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20.05.2024

27.11.2013

Zaubertisch für das Bio-Labor

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Das elektronische Labor-"Buch" MErLiN erleichtert und beschleunigt nicht nur die durchgängige Dokumentation von Versuchen in biomedizinischen Forschungslabors. Als Teil der Laborbank fügt sich sein Multi-Touch-Monitor auch nahtlos in Arbeitsumgebung und Workflow ein.

Egal, ob es sich um Experimente für bahnbrechende Forschungsarbeiten handelt oder um routinemäßige Untersuchungen: Laborarbeiten müssen hohen Standards genügen. Dazu gehört, dass sie in allen Details nachvollziehbar und exakt wiederholbar sind. Für Wissenschaftler wie Laboranten heißt das, jeder einzelne Schritt muss akribisch protokolliert, jedes Ergebnis genau dokumentiert werden.

"Das ist zeitraubend und manchmal auch lästig, weil es den eigentlichen Arbeitsfluss hemmt", weiß Sebastian Schöning vom Fraunhofer IPA. Er leitet die Gruppe Informationssysteme für die Biomedizin in der Projektgruppe für Automatisierung in der Medizin und Biotechnologie PAMB. Dort entsteht derzeit MErLiN - ein neuartiges Dokumentationssystem für biomedizinische Labore, das den Aufwand für Dokumentationen von Analysen und Experimenten auf ein Minimum reduziert.

Bislang werden für die Dokumentation nach wie vor meist Laborbücher in Papierform verwendet. Gebundene Journale, die Bildmaterial und Ergebnis- ausdrucke automatisierter Messreihen ebenso enthalten wie handschriftliche Einträge zu manuell durchgeführten Versuchen, Skizzen oder Kommentare. Gelegentlich kommen auch PC-basierte, elektronische Laborbücher zum Einsatz.

Beides hat jedoch gravierende Nachteile: So können Bücher wie PCs beispiels- weise nicht an jedem Laborarbeitsplatz verwendet werden. Sei es, weil es beengte Raumverhältnisse nicht zulassen oder weil spezielle Anforderungen an ein Experiment dagegen sprechen. Zudem muss für jeden Eintrag der Arbeitsablauf unterbrochen werden. Der Experimentator muss sein Werkzeug zur Seite legen, um Stift, Maus oder Tastatur zu bedienen.

Anders bei MErLiN. Das "Multi-touch-based Electronic reliable Lab-integrated Notebook" kommt ganz ohne zusätzliche Eingabemedien aus und es ist direkt in den Laborarbeitsplatz integriert. "Man könnte auch sagen, MErLiN ist der Arbeitsplatz", sagt Medieninformatikerin und MErLiN Projektleiterin Franziska Maugg. Sein tischgroßes Multi-Touch-Display dient einerseits zur Anzeige und Eingabe von Daten. Andererseits ersetzt es als robuste, gut zu reinigende und sterilisierbare Arbeitsfläche einen Teil der Laborbank.

MErLiN hält alle Versuchsunterlagen genau dort bereit, wo sie gebraucht werden. Ohne zu stören, lässt sich etwa das Protokoll für die Durchführung eines Ver- suchs direkt neben dem Versuchsaufbau platzieren. Biologe oder Laborant können es Schritt für Schritt abarbeiten, erledigte Punkte mit einem Fingertippen abhaken, durch Berührungen oder einfache Gesten weitere Dokumente aufrufen, darin blättern und Ergebnisse ergänzen.

Über standardisierte Schnittstellen können Laborgeräte wie Pipettierroboter, Zeitzähler, Floureszenzmessgeräte oder sogar Etikettendrucker angesteuert und nahtlos eingebunden werden. Umgekehrt lassen sich Prozessdaten oder Messergebnisse aus den Geräten automatisiert in die Dokumentation übernehmen.

MErLiN führt seine Nutzer jedoch nicht nur durch Versuche und Analysen und vereinfacht die Dokumentation. Es unterstützt sie auch bei der Auswertung der Ergebnisse. "Bei MErLiN bekommt jedes Experiment sein eigenes kleines Laborbuch und wird auf der Einstiegsseite als eigenständiges graphisches Element dargestellt", erklärt Maugg. So lassen sich einzelne Experimente schnell auffinden, Ergebnisse ein- und zuordnen oder Beziehungen zwischen verschiedenen Versuchen darstellen. Essenziell dafür: die standardisierte Erfassung aller Daten und die sowohl inhaltlich als auch optisch einheitliche Struktur aller Dokumente.

Maugg und Schöning arbeiten mit ihrem Team derzeit an einem System für bio-medizinische Forschungslabore. Zwar soll es dabei vorerst auch bleiben, aber: "Das Konzept hinter MErLiN ist sicherlich auch interessant für Pharma-, Chemie- oder Physiklabore", könnte sich Schöning gut vorstellen. Ein erster Demonstrator wird bereits in einer Steril-Bank in den Laboren des PAMP getestet.

Quelle: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)