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11.05.2024

04.11.2022

Auszeichnungen für Wirkstoffoptimierung und nachhaltige Vitamin-E-Synthese

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Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) zeichnet in diesem Jahr zwei Preisträger mit dem Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie aus. Dr. Oliver Schadt, Merck, Darmstadt, erhält die Auszeichnung für die Optimierung und Markteinführung des Wirkstoffs Tepotinib, der innovative und molekular zielgerichtete Therapieoptionen für fortgeschrittenen MET-abhängigen Lungenkrebs ermöglicht.

Dr. Werner Bonrath, DSM, Kaiseraugst, Schweiz, wird für die von ihm entwickelten und etablierten innovativen Prozesse zur nachhaltigen Herstellung von Vitamin E ausgezeichnet. Beide Preisträger erhalten den Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie verbunden mit einem Preisgeld von jeweils 5000 Euro im Rahmen von Feierstunden im November.

Onkogene (wörtlich Krebs-Gene) sind Teile des Erbgutes einer Zelle, die im Falle ihrer übermäßigen Aktivierung ein ungebremstes Tumorwachstum fördern. Ein solches Onkogen ist das MET-Protein. Bei einem Teil des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms wird das Protein nur in verringertem Umfang abgebaut, was zu einer unkontrollierten Verstärkung von Wachstumssignalen führt. Im Rahmen des "MET Kinase Projekts" suchte Oliver Schadt, Merck, Darmstadt, als Leiter eines Teams von Wirkstoffforschern nach einem Inhibitor, also einem Hemmstoff für diesen onkogenen Prozess.

Dafür wurden mittels Hochdurchsatz-Screening 350.000 Substanzen auf ihre Eignung untersucht und die aussichtsreichste Verbindung aus ca. 1.100 potentiellen Startpunkten identifiziert. Diese konnte zwar bereits die Aktivität der MET-Kinase signifikant reduzieren, wurde aber noch optimiert, um den anspruchsvollen Anforderungen eines modernen Wirkstoffs gerecht zu werden. Durch die Zulassung des Wirkstoffs Tepotinib konnte das MET-Protein, das bereits 1984 identifiziert worden war, erstmals therapeutisch zugänglich gemacht werden.

Schadt studierte Chemie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main, an der er 1998 auch promovierte. Direkt im Anschluss begann er seine berufliche Karriere bei Merck, wo er seit 2017 Wissenschaftlicher Experte für Chemische Biologie ist. In seinen über zwanzig Jahren Berufserfahrung in der Wirkstoffforschung leistete er unter anderem für mehr als zehn Projekte Beiträge zum Wirkstoffdesign, trug zur Identifikation dreier klinischer Prüfsubstanzen bei und war an über fünfzig Patenten und wissenschaftlichen Beiträgen beteiligt. Schadt erhält den Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie am 17. November im Rahmen einer Feierstunde in der Alten Oper in Frankfurt am Main.

Vitamin E ist das wichtigste fettlösliche Antioxidans in biologischen Systemen. Es kommt in der Natur in zahlreichen Fetten und Ölen vor und ist essenziell für die Funktion und den Erhalt von Membranen. Der wichtigste Markt für Vitamin E sind Futtermittel: 85% der Weltproduktion, 75000 t/a im Jahr 2019, werden in industriell hergestellten Futtermischungen für Tiere genutzt. Für die Synthese von Vitamin E sind zwei Schlüsselbausteine erforderlich: 2,3,5-Trimethylhydrochinon (TMHQ) und Isophytol mit nachfolgender Acetylierung, die auf unterschiedlichen Wegen hergestellt werden können.

Werner Bonrath, DSM, Kaiseraugst, Schweiz, entwickelte innovative Prozesse für alle Verfahrensschritte, bei denen neue Katalysatoren und Prozessmodifikationen Einzug in die industrielle Praxis fanden. Dank seiner Prozesse lassen sich die Herstellungskosten wesentlich reduzieren und die Nachhaltigkeit erheblich verbessern. Zusammen mit seinem Team hat Werner Bonrath mehr als 300 Patente angemeldet, davon 50 im Bereich von Vitamin E sowie über 100 wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht

Bonrath studierte Chemie an der Universität Bonn und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. 1988 promovierte er am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim an der Ruhr. Im Anschluss begann er seine berufliche Karriere in der chemischen Industrie, die ihn 2003 zu DSM führte. Dort ist er heute als Senior Science Fellow tätig. 2007 habilitierte sich Bonrath für Technische Chemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Neben seiner beruflichen Tätigkeit in der Industrie ist er Dozent an der Universität Basel. Bonrath erhält den Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie am 30. November im Rahmen einer Feierstunde in Sisseln, Schweiz.

Mit dem Meyer-Galow-Preis für Wirtschaftschemie werden jährlich Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet, die eine aktuelle Innovation der Chemie erfolgreich in den Markt eingeführt haben. Im Fokus stehen dabei Markteinführungen, die vorrangig den Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit berücksichtigen. Der Preis wurde von Professor Dr. Erhard Meyer-Galow gestiftet, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Hüls AG und früheren Präsidenten der GDCh. Meyer-Galow arbeitete vorwiegend an der Schnittstelle zwischen Chemie und Markt und hielt an der Universität Münster Vorlesungen über "Wirtschaftschemie in der Chemischen Industrie".

Quelle: Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh)