Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
02.05.2024

19.06.2023

Mit den Mitteln der Chemie auf der Suche nach Leben im Weltall

Teilen:


Phosphor gilt als einer der Bausteine des Lebens und wurde bislang noch nie jenseits der Erde entdeckt. Dass sich in einem Ozean unter dem Eis des Saturnmondes Enceladus Phosphorsalze befinden, haben jetzt Wissenschaftler aus Deutschland, Japan und den USA nachgewiesen und ihre Ergebnisse in der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht.

Unter ihnen ist Prof. Dr. Bernd Abel vom Institut für Technische Chemie der Universität Leipzig. Er erklärt, welche Rolle Chemiker neuerdings bei der Erforschung des Weltalls spielen.

Professor Abel, ist Teil eines internationalen Forschungsteams, das Messergebnisse der Raumsonde Cassini ausgewertet und in Laborexperimenten simuliert hat. Diese Sonde hat von 2004 bis 2017 den Saturn und seine Monde erforscht. Die meisten Mitglieder des Teams arbeiten bereits seit mehr als zehn Jahren auf diesem speziellen Gebiet sehr erfolgreich zusammen.

Während die Entwicklung von Instrumenten eine Domäne der Physik ist, sind lebende Systeme eine Domäne der Biologie. Die Chemie verbindet beides und sie wird auch künftig extrem wichtig sein, um das Konzept der chemischen Evolution von einfachen Molekülen über komplexere chemische Strukturen bis hin zu einfachen lebenden Systemen zu verstehen.

In Leipzig wurden Geräte und Methoden entwickelt, die unabdingbar sind für Laborexperimente zur Interpretation von Massenspektren der Cassini-Sonde. Massenspektren bilden ab, welche Substanzen in einer Probe enthalten sind, und waren der Schlüssel für ein Verständnis der Chemie im Ozean unter der Eiskruste des Enceladus und anderer Monde in unserem Sonnensystem.

Außerdem wurden quantenchemische Methoden für die Nachbildung chemischer Prozesse genutzt, dafür gehören zum Team auch Physiker. Die Chemiker im Team, die sich auf physikalische und technische Chemie spezialisiert haben, sind insbesondere auch für die chemische Modellierung und Modellbildung verantwortlich.

Vermessung und Auswertung der Proben, die in über 1,3 Milliarden Kilometer Entfernung "eingesammelt" wurden

Auf der Oberfläche des Saturnmondes Enceladus herrschen minus 200 Grad Celsius und unter der viele Kilometer dicken Eiskruste liegt ein Ozean aus Wasser, auf dessen Grund es um die 90 Grad Celsius heiß werden kann.

Die Cassini-Sonde untersuchte die Zusammensetzung des Ozeans, indem sie Material im Vorbeiflug analysierte, das von den kryovulkanischen Geysiren am Südpol des Mondes in den Weltraum geschleudert wurde. Mit dem sogenannten Cosmic Dust Analyzer (CDA) an Bord der Sonde wurden unter anderem Massenspektren der untersuchten Eiskörner aufgenommen. Damit war im Prinzip eine chemische Analyse der Bestandteile, also Moleküle, Salze, Elemente, der Eispartikel möglich.

Diese komplexen Massenspektren galt es nun zu analysieren. Die in Leipzig entwickelte Apparatur und eigene Methoden gestatten eine Simulation der Bedingungen im Weltraum. So wurde der Einschlag von Eispartikeln auf dem Cosmic Dust Analyzer an Bord der Cassini-Sonde simuliert, der typische, aber komplexe und unbekannte Muster in den Massenspektren erzeugt hatte. Die Laborexperimente ermöglichten es, diese Muster zu verstehen und ließen interessante Rückschlüsse auf die Chemie in der wässrigen Phase unter dem Eispanzer des Enceladus (und anderer Monde im Sonnensystem) zu.

Wichtig für die weitere Erforschung des Weltalls

Mit Phosphor wurde zunächst der letzte noch fehlende elementare Baustein auf Enceladus entdeckt, der für Leben und Lebensformen' so wie wir es kennen, unabdingbar ist. Die Suche nach Leben wird eine besondere Rolle in zukünftigen Missionen der NASA und ESA spielen. Sicherlich wird man zunächst nach komplexeren Molekülen suchen auf dem Weg hin zu lebenden Systemen.

Die Jupiter-Icy-Moons-Explorer-Mission der ESA (JUICE) wird zum Beispiel mit einer Reihe von Fernerkundungs-, geophysikalischen und in-situ-Instrumenten detaillierte Beobachtungen des riesigen Gasplaneten und seiner drei Monde - Ganymed, Callisto und Europa - durchführen. Die Mission wird diese Monde sowohl als planetarische Objekte als auch als mögliche Lebensräume erforschen.

Wie im Artikel in der Zeitschrift "Nature" zu lesen ist, kommt der Chemie auf der Suche nach Leben, wie wir es kennen, eine besondere Bedeutung zu. Nur sie ist in der Lage, die große Wissenslücke der chemischen Evolution zwischen einfachen Biomolekülen und ersten komplexen biomolekularen Komplexen bis hin zu ersten einfachen lebenden Organismen zu verstehen.

» Originalpublikation

Quelle: Universität Leipzig