Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
20.05.2024

19.06.2018

Neues Konzept für bessere Strukturfarben

Teilen:


Wissenschaftler der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der ITMO-Universität in St. Petersburg und des Helmholtz-Zentrums Geesthacht haben ein neuartiges Konzept entwickelt, das Farbstoffe ermöglicht, die auf nicht-giftigen Ausgangsstoffen basieren, die im Sonnenlicht nicht ausbleichen und die auch unter hohen Verarbeitungstemperaturen (z.B. bei der Glasur von Keramiken) ihre Farbwirkung nicht verlieren.

Anders als bei konventionellen Farbpigmenten entsteht die Farbwirkung hier nicht aufgrund der Absorption bestimmter Wellenlängen, die dann im reflektierten Licht fehlen und somit den Farbeindruck hervorrufen. Bei den Strukturfarben entsteht die Farbwirkung ausschließlich durch deren Struktur, die eine Überlagerung und in der Folge eine Auslöschung bestimmter Wellenlängen im reflektierten Licht verursacht.

Oft hängt bei solchen Strukturfarben der Farbeindruck von den Beleuchtungs- und Beobachtungsrichtungen ab - der Farbstoff ist "irisierend". Dies möchte man bei einem guten Farbstoff vermeiden. Um einen "nichtirisierenden" Farbstoff zu realisieren, benötigt es ein gewisses Maß an Unordnung in der Struktur des Farbstoffs. Diese Unordnung führte aber bisher zu einer schwachen Farbsättigung, die sich in eher verwaschenen Farben ausdrückte.

Den Hamburger Wissenschaftlern ist es nun gelungen, diesen Zielkonflikt zu lösen. Hierzu haben sie ein neuartiges Konzept entwickelt, dessen Erfolg auf der Verbindung eines schwach geordneten Arrangements von Kugeln im Raum -einem sogenannten photonischen Glas- mit der äußerst präzisen Gestaltung der Kugeln selbst basiert. Diese keramischen Hohlkugeln besitzen Durchmesser von ca. 200 Nanometer und tragen Schalen einer Dicke von nur ca. 10 Nanometern. Erst die Kombination der Nahordnung von im Raum dicht gepackten Kugeln mit der Hohlkugel-Struktur der einzelnen Partikel ermöglicht es, ein im Wellenlängenbereich steil verlaufendes Reflexionsspektrum zu erhalten.

Am Beispiel einer blauen Farbe wird gezeigt, dass ein derartiges auf Hohlkugeln basierendes photonisches Glas ein solches steiles Reflexionsspektrum besitzt, womit sich eine große Farbsättigung erzielen lässt. Das photonische Glas aus Hohlkugeln erzeugt gegenüber dem aus Vollkugeln eine blaue Farbe, die im Chromatizitätsdiagramm viel näher am Umfang positioniert ist und daher ein viel reineres Blau darstellt. Das Wissenschaftler-Team hat sowohl die theoretischen Grundlagen für die Beschreibung dieser neuartigen Klasse an Farbstoffen entwickelt als auch umfangreiche numerische Simulationen durchgeführt, mit denen die Vorhersagen bestätigt wurden.

Die unter Führung der Hamburger Wissenschaftler gewonnenen neuen Erkenntnisse der Grundlagenforschung sind darüber hinaus von großer Bedeutung für Anwendungen hin zu nichttoxischen Farbstoffen, die auch unter langer Sonneneinstrahlung ihre Farbwirkung behalten und außerdem hohen Prozesstemperaturen jenseits von 1000 °C widerstehen können.

» Originalpublikation

Quelle: Technische Universität Hamburg