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20.05.2024

16.08.2016

Neue Erkenntnisse zur antientzündlichen Wirkung von synthetischen Peptiden

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Wissenschaftler der Freien Universität haben im Rahmen einer Forschungsstudie die Wirkung synthetischer Peptide untersucht. "Unsere Forschung hat erstmals aufgezeigt, dass vom Forschungszentrum Borstel entwickelte Peptide eine sehr gute antientzündliche Wirkung in verschiedenen Zelltypen der menschlichen Haut aufweisen", erklärt Prof. Dr. Günther Weindl vom Institut für Pharmazie, Pharmakologie und Toxikologie der Freien Universität, der die Studie geleitet hat. Zudem besäßen sie eine ausgeprägte migrationsfördernde, also potenziell wundheilungsfördernde Wirkung auf Keratinozyten. Keratinozyten stellen zahlenmäßig die bedeutendste Zellpopulation in der obersten Hautschicht dar und sind maßgeblich bei der Immunantwort, an Entzündungsprozessen und bei der Wundheilung beteilig.

Die von den Wissenschaftlern nachgewiesenen Wirkmechanismen deuten auf einen neuen vielversprechenden therapeutischen Ansatz für akute und chronische Haut- und Weichteilinfektionen hin. "Insbesondere chronisch infektiöse Wunden stellen eine große Herausforderung in der Therapie dar, da eine Heilung häufig nicht möglich ist oder sehr langwierig verläuft", erläutert Günther Weindl. Und auch die zunehmende Antibiotikaresistenz sei, wie auch die Weltgesundheitsorganisation kürzlich bestätigt habe, "eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit". In dieser Hinsicht und angesichts der weltweit zunehmenden Verbreitung multiresistenter Erreger böten die Peptide möglicherweise eine neue Therapie-Möglichkeit für diese Erkrankungen, da Resistenzmechanismen gegen die Peptide nicht zu erwarten seien, hob Günther Weindl hervor.

In ihrer Studie untersuchten die Forscher zwei Peptid-Wirkstoffe, Pep19-2.5 und Pep19-4LF, die sich durch eine effiziente Neutralisation hochkonservierter pathogener Strukturen der bakteriellen Zellwand, insbesondere von Lipopolysacchariden und Lipoproteinen und -peptiden, sowie eine antimikrobielle und antientzündliche Aktivität auszeichnen. Frühere Arbeiten des Forschungszentrums Borstel haben unter anderem in Tiermodellen eine sehr gute Wirkung von Pep19-2.5 gegen Blutvergiftung (Sepsis) gezeigt. Die aktuelle Studie befasste sich mit der potentiellen Anwendung bei Hautinfektionen. Die in Kooperation mit Biophysikern aus Borstel durchgeführten in vitro Untersuchungen belegen für beide Peptide eine starke Hemmung von Entzündungsprozessen - ausgelöst durch bakterielle Zellwandbestandteile - in Haut- und Immunzellen. Gleichzeitig unterdrücken die Peptide die Aktivierung von Immunzellen, die bei chronischen Entzündungen eine wesentliche Rolle spielen, und weisen eine sehr geringe Toxizität gegenüber menschlichen Zellen auf. Neben der antientzündlichen Wirkung identifizierten die Wissenschaftler einen zusätzlichen Wirkmechanismus.

Die Peptide fördern die Zellmigration von Keratinozyten, ein wichtiger Prozess während der Wundheilung. Eine in Zellkulturen künstlich erzeugte "Wunde" wird bereits bei sehr niedrigen Peptidkonzentrationen deutlich schneller verschlossen im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. Bei diesem zusätzlichen Wirkmechanismus scheinen bestimmte körpereigene Rezeptoren auf Keratinozyten, sogenannte Purinrezeptoren, wesentlich beteiligt zu sein. Im nächsten Schritt wplanen Günther Weindl und seine Kollegen die Peptide in dreidimensionalen Infektions- und Wundmodellen der Haut zu testen und den molekularen Mechanismus der migrationsfördernden Wirkung im Detail aufzuklären.

» Originalpublikation

Quelle: Freie Universität Berlin