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05.05.2024

17.08.2017

Neuartiges Analyseverfahren zum Nachweis von über 170 Pestiziden in Eiern

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Die europäische Nahrungsmittelindustrie und die Verbraucher sind verunsichert. Rückstände des Insektizids Fipronil konnten in Eiern aus Belgien und den Niederlanden nachgewiesen werden. Über 10 Millionen verseuchte Eier waren auch nach Deutschland gelangt. Obwohl es im Fall Fipronil nun erste Entwarnungen gab, bleibt die Frage, was in unseren Lebensmitteln noch im Verborgenen schlummert und wie wir uns davor schützen können.

Lebensmittelchemiker Prof. Dr. Karl Speer von der TU Dresden forscht mit seinem Team bereits seit vielen Jahren in seinem Arbeitskreis an der Analytik von Pestizidrückständen in Nahrungsmitteln. "Besonders bei Eiern", so Speer, "lässt sich der sogenannte Carry-over-Effekt, das Übertragen von Stoffen aus dem Futter bzw. aus der Anwendung von Insektiziden in Stallungen in das tierische Endprodukt, sehr gut beobachten." Bereits im Jahr 2015 entwickelte er mit seinem Team im Rahmen der Dissertation von Dr. Fanny Hildmann eine neuartige Methode zum gleichzeitigen Nachweis von über 170 Pestiziden in Hühnereiern. Die Methode einschließlich der detaillierten Ergebnisse wurde 2015 im Journal of Chromatography A unter dem Titel "Pesticide residues in chicken eggs - A sample preparation methodology for analysis by gas and liquid chromatography/tandem mass spectrometry" veröffentlicht.

Mit dieser Multimethode, die in Zusammenarbeit mit der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen entstanden ist, können erstmalig 97 gaschromatographisch erfassbare (GC) und 81 flüssigkeitschromatographisch erfassbare (LC) Pestizide, wozu auch Fipronil zählt, gleichzeitig nachgewiesen werden. Das Verfahren basiert auf der Extraktion mittels Matrix Solid Phase Dispersion, der Reinigung auf Grundlage einer modifizierten Gelpermeationschromatographie (GPC) und zwei verschiedenen Festphasenextraktionen (SPEs) für GC- und LC-erfassbare Pestizide sowie der Quantifizierung mittels GC- und LC-MS/MS. Bereits in der Entwicklung erwies sich die Methode als äußerst routinetauglich und vielversprechend. Neben Eiern konnten bereits weitere Matrizes wie Geflügelfleisch und Sahne erfolgreich analysiert werden.

"Nach einem erfolgreichen großangelegten Ringversuch durch das EU Referenzlabor für Pestizide in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Freiburg) wird diese Methode nun wahrscheinlich in eine sogenannte §64 LFGB-Methode übergeführt", so hofft Prof. Speer. §64 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) umfasst eine amtliche Sammlung von Untersuchungsmethoden, die der bundesweiten Standardisierung und Harmonisierung von Futter- und Lebensmittelkontrollen dient.

Mit der Verifizierung der Multirückstandsmethode könnten Ämter zukünftig auf eine effizientere Überwachung und Kontrolle zur Einhaltung von Grenzwerten bei Pestizidrückständen in Lebensmitteln zurückgreifen, sodass eine Ausbreitung wie im derzeitigen Fipronil-Skandal vielleicht schneller verhindert wird.

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Quelle: Technische Universität Dresden