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03.05.2024

04.01.2023

Winzigste Nanopumpen für gezielten Transport von Flüssigkeiten und Nanopartikeln

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Nanoporen spielen eine wichtige Rolle in der Wasseraufbereitung und in der Bioforschung. Allerdings lässt sich die Technik oft noch schwer kontrollieren. Ein Forschungsteam der TU-Darmstadt will mit einem neuen Ansatz Abhilfe schaffen. Die Ergebnisse wurden jetzt in dem renommierten Fachjournal "Physical Review Letters" veröffentlicht.

Meerwasser entsalzen oder Trinkwasser von schädlichem Nitrat befreien: Dies gelingt dank Membranen, die von winzigen Nanoporen durchsetzt sind. Man kann sie sich als Sieb vorstellen, dessen Löcher nur wenige Millionstel Millimeter Durchmesser haben. Auch in der Bioforschung spielen Nanoporen eine Rolle. Ein Beispiel: Das Erbgutmolekül DNA kann sie nur passieren, wenn es sich entknäuelt. Es verlässt die Pore als Faden, von dem Forscher die Erbinformation dann ablesen können.

Allerdings ist die Technik oft noch schwer kontrollierbar. Eine Flüssigkeit passiert alle Nanoporen auf die gleiche Weise. Für manche Anwendungen, wie die präzise Platzierung von winzigen Partikeln in der Nanotechnik, wäre es jedoch von Nutzen, den Durchfluss durch einzelne Nanoporen eines "Siebs" gezielt zu kontrollieren, also gleichsam individuelle Poren als winzige Pumpen zu verwenden, die sich an- und abschalten lassen. Nun schlagen Aaron Ratschow von der Technischen Universität Darmstadt und seine Kollegen eine neue Methode vor, mit der das möglich sein würde. Ihre Forschungsergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift "Physical Review Letters" veröffentlicht.

Damit dies gelingt, müssen die Nanoporen eine konische Form haben, also einem Trichter ähneln, wie die Darmstädter Forscher mit Hilfe von Computersimulationen zeigen konnten. Konkret geht es um die Passage von so genannten Elektrolyten, also Flüssigkeiten mit elektrisch geladenen Atomen oder Molekülen ("Ionen"), wie etwa salzigem Wasser. Diese lassen sich mit Hilfe eines elektrischen Feldes, das eine Kraft auf die Ionen ausübt, durch die Pore drücken. Allerdings wechselwirken die Ionen auch mit dem Teil der Porenwand, wo das Feld angelegt wird. Es bildet sich nach kurzer Zeit eine Schicht von Ionen an der Porenwand, die das antreibende elektrische Feld wie eine Art Schild abschirmt. Der Durchfluss kommt zum Erliegen.

Durchfluss von der schmalen zur breiten Seite der Nanopore

Legt man jedoch eine Wechselspannung an die Pore an, wird dieser Prozess immer wieder abgebrochen und die Flüssigkeit fließt mit der doppelten Frequenz der Spannung hin und her. Wäre die Pore zylinderförmig würde in beide Richtungen jeweils gleich viel Elektrolyt fließen. Durch die konische Form jedoch fließt in die eine Richtung mehr als in die andere. So entsteht netto ein Durchfluss von der schmalen zur breiten Seite der Nanopore.

Für diese Pumpwirkung entscheidend ist die Frequenz der Wechselspannung. Ist sie zu niedrig, hat der Schild Zeit, sich dennoch auszubilden. Ist sie zu hoch, haben die Ionen zu wenig Zeit, irgendwohin zu fließen. Nur bei einer gewissen Resonanzfrequenz von einigen Megahertz stellt sich der Nettofluss ein. Da sich die Wechselspannung mit Hilfe eines winzigen "Gates" an einzelne Poren legen lässt, können somit einzelne Poren gezielt ein- und ausgeschaltet werden.

Um die Ergebnisse ihrer Computersimulation zu erklären, haben die Darmstädter Forscher ein mathematisches Modell erstellt. Es reproduziert die Ergebnisse der numerischen Computersimulation. Ratschow ist daher zuversichtlich, dass die experimentelle Umsetzung der theoretischen Ergebnisse, die die Darmstädter nun mit einem akademischen Partner angehen wollen, klappen wird.

Auch für potenzielle Anwendungen hat der Maschinenbauingenieur Ideen. "Unsere Technik könnte helfen, wenn man Elektrolyte gezielt transportieren oder einschleusen will, oder um Nanopartikel exakt zu positionieren", erklärt er. Für Life Sciences und Nanotechnologie könnte die Entdeckung aus Darmstadt also nützlich werden.

» Originalpublikation

Quelle: Technische Universität Darmstadt