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20.05.2024

12.12.2022

Nachhaltige Batterien auf Basis von Calcium und Schwefel

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Unsere Gesellschaft wird zunehmend elektrifiziert - und elektrochemische Energiespeicher in Form von Batterien spielen eine zentrale Rolle, die benötigte Energie bereitzustellen. Gleichzeitig steigen allerdings die Ansprüche in Bezug auf die Nachhaltigkeit und Sicherheit der verwendeten Batteriematerialien.

Bereits im September 2022 startete daher das Verbundprojekt "CaSino", um das Potential der sogenannten Calcium-Schwefel (Ca-S) Batterie als Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien zu ermitteln. Das Projektkonsortium besteht aus fünf Forschungseinrichtungen, zwei Industrieunternehmen sowie einem Industriebeirat und wird seitens des DLR Stuttgart koordiniert. Es wird im Rahmen der Bekanntmachung "Batterie 2020 Transfer" durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 3 Millionen Euro gefördert.

Calcium als Batteriematerial

Im Vergleich zu den von der Industrie derzeit verwendeten Lithium-Ionen-Batterien bietet die Ca-S Batterie eine Reihe von Vorteilen, stellt die Forschenden aber auch vor Herausforderungen. Das bisher in konventionellen Akkumulatoren verwendete Lithium repräsentiert in vielerlei Hinsicht das perfekte Element für eine elektrochemische Zelle: Es vereint eine hohe Stromspeicherkapazität und Zellspannung mit schneller Ionenwanderung.

Dies ermöglicht kompakte Batterien und eine schnelle Be- und Entladung. Jedoch weisen Lithium-basierte Systeme eine erhöhte Brandgefahr auf, da sich beim wiederholten Aufladen Dendriten ausbilden können, die im schlimmsten Fall zu einem internen Kurzschluss führen. Außerdem sind die Lithium-Vorkommen auf der Erde begrenzt und nicht auf allen Kontinenten verfügbar, der Abbau ist umstritten und es kann nur aufwendig recycelt werden.

Calcium - ein Multivalenzmetall wie auch Aluminium, Magnesium und Zink - ist im Vergleich 400-mal häufiger und daher kostengünstig, sowie weltweit und gleichverteilt verfügbar. Es besitzt wie Lithium eine hohe Speicherkapazität und Zellspannung und ist zudem sicherer in Bezug auf Kurzschlüsse, da Calcium im Betrieb keine typischen Dendriten ausbildet.

Die größte Herausforderung bei der Verwendung von Calcium ist dessen Reaktivität und Bildung von Oberflächenschichten, sei es bei Kontakt mit Luft oder Feuchtigkeit - oder auch mit dem verwendeten Elektrolyten in der Batterie. Die oxidierten Oberflächen blockieren im weiteren Verlauf die Ionendiffusion und verhindern so die effiziente Be- und Entladung. Die Entwicklung eines kompatiblen Elektrolyten nimmt damit eine Schlüsselfunktion ein. Zusätzlich werden bei der Verwendung einer Schwefel-Kathode lösliche Polysulfide generiert, die die Ca-Anode ebenfalls blockieren können - auch dies gilt es zu unterbinden.

Projektkonsortium mit komplementären Kompetenzen

Das "CaSino"-Projekt hat sich nun zum Ziel gesetzt, durch innovative Materialentwicklung wesentliche Fortschritte in Bezug auf Zyklenstabilität und Energiedichte von Calcium-Schwefel Batterien zu erreichen. Begleitet werden diese Schritte unter zu Hilfenahme von experimentellen Untersuchungen, fortschrittlichen Analysemethoden und umfangreichen Modellierungsarbeiten. Das BMBF-geförderte Verbundvorhaben wird durch das Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart während der dreijährigen Projektlaufzeit koordiniert.

Aus dem Konsortium nimmt das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit seinem Helmholtz-Institut Ulm (HIU) im Bereich der Forschung an Calcium-Batterien eine Vorreiterrolle ein. Mit einem nicht-korrosiven Elektrolyten auf Bor-Basis hat das KIT den Grundstein für die weitere Untersuchung von Ca-Batterien gelegt. Diese kürzliche Entwicklung ermöglicht nun eine stabilere Be- und Entladung von Ca-Batterien über hunderte Zyklen. Darauf aufbauend strebt das KIT zusammen mit der IoLiTec GmbH, dem Spezialisten für ionische Flüssigkeiten, eine weitere Verbesserung des bereits etablierten KIT-Elektrolyten an.

Das Forschungsinstitut für Edelmetalle und Metallchemie (fem) adressiert die Notwendigkeit dünner und strukturierter Ca-Anoden, während das DLR-Institut für Technische Thermodynamik hierfür maßgeschneiderte Beschichtungen zum Schutz vor Passivierung entwickelt. Die elektrochemische Charakterisierung der neuen Materialien wird um innovative strukturelle und morphologische Analysemethoden (analytische Elektronen- und Ionenmikroskopie) am Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Institut (NMI) an der Universität Tübingen erweitert.

Des Weiteren werden die experimentellen Aktivitäten durch atomistische Simulationen an der Universität Ulm sowie Kontinuumssimulationen und Modellierungen der Ca-S Zelle am DLR-Institut für Technische Thermodynamik unterstützt. Schließlich soll eine umfassende Betrachtung ökonomischer und ökologischer Aspekte durch die EurA AG das Potential des Ca-S Systems in Bezug auf Nachhaltigkeit, Kosten und Recyclingfähigkeit im Vergleich zu state-of-the-art Batteriematerialien hervorheben.

Das Projekt wird weiterhin durch einen Industriebeirat bestehend aus den Unternehmen Alantum, Varta, CustomCells und Accurec begleitet. Alle eingebundenen Institutionen und Unternehmen arbeiten gemeinsam auf das Ziel hin, die Leistungsfähigkeit dieser nachhaltigen Energiespeichertechnologie auf Basis von Calcium und Schwefel in einer industriekompatiblen Batteriezelle für den Einsatz als stationären Speicher zu demonstrieren.

Quelle: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)