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16.05.2024

13.12.2017

Mechanismus der Phosphorylierung von Proteinen entschlüsselt

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Die Phosphorylierung ist einer der wichtigsten Mechanismen bei der Signalweiterleitung zwischen Zellen. Doch was genau auf dem atomaren Level geschieht, wenn ein Phosphatrest an ein Protein gebunden wird, ist in vielen Fällen noch weitgehend ungeklärt. Eine neue Studie im Journal PNAS, an der auch das ISAS beteiligt war, bringt nun etwas Licht ins Dunkel: Am Beispiel des wichtigen Raf-Kinase-Inhibitor-Proteins (RKIP) konnten die Wissenschaftler beobachten, dass durch die Phosphorylierung eine Salzbrücke im Protein aufgebrochen wird und sich die lokale Konformation des Moleküls ändert. Dadurch verändern sich auch die Interaktionsflächen, über die RKIP mit anderen Proteinen in Kontakt treten kann.

RKIP ist ein so genannter Inhibitor, also ein Protein, das andere Proteine in ihrer Aktivität hemmt. Im unphosphorylierten Zustand blockiert es eine Kinase namens Raf-1, doch wenn ihm ein Phosphatrest angehängt wird, ändert es seine Funktion und hemmt stattdessen die G-Protein-gekoppelte Rezeptorkinase, kurz GRK. Da beide Kinasen eine zentrale Rolle in der Weiterleitung von Signalen in der Zelle spielen, fungiert RKIP als wichtiger Schalter - entsprechend weitreichend sind die Auswirkungen, wenn dieser Schalter ausfällt. Kristina Lorenz und ihr Team aus der AG Kardiovaskukäre Pharmakologie, die an der aktuellen Studie mitgearbeitet haben, untersuchen zum Beispiel seit Jahren die Rolle von RKIP bei Herzkrankheiten; das Molekül taucht jedoch auch in zahlreichen Studien zu Alzheimer, Gehirnentwicklung, Diabetes und Krebserkrankungen auf.

Wie alle Proteine besteht auch RKIP aus einer langen Kette von verschiedenen Aminosäuren, die sich aufgrund chemischer und physikalischer Effekte in einer ganz bestimmten Weise zu einem dreidimensionalen Gebilde falten. Diese dreidimensionale Struktur ist es, die Proteinen ihre spezifischen Funktionen als Stütz- und Transportstrukturen, Signalgeber, molekulare Scheren oder auch Reaktionsbeschleuniger verleiht. Ändert sich die Form eines Proteins, dann ändert sich auch dessen Funktion - im Falle von RKIP sorgen die Phosphorylierung und die resultierende Konformationsänderung dafür, dass es nicht mehr mit der einen, dafür aber mit der anderen Kinase interagieren kann. Dass es diesen molekularen Schalter gibt, war lange bekannt; zum ersten Mal jedoch konnte im Detail gezeigt werden, wie und wo sich die Form von RKIP ändert. Die Verfasser der Studie bezeichnen diesen lokalen Mechanismus als "Salzbrücken-Diebstahl", da der Phosphatrest die entsprechende Salzbrücke im Molekül sozusagen an sich reißt.

Und noch eines konnten die Forscher in ihrer Studie zeigen: Dieser Diebstahl-Mechanismus ist nicht auf RKIP beschränkt, sondern scheint ein evolutionär sehr alter Mechanismus zu sein, der bei vielen Proteinphosphorylierungen zum Einsatz kommt. Damit ist zumindest teilweise geklärt, wie es sein kann, dass ein Phosphatrest nicht immer direkt an der Interaktions- oder Bindungsfläche eines Proteins angebracht wird und dort direkt eine Änderung bewirkt, sondern über größere Entfernungen im Protein eine Formänderung auslöst.

» Originalpublikation

Quelle: Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS)