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31.05.2024

19.12.2023

Superharte multifunktionelle Kohlenstoffnitride als Konkurrenz für Diamanten

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In einer bahnbrechenden Forschungsarbeit haben Wissenschaftler lang gesuchte Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindungen synthetisiert und das Potenzial von Kohlenstoffnitriden als neue Klasse von superharten multifunktionellen Materialien erschlossen, die es mit Diamant aufnehmen könnten. Die Arbeit wurde nun in der Zeitschrift Advanced Materials veröffentlicht.

Konsequenzen dieser Erkenntnisse:

Dieser Durchbruch verspricht eine Fülle von technologischen Fortschritten in verschiedenen Bereichen, von der Materialwissenschaft über die Elektronik bis hin zur Optik und darüber hinaus.

Die potenziellen Anwendungen dieser ultrakomprimierbaren Kohlenstoffnitride sind enorm, da sie transparente Breitband-Halbleiter sind und starke lumineszierende, piezoelektrische und nichtlineare optische Eigenschaften besitzen.

Diese werden vor allem in der Energie-, Umwelt-, Luft- und Raumfahrttechnologie und anderen Branchen gebraucht. Damit sind diese neuen Kohlenstoffnitride die ultimativen technischen Materialien, die mit Diamanten konkurrieren können.

Seit 1989, als in der Zeitschrift Science eine Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung C3N4 mit außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften angekündigt worden war, die möglicherweise die Härte von Diamant übertreffen, arbeiten Forscherweltweit an diesem Thema. Der Durchbruch wurde jetzt von einem internationalen Team von Hochdruckwissenschaftler der Universität Bayreuth und Universität Edinburgh erzielt.

Sie setzten verschiedene Kohlenstoff-Stickstoff-Vorstufen unglaublich hohen Drücken zwischen 70 und 135 Gigapascal (GPa) aus, wobei 100 GPa dem 1.000.000-fachen des Atmosphärendrucks entsprechen, und erhitzten sie in Diamantstempelzellen auf über 2000 Kelvin. Anschließend wurden die Proben mittels Einkristall-Röntgenbeugung an drei Teilchenbeschleunigern charakterisiert: der European Synchrotron Research Facility (ESRF, Frankreich), dem Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY, Deutschland) und der Advanced Photon Source (APS, Vereinigte Staaten).

Die Ergebnisse zeigten vier Kohlenstoffnitride mit den Zusammensetzungen CN, CN2 und C3N4 und unterschiedlich komplexen Strukturen. Die Kristallstrukturen der C3N4 Allotrope bestehen aus einem Gerüst aus eckenteilenden CN4-Tetraedern, was ein Schlüssel zu ihren überlegenen mechanischen Eigenschaften - Ultrainkompressibilität (Inkompressibilität herrscht, wenn das Volumen eines Körpers trotz Drucks fast konstant angenommen werden kann) und Superhärte - ist, die in dieser Arbeit experimentell nachgewiesen wurden. Die Tatsache, dass die Hochdruck-C3N4-Kohlenstoffnitride Abdrücke auf einer Diamantoberfläche hinterlassen, ist ein Beweis für ihre Härte, die mit der von Diamant selbst vergleichbar ist.

"Es wird erwartet, dass die in dieser Arbeit synthetisierten Kohlenstoffnitride neben ihren mechanischen Eigenschaften mehrere außergewöhnliche Funktionalitäten aufweisen und das Potenzial haben, technische Materialien der gleichen Kategorie wie Diamant zu sein. Aber im Gegensatz zu Diamant können sie leicht mit etwas angereichert werden, was bei 'Diamantelektronik' immer ein Problem ist", sagt Prof. Dr. Natalia Dubrovinskaia vom Labor für Kristallographie an der Universität Bayreuth, eine Hauptautorin der Forschungsarbeit.

Die theoretischen Untersuchungen der physikalischen Eigenschaften wurden von Wissenschaftler der Universität Linköping (Schweden) durchgeführt. Sie haben gezeigt, dass diese stark kovalent gebundenen Materialien nicht nur ultrainkompressibel und superhart sind, sondern auch eine hohe Energiedichte und piezoelektrische Eigenschaften besitzen, zusätzlich zu experimentell in Bayreuth festgestellten photolumineszenten und nichtlinearen optischen Eigenschaften.

Bemerkenswert ist auch, dass alle vier Hochdruck-Kohlenstoffnitride bis auf Umgebungsdruck und -temperatur zurückgewonnen werden können. "Die Rückgewinnung komplexer Materialien, die oberhalb von 100 GPa synthetisiert wurden, ist ein bisher einmaliger Fall und eröffnet damit neue Perspektiven für die Hochdruck-Materialwissenschaft im Allgemeinen", sagt Prof. Dr. Leonid Dubrovinsky vom Bayerischen Institut für Experimentelle Geochemie und Geophysik an der Universität Bayreuth, ein Hauptautor der Forschungsarbeit.

» Originalpublikation

Quelle: Universität Bayreuth