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14.05.2024

26.03.2024

Stickstoff-basierte Verbindungen als neue Hochleistungs-Energiespeichermaterialien

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Forscher der Universität Bayreuth haben unter extremen Bedingungen einzigartige Scandium-Polynitride mit exotischer Chemie und potenziellen Anwendungen als Materialien mit hoher Energiedichte synthetisiert. Ihre Ergebnisse sind in der Zeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.

Materialien mit hoher Energiedichte sind Werkstoffe, die in der Lage sind, große Energiemengen in einem relativ kleinen Volumen zu speichern. Bayreuther Forscher haben vier neue Scandiumnitride (Sc2N6, Sc2N8, ScN5 und Sc4N3) erfolgreich synthetisiert und ihre Kristallstrukturen und chemischen Eigenschaften charakterisiert. Sie haben insbesondere festgestellt, dass diese Verbindungen eine hohe Energiedichte aufweisen, was sie als potenzielle Hochleistungstreibstoffe und Sprengstoffe interessant macht.

Die berechneten Eigenschaften dieser Materialien zeigen eine deutlich höhere Detonationsgeschwindigkeit, einen höheren Detonationsdruck und eine höhere Energiespeicherkapazität im Vergleich zu herkömmlichen Sprengstoffen wie Trinitrotoluol (TNT).

Materialien mit hoher Energiedichte (High Energy Density Materials, HEDMs) sind aufgrund ihrer überlegenen energetischen Leistung, zu der eine hohe Detonationsgeschwindigkeit, ein hoher Detonationsdruck und eine hohe Energiespeicherkapazität gehören, für verschiedene Anwendungen von zentraler Bedeutung. Ihr Einsatz in der Weltraumforschung als Raketentreibstoffe und in der Verteidigung als Sprengstoffe ist für die moderne Gesellschaft von entscheidender Bedeutung.

Die einzigartigen chemischen Eigenschaften dieser Materialien, wie z. B. die Fähigkeit, große Energiemengen in einem relativ kleinen Volumen zu speichern, machen sie für den technologischen Fortschritt in Bereichen unverzichtbar, in denen hohe Leistungen und kompakte Energiespeicherlösungen erforderlich sind.

Stickstoffhaltige Verbindungen gehören zu den effektivsten Möglichkeiten für HEDMs. Die Fähigkeit des Stickstoffs, verschiedene stabile und energetisch günstige Bindungen unterschiedlicher Ordnung - einfaches N-N, doppeltes N=N oder dreifaches N≡N - zu bilden, ermöglicht die Synthese einer breiten Palette von Verbindungen mit maßgeschneiderten Eigenschaften. Stickstoffhaltige Materialien sind in der Lage, bei der Zersetzung oder Verbrennung (wenn Einfachbindungen durch Dreifachbindungen ersetzt werden) eine enorme Menge an Energie freizusetzen, was sie als Treibstoff und Sprengstoff sehr effektiv macht. Bei der Zersetzung von stickstoffhaltigen Verbindungen entsteht häufig Stickstoffgas, ein stabiles, inertes und umweltfreundliches Produkt.

Für die Beherrschung von HEDMs ist das Molekulargewicht ein sehr wichtiger Parameter: Je leichter die Elemente sind, die einen Festkörper bilden, desto höher ist die gravimetrische Energiedichte der Verbindung. Da Scandium das leichteste Übergangsmetall ist, sind seine Polynitride (Verbindungen mit zahlreichen einfach gebundenen Stickstoffatomen) als HEDMs besonders vielversprechend, wie in vielen Berechnungsstudien vorhergesagt wurde. Bislang waren Scandium-Polynitride jedoch unbekannt.

Forscher der Universität Bayreuth berichten über vier neuartige Scandiumnitride, Sc2N6, Sc2N8, ScN5 und Sc4N3. "Die beiden neuartigen verketteten Stickstoffeinheiten N66- und N86-, die in dieser Studie entanden sind, erweitern die Liste der anionischen Stickstoffoligomere erheblich und leisten einen bemerkenswerten Beitrag zum grundlegenden Verständnis der Stickstoffchemie unter hohem Druck", sagt der Doktorand Andrey Aslandukov, Erstautor der Arbeit.

"Die synthetisierten Sc2N6-, Sc2N8-, ScN5-Feststoffe sind vielversprechende Materialien mit hoher Energiedichte, deren berechnete volumetrische Energiedichte, Detonationsgeschwindigkeit und Detonationsdruck bis zu dreimal höher sind als die des herkömmlichen Sprengstoffs Trinitrotoluol (TNT). Die Hochdruckchemie zeigt die Existenz und Vielfalt von Polynitriden und eröffnet Perspektiven für ihre Anwendungen in Wissenschaft und Technik", sagt Prof. Leonid Dubovinsky.

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Quelle: Universität Bayreuth