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20.05.2024

23.06.2016

Kriterien für endokrine Disruptoren in Pestiziden und Bioziden vorgelegt

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Die Europäische Kommission hat Kriterien zur Bestimmung endokriner Disruptoren im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln und Biozidprodukten vorgelegt. Endokrine Disruptoren sind sowohl natürlich vorkommende als auch chemische Stoffe, die die Funktion des Hormonsystems stören und dadurch schädigende Wirkung bei Menschen oder Tieren hervorrufen können. Nach Verabschiedung der Vorschläge wird der Regelungsrahmen der EU der erste weltweit sein, in dem wissenschaftliche Kriterien für endokrine Disruptoren rechtlich verankert sind.

Die Kommission schlägt dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU-Staaten vor, bei der Identifizierung von endokrinen Disruptoren einen soliden wissenschaftsgestützten Ansatz zugrunde zu legen und der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu folgen. Ihre Vorschlägen umfassen im Einzelnen zum einen eine Mitteilung, die einen Überblick über den komplexen wissenschaftlichen und rechtlichen Kontext liefert weiter einen Folgenabschätzungsbericht, in dem der Stand der Wissenschaft in Bezug auf verschiedene Kriterien zur Identifizierung endokriner Disruptoren sowie mögliche Auswirkungen dargestellt werden und schließlich Entwürfe für zwei Rechtsakte (einen, der sich auf die Vorschriften über Biozidprodukte bezieht, und einen, der die Vorschriften über Pflanzenschutzmittel betrifft), in denen die Kriterien zur Bestimmung endokriner Disruptoren aufgeführt sind.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte: "Endokrine Disruptoren können schwerwiegende Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt haben und wenngleich viele Stoffe, die sie enthalten, aufgrund der geltenden Vorschriften über Pestizide und Biozide bereits verboten sind, müssen wir wachsam bleiben. Die Kommission ist entschlossen, das höchstmögliche Schutzniveau sowohl für die menschliche Gesundheit als auch für die Umwelt sicherzustellen. Deshalb legen wir heute strenge - auf wissenschaftliche Daten gestützte - Kriterien für endokrine Disruptoren vor, die das EU-Rechtssystem zum weltweit ersten machen, in dem solche wissenschaftlichen Kriterien rechtlich verankert sind."
Der für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis erläuterte: "Die wissenschaftlichen Kriterien, die die Kommission heute vorlegt, garantieren, dass das hohe Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, das in unseren Vorschriften über Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte verankert ist, aufrechterhalten wird. Die EU-Vorschriften über Pflanzenschutzmittel und Biozide zählen aufgrund der Zulassungspflicht, der umfassenden Datenanforderungen und des gefahrenbasierten Ansatzes bei der Bewertung zu den strengsten weltweit."

Die WHO definiert einen Stoff als endokrinen Disruptor, wenn

  • er schädigende Wirkung für die menschliche Gesundheit hat,
  • er eine endokrine Wirkungsweise aufweist
  • und wenn eine Kausalbeziehung zwischen der schädigenden Wirkung und der endokrinen Wirkungsweise besteht.

In den heute vorgelegten Kriterien ist auch festgehalten, wie die Bestimmung eines endokrinen Disruptors erfolgen sollte, nämlich

  • unter Heranziehung aller relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse,
  • mit einer Gewichtung der Erkenntnisse nach ihrer Beweiskraft ("Weight-of-evidence"-Ansatz)
  • und mit einer robusten systematischen Überprüfung.
Die Mitteilung der Kommission zu den beiden Rechtsakten liefert einen Überblick über den komplexen wissenschaftlichen und rechtlichen Kontext und beschreibt, wie in den letzten Jahren ein wissenschaftlicher Konsens über die Definition endokriner Disruptoren gewachsen ist. Das hat die Kommission bei ihrer Entscheidung berücksichtigt. Neben den Kriterien werden in der Mitteilung eine Reihe von Maßnahmen aufgeführt, die die Kommission intensivieren wird, um die Exposition gegenüber endokrinen Disruptoren kurzfristig (Forschung und internationale Zusammenarbeit), mittelfristig (Testverfahren) und langfristig (Rechtsetzung) auf ein Minimum zu senken.

Um rasches Handeln zu gewährleisten, wird die Kommission zudem heute die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit und die Europäische Chemikalienagentur um eine Prüfung bitten, ob einzelne zugelassene Stoffe, bei denen es Indizien dafür gibt, dass sie endokrine Disruptoren sind, nach den heute vorgelegten Kriterien als endokrine Disruptoren identifiziert werden können.

Weiteres Verfahren

Die beiden im Entwurf vorgelegten Rechtsakte, in denen die Kriterien festgelegt sind, müssen nun von der Kommission nach den vorgeschriebenen Verfahren verabschiedet werden. Gemäß der Verordnung über Pflanzenschutzmittel werden die Mitgliedstaaten über den Entwurf des Rechtsaktes, in dem die Kriterien festgelegt sind, abstimmen. Der Entwurf des Rechtsaktes zu Biozidprodukten wird entsprechend der Biozid-Verordnung vor der Verabschiedung durch die Kommission in einer Gruppe von Sachverständigen der Mitgliedstaaten erörtert.

An beiden Verfahren sind das Europäische Parlament und der Rat beteiligt. Um die Kohärenz der beiden Rechtsakte zu gewährleisten, legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat die beiden Texte parallel vor.

Quelle: Europäische Kommission