisch überschritten, wobei sich der prozentuale Beitrag der dl-PCB zum WHO-TEQ bestätigte. Bei dieser Probe wurde der Auslösewert für die dl-PCB überschritten, der Auslösewert für die Dioxine hingegen wurde nur numerisch überschritten.

Eine weitere Eierprobe wurde als Verfolgsprobe zu einem Kontaminationsfall aus dem Jahr 2019 erhoben. Die Gehalte an Dioxinen und PCB wurden jedoch als unauffällig beurteilt. Erhöht hingegen waren die PCB-Gehalte in einer Probe Eier, die im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplans (NRKP, nicht in Tabelle 1 erfasst) erhoben wurde. Die Gehalte an ndl-PCB lagen numerisch oberhalb des Höchstgehaltes, der Wert für die dl-PCB (WHO-PCB-TEQ) lag gesichert oberhalb des Auslösewertes.

Fische, Fischöl und Dorschleber

Im Jahr 2020 wurden 43 Proben an frischem Fisch, 13 Proben Garnelen, sowie 8 Proben Dorschleber-in-Öl (als Konserve) untersucht. Die Gehalte dieser Probenlagen alle unterhalb der geltenden Höchstgehalte für Dioxine und PCB.

Pflanzliche Lebensmittel

Im Jahr 2020 wurden 47 Pflanzenöle, 10 Proben frische Avocado, 6 Proben getrockneter Oregano, 6 Proben Chiasamen sowie je eine Probe sojabasierte Proteinflakes und eine Probe Quinoa untersucht. Alle untersuchten pflanzlichen Lebensmittelmatrices zeigten Dioxin- und PCB-Gehalte deutlich unterhalb der festgesetzten Auslösewerte.

Futtermittel

Ursächlich für die Belastung tierischer Lebensmittel mit Dioxinen und PCB können neben den Haltungsbedingungen (z.B. belastete Böden) vor allem Futtermittel sein. Um die Kontamination von Lebensmitteln tierischen Ursprungs möglichst gering zu halten, werden die Gehalte an Dioxinen und PCB in Futtermitteln im Rahmen eines mehrjährigen ziel- und risikoorientierten Kontrollprogrammes bundesweit überwacht.

Die Richtlinie 2002/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Mai 2002 über unerwünschte Stoffe in der Tierernährung untersagt die Verwendung und das Inverkehrbringen von zur Tierernährung bestimmten Erzeugnissen, deren Gehalt an Dioxinen und PCB die in Anhang I der Richtlinie festgelegten Höchstgehalte überschreitet.

Als weitere Maßnahme zur Reduktion der Gehalte an Dioxinen und PCB in Lebensmitteln wurden in der Richtlinie 2002/32/EG Aktionsgrenzwerte für Futtermittel festgesetzt, bei deren Überschreitung die zuständigen Behörden angehalten sind Untersuchungen zur Ermittlung der Kontaminationsquelle einzuleiten.

Im Jahr 2020 wurden am CVUA Freiburg insgesamt 132 amtlich erhobene Futtermittelproben auf Dioxine untersucht. In 128 von diesen Proben wurden zusätzlich auch dioxinähnliche PCB (dl-PCB) und nicht dioxinähnliche PCB (ndl-PCB) bestimmt. Bei einer der untersuchten Proben handelte es sich um die Verdachtsprobe, die wie oben beschrieben im Rahmen der Ursachenermittlung der auffälligen Damwildfleischproben erhoben wurde.

In den untersuchten Planproben wurden Dioxin-Gehalte zwischen 0,0007 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Produkt und 1,06 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg Produkt, bezogen auf einen Feuchtigkeitsgehalt von 12%, festgestellt. Die Gehalte der dl-PCB lagen zwischen 0,0001 ng WHO-PCB-TEQ/kg Produkt und 0,56 ng WHO-PCB-TEQ/kg Produkt, während die Gehalte der ndl-PCB zwischen 0,004 μg/kg Produkt und 5,36 μg/kg Produkt, jeweils bezogen auf einen Feuchtigkeitsgehalt von 12% lagen.

In Tabelle 2 sind die Untersuchungsergebnisse der Futtermittel-Planproben verschiedener Futtermittelkategorien den festgesetzten Höchstgehalten und Aktionsgrenzwerten gegenübergestellt. Bei allen Proben lagen die Gehalte an Dioxinen, dl-PCB und ndl-PCB deutlich unterhalb dieser Beurteilungswerte.

Gehalte an Dioxinen, dl-PCB
Tab.2: Gehalte an Dioxinen, dl-PCB, Summengehalt (Summe aus Dioxinen und dl-PCB)
(in ng WHO-TEQ/kg Produkt [12% Feuchtigkeitsgehalt]) und ndl-PCB (in μg/kg Produkt
[12% Feuchtigkeitsgehalt]) in Futtermittel-Planproben verschiedener Kategorien aus 2020

Untersuchung von Verdachtsproben

Im Jahr 2020 wurden im Rahmen der Routineuntersuchung einer Fleischprobe (Damwild) auffällige PCB-Gehalte (ca. 10 pg WHO-PCB-TEQ/g Fett) festgestellt. Zur Ursachenermittlung wurde durch die amtliche Futtermittelüberwachung daraufhin eine Verdachts-Futtermittelprobe erhoben, deren Ergebnisse in Tabelle 3 aufgeführt sind.

In dem genannten Fall konnte dieses Futtermittel jedoch, zumindest anhand der erhobenen und untersuchten Probe, als Kontaminationsquelle ausgeschlossen werden. Die untersuchte Probe wies Gehalte an Dioxinen, dl-PCB und ndl-PCB auf, die deutlich unterhalb der entsprechenden Höchstgehalte und Aktionsgrenzwerte lagen.

Ergebnisse  Verdachtsproben
Tab.3: Ergebnisse für Dioxine, dl-PCB und ndl-PCB in Futtermittel-Verdachtsproben


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