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20.05.2024

13.01.2021

Nanopartikel ermöglichen genaueren Einblick in Biomoleküle

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Ein internationales Forschungsteam hat am Röntgenlaser European XFEL 3D-Bilder von Gold-Nanopartikeln in ultrapräzisem Detail generiert. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt hin zu hochauflösenden Abbildungsmethoden für einzelne Makromoleküle.

Das Team, zu dem auch DESY-Forschende gehören und das von Kartik Ayyer vom Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie geleitet wurde, stellt seine Arbeit im Fachblatt "Optica" vor.

Makromoleküle wie Kohlenhydrate, Lipide, Proteine und Nukleinsäuren bevölkern unsere Zellen und sind dort an lebenswichtigen Abläufen beteiligt. Um die genauen Funktionen dieser Makromoleküle zu verstehen, muss ihre Struktur bis ins kleinste Detail erforscht werden.

Die Struktur lässt sich im Prinzip daraus bestimmen, wie die Moleküle Röntgenstrahlung beugen. Normalerweise müssen aus den Molekülen dazu Kristalle gezüchtet werden. Mit den hellen Blitzen von Röntgenlasern wie dem European XFEL sollten solche Aufnahmen aber auch bereits mit einzelnen Molekülen möglich sein.

Das Forschungsteam verwendete für die Entwicklung seiner Methode Gold-Nanopartikel als Ersatz für Biomoleküle, da sie weitaus mehr Röntgenstrahlen streuen. Anhand dieser Goldpartikel maß das Team 10 Millionen Beugungsmuster und erzeugte daraus 3D-Bilder mit bislang unerreichter Auflösung, feiner als drei Nanometer (millionstel Millimeter). Goldpartikel liefern eine große Menge an Daten, die für die Feinabstimmung von Methoden zur Erforschung von Biomolekülen eingesetzt werden können.

"Zu den Bildgebungstechniken für Biomoleküle zählt die Röntgenkristallographie, aber die Kristallisation von Biomolekülen ist kein einfacher Prozess", sagt Ayyer. "Dazu gibt es noch die Kryo-Elektronenmikroskopie, die mit gefrorenen Molekülen arbeitet." Nun eröffnen moderne Freie-Elektronen-Röntgenlaser neue Wege zur Einzelpartikel-Bildgebung (SPI), einer Technik, die das Potenzial hat, hochauflösende Bilder von Biomolekülen bei Raumtemperatur und ohne Kristallisation zu liefern. So können Biomoleküle näher an ihrem nativen Zustand untersucht werden, um bessere Einblicke in ihre Struktur und Funktion in unserem Körper zu erlangen.

"Unsere Ergebnisse demonstrieren die Machbarkeit der Einzelpartikel-Bildgebung an Freie-Elektronen-Röntgenlasern und weisen den Weg zu Bildern von Makromolekülen und ihren Komplexen, ohne dass diese kristallisiert oder einfroren werden müssen", sagt Henry Chapman, Leitender Wissenschaftler bei DESY und Seniorautor der Studie. "So kommen wir dem lang gehegten Traum näher, die Maschinerie des Lebens in Aktion zu sehen."

Auch im SPI-Bereich verblieben jedoch zwei Hürden: Das Sammeln von genügend qualitativ hochwertigen Beugungsmustern und die richtige Klassifizierung der strukturellen Variabilität der Biomoleküle. Die Arbeit des Teams zeigt nun, dass diese beiden Barrieren überwunden werden können. "Bisherige SPI-Experimente lieferten selbst im besten Fall nur etwa zehntausend Beugungsmuster. Um für die Strukturbiologie relevante Auflösungen zu erhalten, benötigen die Forscher jedoch 10- bis 100-mal mehr Beugungsmuster", sagt Ayyer.

Aufgrund der einzigartigen Fähigkeiten des European XFEL, nämlich der hohen Anzahl von Röntgenlaserpulsen pro Sekunde und der hohen Pulsenergie, konnte das Team in einem einzigen fünftägigen Experiment 10 Millionen Beugungsmuster sammeln. "Diese Datenmenge ist beispiellos, und wir glauben, dass unser Experiment eine Vorlage für die Zukunft dieses Forschungsfeldes darstellt", betont Ayyer.

Für das Problem der strukturellen Variabilität von Biomolekülen entwickelte das Team einen speziellen Algorithmus. Die Beugungsmuster werden von einem zweidimensionalen Detektor gesammelt - ähnlich wie eine schnelle Röntgenkamera. Ein Algorithmus sortiert daraufhin die Daten und ermöglicht es den Forschern, das Bild des Biomoleküls zu rekonstruieren.

Das Team nutzte die Fähigkeiten des Adaptive Gain Integrating Pixel Detector (AGIPD), einer für den European XFEL von einem DESY-geführten Konsortium maßgeschneiderten Hochgeschwindigkeits-Röntgenkamera, die es ermöglichte, Muster mit dieser hohen Rate zu erfassen. "Anschließend sammelten und analysierten wir die Daten mit maßgeschneiderten Algorithmen, um Bilder mit bislang unerreichter Auflösung zu erhalten", sagt Ayyer.

"Diese Studie profitierte von den einzigartigen Eigenschaften unserer Anlage, des Fast-Framing-Detektors und der effektiven Probenzufuhr", sagt Adrian Mancuso, leitender Wissenschaftler der Experimentierstation Single Particles, Clusters, and Biomolecules & Serial Femtosecond Crystallography (SPB/SFX) am European XFEL, wo die Experimente stattgefunden haben. "Sie zeigt, dass der European XFEL in Zukunft gut aufgestellt ist, um die Grenzen des 'Sehens' für nicht kristallisierte Biomoleküle bei Raumtemperatur zu erkunden."

» Originalpublikation

Quelle: Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY)