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20.05.2024

08.10.2018

Weiße Biotechnologie: Neue Wege zu Antibiotika

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Wissenschaftler der Freien Universität Berlin haben zusammen mit einem Forscherteam aus München und aus Israel den Reaktionsmechanismus eines biotechnologisch relevanten Enzyms aufgeklärt. Basierend auf den neuen Erkenntnissen lassen sich verschiedenste und zum Teil auch neuartige komplexe, biologisch wirksame Moleküle generieren. Da dieses Enzym in einer biologischen Produktionskaskade in Mikroorganismen eingebaut werden kann, lassen sich die Verbindungen ressourcen- und umweltschonend herstellen.

Dieses Verfahren, das auch unter das Schlagwort "Weiße Biotechnologie" fällt, stellt somit eine Alternative zur klassischen organischen Synthese dar. Das Forscherteam um Dr. Bernhard Loll vom Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität konnte zeigen, dass das Verständnis der enzymatischen Reaktion auf atomarer Ebene fundamental für das neuartige Design der Bindungsstelle des Enzyms ist. Von den Erkenntnissen erhoffen sich die Wissenschaftler der Freien Universität Berlin, der Technischen Universität München und der Bar-Ilan Universität in erster Linie neue Einsichten in den Mechanismus des Enzyms und langfristig die Möglichkeit, noch gezielter Modifikationen in das Enzym einzuführen. Die Ergebnisse wurden in der jüngsten Ausgabe des renommierten Fachjournals Nature Communications veröffentlicht.

Terpene bilden die größte Gruppe von Naturstoffen mit zurzeit mehr als 60.000 bekannten Verbindungen. Aufgrund ihrer vielfältigen Eigenschaften finden sie Einsatz in nahezu allen Bereichen der Industrie; genutzt werden sie beispielsweise als Duftstoffe, Arzneimittel, Insektizide oder auch als Biokraftstoff. So reicht die strukturelle Diversität dieser Stoffklasse von einfachen azyklischen Duftstoffen wie Citronellol über monozyklische Terpene, zu denen etwa Menthol zählt, bis hin zu komplizierten polyzyklischen Terpenen wie dem Anti-Tumor-Wirkstoff Taxol® (Paclitaxel). Allerdings sind die hochkomplexen Polyzyklen mit mehreren Stereozentren nur aufwendig durch klassische organische Synthese zugänglich. Eine Alternative ist die Herstellung von Terpenen in modifizierten Mikroorgansimen: Dabei werden alle zur Synthese benötigten Bausteine in Mikroorganismen integriert. Ein zentraler Baustein sind die Terpensynthasen, die die Zyklisierung des linearen Ausgangsmoleküls übernehmen.

Aktuell beruht die klassische organische Synthese auf chemischen Grundstoffen, die sich aus Erdöl herstellen lassen. Viele Syntheseschritte werden bei hoher Temperatur und hohem Druck vorgenommen. Die Herstellung von bioaktiven Verbindungen in Mikroorganismen im industriellen Maßstab stellt daher eine höchst interessante Alternative dar. Zum einen wird die Verwendung von fossilen Ressourcen minimiert, und zum anderen verläuft die Produktion umweltschonend. Das Forscherteam um Dr. Bernhard Loll demonstriert in seiner Arbeit den Einsatz eines Enzyms (CotB2), das für die Herstellung von verschiedenen bioaktiven Molekülen überaus interessant scheint. Diese neuen Moleküle zeigen zum Beispiel entzündungshemmende oder antibakterielle Eigenschaften. Die gewonnenen Einblicke liefern einen wichtigen Schritt in das Verständnis darüber, wie die Natur diese Enzyme gestaltet hat.

In ihrem Artikel untersuchen die Forscherin Ronja Driller aus der Gruppe von Dr. Bernhard Loll, die Gruppe von Prof. Mathias Christmann von der Freien Universität Berlin und Professor Thomas Brück von der Technischen Universität München sowie Professor Dan Thomas Major von der Bar-Ilan Universität in Israel die sogenannte Diterpen-Synthase CotB2, eines biotech-nologisch relevanten Enzyms. Das Forscherteam brachte die unterschiedlichsten Expertisen der Biochemie, Organische Chemie, Biotechnologie sowie computerbasierende Simulationen erfolgreich in das Projekt ein. Die Ergebnisse geben einen tiefgehenden Einblick in den Mechanismus dieses Enzyms.

Basierend auf den Ergebnissen lassen sich zukünftig maßgeschneiderte Terpen-Synthasen generieren, die Verbindungen mit dem Ziel synthetisieren, diese beispielsweise im Kampf gegen Krebs oder als neue Klasse von Antibiotika einzusetzen.

» Originalpublikation

Quelle: Freie Universität Berlin