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20.05.2024

23.02.2017

Hochempfindliche Methode zum Nachweis von Ionen-Paaren in wässriger Lösung

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Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, der Freien Universität Berlin, der Universität Heidelberg und der Universität für Chemie und Technologie Prag haben einen zuvor nur theoretisch vorhergesagten, speziellen Elektronentransfer in einer wässrigen Salz-Lösung experimentell nachgewiesen. Ihnen gelang es, den sogenannten Electron-Transfer Mediated Decay (ETMD) zu belegen. "Der ETMD ist ein Zerfallskanal, der entsteht, wenn ein Rumpfloch in einem Molekül von einem Elektron eines benachbarten Moleküls gefüllt wird. Die dabei freiwerdende Energie wird dann zur Ionisation dieses oder eines weiteren Nachbarmoleküls verwendet", erklärt Prof. Dr. Emad Flear Aziz von der Freien Universität Berlin. Von den Ergebnissen erhoffen sich die Wissenschaftler eine extrem sensitive Methode zum Nachweis von Ionenpaaren in Lösungen. Die Ergebnisse der Untersuchung waren Teil der Doktorarbeit von Isaak Unger am Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin, die von Prof. Dr. Emad Flear Aziz betreut wurde.

"Dieser Zerfall ist nicht-lokal und steht damit in Konkurrenz zu dem viel häufiger vorkommenden Auger-Zerfall und dem Intermolekularen Coulomb-Zerfall (ICD)", erläutert Koautor Dr. Robert Seidel vom Helmholtz-Zentrum Berlin. Bei beiden Prozessen werde das Loch jeweils durch ein Elektron desselben Moleküls gefüllt. Der ETMD-Prozess sei bereits im Jahr 2001 theoretisch vorhergesagt und 2011 erstmalig in Gasclustern nachgewiesen worden, erklärt der Physiker. Für den ETMD-Nachweis in wässriger Lösung verwendeten die Wissenschaftler Lithiumchlorid-Salz, da bei Lithiumionen in Wasser weder der Auger- noch der ICD-Zerfall möglich sei. Auf diese Weise erhöhten sie die Wahrscheinlichkeit für den ETMD-Prozess und dessen Nachweis. Die Messungen fanden am BESSY-II-Synchrotron mit der LiquidjetPES-Anlage statt. Die zu untersuchende Lithiumchlorid-Lösung wurde als sehr feiner Flüssigkeitsstrahl in eine Vakuumkammer injiziert und mit weicher Röntgenstrahlung untersucht.

"Da die Stärke des ETMD-Prozesses deutlich vom Abstand zum Nachbarmolekül beeinflusst wird, lassen sich aus der Form und der Intensität des ETMD-Spektrums Aussagen über die Ionenpaarung treffen", erklärt Prof. Dr. Emad Flear Aziz. Das bedeute, dass die Wissenschaftler mit ETMD ein spektroskopisches Werkzeug zur Hand haben, mit dem sich die unmittelbare Solvathülle um ein Ion in wässriger Lösung bestimmen lasse.

Die Forscher streben nun an, den ETMD-Prozess in weiteren wässrigen Systemen nachzuweisen und mithilfe verbesserter Koinzidenztechniken das Signal-zu-Rausch-Verhältnis der Spektren deutlich zu verbessern. Wenn das gelänge, könne davon ausgegangen werden, dass sich diese neue Spektroskopie etablieren werde, erklärten sie.

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Quelle: Freie Universität Berlin