Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
19.05.2024

03.08.2023

KI-Tools für alle - Fluch oder Segen?

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Künstliche Intelligenz
Künstliche oder menschliche Intelligenz?
(Bild von Gordon Johnson bei Pixabay)
Haben Sie schon einen kostenlosen Account zur Nutzung von ChatGPT, Google Bard oder eines der zahllosen KI-Tools, die beinahe täglich aus dem Boden gestapft werden? Oder noch nicht, wie übrigens die breite Mehrheit der Gesellschaft?

Dann würde ich Ihnen dringend empfehlen, dies nachzuholen, denn Sie könnten die nächste technische Revolution verpassen oder bei diesem wichtigen Thema nicht mitreden können. Zumindest werden Sie in vielen kreativen Berufen bald Nachteile haben!

In den 1990er Jahren wurden wir zum ersten Mal mit Suchmaschinen wie Altavista, Excite oder Fireball konfrontiert, um die unendlichen Weiten des Internets zu durchsuchen. Ähnlich verhält es sich jetzt mit ChatGPT und Co. Es ist wichtig zu wissen, wie man diese Werkzeuge sinnvoll nutzen kann, was vielleicht künftig damit möglich sein wird und natürlich auch, wo die Risiken und Probleme liegen.

Vorweg gesagt: Stellen Sie einer KI keine Wissensfragen, denn dafür ist sie primär nicht gemacht. Dafür sind die klassischen Suchmaschinen besser geeignet. Viel sinnvollere Aufgaben für eine KI ist das Formulieren von neuen oder die Strukturierung und Aufbereitung bestehender Texte, beispielsweise für Marketing-Zwecke. Lassen sie sich gute Überschriften vorschlagen oder einfach nur von den Antworten inspirieren. Aber übernehmen Sie vor allem nichts ungeprüft, denn wenn ein solches Tool keine Antwort kennt, erfindet es oft einfach eine, die zwar plausibel klingt, aber faktisch falsch sein kann.

Manche Antworten der KI erinnern mich an den Film "2001: Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrick aus meinem Geburtsjahr 1968. Schon damals wurden die Gefahren solcher Systeme aufgezeigt, als die KI namens HAL, die das Raumschiff steuerte, die Kontrolle übernimmt und mehrere Astronauten ermordet, nur um nicht abgeschaltet zu werden, weil sie einen Fehler begangen hatte.

Es gibt auch heute schon solche Horrorszenarien, vor denen auch viele namhafte KI-Spezialisten warnen. Natürlich muss man solche Fehlentwicklungen im Blick haben, aber zum Glück sind wir noch weit davon entfernt, einer KI beispielsweise die vollständige Kontrolle über ein Kernkraftwerk ohne Eingriffsmöglichkeiten zu übertragen.

Was Sie auf jeden Fall nicht tun sollten, ist die Eingabe von persönlichen Daten oder Firmeninterna in ein KI-Tool, denn wenn Sie die Nutzungsbedingungen lesen, werden Sie erschreckend feststellen, dass alle Daten in den Besitz des Betreibers übergehen und zum Trainieren der KI benutzt werden dürfen. Im Extremfall könnte Firma A so erfahren, woran die Forschungsabteilung des Mitbewerbers B gerade arbeitet, wenn ein unvorsichtiger Mitarbeiter von Firma B entsprechende Fragen an die KI formuliert hat.

Dieses Kind ist im Übrigen schon tausendfach in den Brunnen gefallen und es bleibt abzuwarten, wie die Betreiber öffentlich zugänglicher KI-Lösungen mit den millionenfach gewonnenen internen und persönlichen Daten zukünftig umgehen werden. Denn in vielen Fällen liegt ein Verstoß gegen die DSGVO vor. Die Verwendung von KI-Tools wirft auch Fragen des Urheberrechts auf. Wie wird das Urheberrecht in der Zukunft angewendet , wenn eine KI beispielsweise mit kompletten Büchern gefüllt wird und damit dann mit wenig Aufwand ein ähnliches Buch erstellt werden kann? Oder wenn ein prägnanter Schreibstil eines Autors einfach "geklont" wird?

Webseiteninhalte kann man für solche Datenübernahmen übrigens mit einem 2 Zeilen Code sperren. Für Analytik NEWS haben wir dies vorerst umgesetzt, bis diese und andere Fragen geklärt sind. Die Entwicklung bleibt spannend und erschreckend zugleich, wenn man beispielsweise hört, dass durch die Analyse von Podcasts und Videos heute schon Stimmen täuschend echt imitiert werden können. Der Schritt bis zum gefälschten Video von Prominenten und Politikern ist dann nicht mehr weit und die Folgen können bei der Geschwindigkeit, mit der sich Falschinformationen verbreiten können, gravierend sein. Bei Bildern kennen wir das ja schon einige Jahre. In jedem Fall ist eine Regulierung oder Kennzeichnung von KI-Inhalten dringend erforderlich. Und zwar zeitnah!

Wenn man das alles zusammen nimmt, dann folge ich der Argumentation des genialen Physikers und Zukunftsforschers Stephen Hawking, der in seinem 2018 erschienenen letzten Buch "Kleine Antworten auf große Fragen" die folgende Aussage getroffen hat, ohne dass er ChatGPT zu Lebzeiten noch selbst aktiv nutzen konnte:

Eine Super-KI wäre entweder das Beste oder Schlimmste, das der Menschheit zustößt.
Stephen Hawking (1942-2018)

Also testen Sie bitte diese Tools, bewerten die Resultate und informieren Sie Ihr Umfeld über die neuen Möglichkeiten und natürlich auch die Risiken. Viele KI sind noch kostenlos und sind für solche Tests völlig ausreichend. Und wer auf den Geschmack kommt, wird vielleicht ein paar Euro pro Monat in eine kostenpflichtige Lösung mit mehr Optionen investieren. Wer zukünftig KI-Tools beispielsweise im Marketing oder bei der Suchmaschinenoptimierung sinnvoll einsetzen möchte, hat berufliche Vorteile gegenüber denen, die damit nicht umzugehen wissen. Das ist ein Fakt.

Einen guten Einstieg in das Thema bietet sicher der aktuelle Bestseller "Richtig texten mit KI" von Kai Spriestersbach. Es bietet einen realistischen Einblick in die aktuellen Möglichkeiten und geizt nicht mit Praxisbeispielen. Ich gehe davon aus, dass er es noch mit seiner menschlichen Intelligenz verfasst hat. Das wird zukünftig vielleicht die Ausnahme sein, auch bei Blogbeiträgen wie diesem!

» Kurze Antworten auf große Fragen, Stephen Hawking - Klett-Cotta (2018)

» Richtig texten mit KI, Kai Spriestersbach - mvgverlag (2023)

Autor:  

Dr. Torsten Beyer

Dr. Torsten Beyer


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