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29.04.2024

02.02.2016

Hochempfindliche Gasanalysegeräte für die biologische Forschung und Forensik

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Wenn es darum geht, geringste Spuren flüchtiger chemischer Verbindungen in der Luft zu messen, gehören die Analysegeräte in Pablo Sinues' Labor zu den weltweit empfindlichsten. Man findet mit ihnen sprichwörtlich die Nadel im Heuhaufen: Die Nachweisgrenze für flüchtige Verbindungen in Luft liegt im Bereich der Konzentration von einem Billionstel - und das in Echtzeit. Mit einer Luftanalyse lässt sich so beispielsweise in einem Frachtcontainer versteckter Sprengstoff aufspüren, so schnell und empfindlich, wie das Spürhunde können. Im Gegensatz zu Hunden können Sinues' Messgeräte jedoch eine breite Stoffpalette gleichzeitig analysieren - und sie werden auch nicht müde. Sinues, Privatdozent am Labor für Organische Chemie, hat nun die bereits große Empfindlichkeit der Messgeräte nochmals erhöht.

Bei seinen Messgeräten handelt es sich um speziell angepasste Massenspektrometer, in der die Proben vor der Messung elektrisch aufgeladen (ionisiert) werden. Sekundäre Elektrospray-Ionisierung (SESI) heißt die Technik. Dabei wird ein Gerät zur Ionisierung der in der Luft vorhandenen Moleküle an ein handelsübliches Massenspektrometer angeschlossen. Sinues ist seit zehn Jahren führend bei der Entwicklung dieser Technik, die der er damals als Doktorand bei einem Aufenthalt an der Yale University kennenlernte. Gemeinsam mit Forschern einer Spin-off-Firma in Spanien, welche die Technik heute vermarktet, und mit denen er im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts zusammenarbeitet, konnte er nun die Geometrie der SESI-Ionisierungskammer optimieren. Das führte dazu, dass die neuste SESI-Generation fünfmal empfindlicher ist als die Vorgängergeneration.

Um dies zu erreichen, erstellten die Forscher ein Computermodell der Ionisierungskammer, in dem sie den Ionsierungsvorgang im Detail simulieren können. "Dieses Modell half uns, das ideale Design der Kammer zu finden", so Sinues.

Neue Stoffwechselmoleküle nachgewiesen

In Experimenten mit einem verbesserten SESI-Gerät konnten die Wissenschaftler äußerst geringe Konzentrationen von Medikamenten und körpereigenen Hormonen, welche sie in Luft zerstäubten, nachweisen: Je nach Verbindung reichten für den Nachweis eine Handvoll bis einige Dutzend Moleküle in einer Billion Molekülen der Umgebungsluft. "Diese Empfindlichkeit reicht aus, um unsere SESI-Geräte für Atemluftanalysen in der Medizin zu verwenden", sagt Sinues. "In ersten Versuchen mit dem neuen, verbesserten SESI-Messgerät konnten wir in Atemluft einige Stoffwechselmoleküle messen, die nie zuvor im Atem nachgewiesen werden konnten", sagt Sinues.

In früheren Studien hat Sinues zusammen mit Kollegen gezeigt, dass sich die Aufnahme und der Abbau von Medikamenten im Körper von Versuchsmäusen anhand einer Atemluftanalyse nachvollziehen lässt. "Unsere Methode könnte dereinst Klinikmitarbeitern helfen, um zu entscheiden, wann sie Patienten eine erneute Dosis eines Medikaments verabreichen müssen", so der ETH-Dozent. Der Einsatz der Technik in der Klinik wird in den kommenden Jahren im Rahmen eines neuen Flagship-Projekts unter der Ägide von "Hochschulmedizin Zürich" vorangetrieben.

Pflanzenduftstoffe und Weinbau

Die möglichen Anwendungen der hochempfindlichen und schnellen Spürnasen-Instrumente beschränken sich nicht auf die Medizin und den Nachweis von Sprengstoffen. Gemeinsam mit Kollegen setzt Sinues die Methode derzeit in einem biologischen Forschungsprojekt ein. Bei Schädlingsbefall produzieren Pflanzen Duftstoffe, um Nützlinge anzulocken und um Nachbarpflanzen vor dem Schädlingsbefall zu warnen. Wegen der geringen Konzentrationen der Duftstoffe ist ihr Nachweis allerdings schwierig, und weil die Pflanzen sehr schnell darauf reagieren braucht es Echtzeit-Messgeräte. Sinues ist überzeugt, dass die SESI-Massenspektrometrie diesen Forschungszweig entscheidend weiterbringt und beispielsweise auch im Weinbau angewandt werden könnte. "Die Zusammensetzung von Duftmolekülen der Weintrauben ändert sich während der Traubenreifung", erklärt er. Seine Methode könne helfen, anhand dieses Bouquets den optimalen Erntezeitpunkt der Weintrauben festzustellen.

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Quelle: ETH Zürich