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20.05.2024

21.01.2009

High-Tech-Überwachung des Pollenflugs mit dem Pollenmonitor BAA (Bio-Aerosol-Analysator)

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Die Pollenallergie ist mittlerweile zu einer Volkskrankheit geworden: Rund 12 Millionen (also jeder siebte!) Bundesbürger leiden alljährlich während der Blüte einer breiten Palette von Pflanzen unter akuten Symptomen, die von einer allergischen Rhinitis, dem "Heuschnupfen", bis zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock reichen können. Allergiker sind zur Planung ihres Tagesablaufs extrem auf tagesaktuelle Informationen zum bestehenden Pollenflug angewiesen, um etwa ihre tägliche Medikamentendosis daraufhin abzustimmen.

Verursacht werden diese Allergien durch luftgetragene Pollen. Für die Pollenflugvorhersage werden bisher sogenannte Burkhard-Fallen eingesetzt. Sie saugen Luft mit allen darin enthaltenen Partikeln auf ein Klebeband, das anschließend von menschlichen Pollenzählern unter einem Lichtmikroskop ausgewertet wird. Die Analyse der auf der Probe vorhandenen Pollen verlangt dabei ein hohes Maß an Erfahrung und Konzentration - die durch den allgegenwärtigen menschlichen Faktor natürlich nicht immer gegeben ist: Einige Pollenarten unterscheiden sich bereits von ihrer Größe her, die in einem Bereich zwischen etwa 10 μm und 150 μm liegen kann, andere können nur anhand kaum wahrnehmbarer Details voneinander unterschieden werden. Hinzu kommt, dass durch diese Art der Auswertung die Pollenflugvorhersage auf Daten des Vortages beruht.

In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT), Sankt Augustin, und dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM), Hannover, hat die Helmut Hund GmbH aus Wetzlar den Pollenmonitor BAA (Bio-Areosol-Analysator) entwickelt und zur Serienreife gebracht. Der Entwicklung vorausgegangen war ein vierjähriges (2002 - 2006), vom Bundesministerium für Forschung und Technik unterstütztes Forschungsprojekt unter Beteiligung des DWD, einiger Fraunhofer- Institute, Universitäten und Unternehmen, in dem die grundsätzliche Machbarkeit der vollautomatischen Pollenanalyse demonstriert worden war.

Das neu entwickelte Messsystem ist in der Lage, ohne menschlichen Eingriff und mittels eines virtuellen Impaktors aus ca. 5 m³/h angesaugter Luft Partikel in der Größe von 5 - 150 μm (entspricht dem Durchmesser der Pollen) auf ein Trägerplättchen, das mit einem Barcode und einem Gel versehen ist, abzuscheiden. Mit Hilfe eines Handlingsystems werden die Trägerplättchen unter einem automatischen Lichtmikroskop mit angeschlossener Bildverarbeitung analysiert, klassifiziert und die gewonnenen Proben in einem Magazin archiviert. Der Pollenmonitor bestimmt aus dem angesaugten und deponierten Pollenkollektiv vollautomatisch die allergologisch relevanten Pollen von Hasel (Corylus), Erle (Alnus), Birke (Betula), Süßgräser ohne Roggen (Poaceae), Beifuß (Artemisia) und Traubenkraut (Ambrosia) mit einer Genauigkeit von ca. 90 %. Mit der gleichen Genauigkeit werden darüber hinaus die nicht allergologisch relevanten Arten Ahorn (Acer), Eibe (Taxus), Eiche (Quercus), Hainbuche (Carpinus), Roggen (Secale), Weide (Salix) bestimmt. Weitere Arten können durch Software-Ergänzung und Training des Erkennungsalgorithmus jederzeit analysiert werden.

Die Beprobungsintervalle des Pollenmonitors sind vom Benutzer einstellbar und können etwa zwischen einer und drei Stunden liegen. Die dadurch pro Tag benötigten 8 bis 24 Probenträger sind in einer wiederverwendbaren Magazinkassette untergebracht, der Vorrat reicht dadurch für einen unbeaufsichtigten Betrieb über zwei bis vier Wochen aus. Die Magazinkassetten können leicht vom Bedienpersonal gewechselt werden. Die Datenverarbeitung umfasst die Auswertung von ca. 1 Terabyte Rohdaten am Tag. Den Meteorologen steht das Auswerteergebnis stündlich in Form einer Matrix inklusive aller relevanten Umweltdaten wie z. B. Luftdruck, Temperatur und relativer Feuchte zur Verfügung.

Bei einem Einsatz des Pollenmonitors für die Pollenflugvorhersage wird es nun zum ersten Mal möglich sein, die lokalen Konzentrationen allergologisch relevanter Pollenarten mit einer Verzögerung von lediglich einer Stunde zu ermitteln. Damit ist es endlich möglich, Allergiker sehr zeitnah über die ihn betreffenden Allergene zu informieren.

Neben dem Nachweis und der Unterscheidung von Pollen ist das System jedoch auch zum Nachweis anderer Luftbestandteile einsetzbar, so etwa zur Überwachung der Luftqualität oder zum Nachweis von Keimen und Pilzen in der Landwirtschaft oder der Nahrungsmittelproduktion. Hierzu muss lediglich der Erkennungsalgorithmus auf die nachzuweisenden Objekte trainiert werden.

Quelle: Helmut Hund GmbH