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20.05.2024

06.06.2013

Preis für Weiterentwicklungen in der Magnetresonanz-Tomografie (MRT)

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Jens Frahm, Leiter der Biomedizinischen NMR Forschungs GmbH am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, erhält den diesjährigen Wissenschaftspreis des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Gemeinsam mit der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) ehrt der Stifterverband den Physiker für seine bahnbrechenden Weiterentwicklungen in der Magnetresonanz-Tomografie (MRT). Seine neue FLASH-Technologie machte die MRT zu einem der erfolgreichsten bildgebenden Verfahren: Sie wird heute in Kliniken weltweit routinemäßig eingesetzt. Die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnung wird dem Preisträger am 5. Juni 2013 auf der MPG-Jahresversammlung in Potsdam von Stifterverbandspräsident Arend Oetker und Max-Planck-Präsident Peter Gruss verliehen. "Das FLASH-Verfahren ist ein Parade-Beispiel für die erfolgreiche Anwendung von Grundlagenforschung in der Praxis. Jens Frahm hat damit der medizinischen Diagnostik einen unschätzbaren Dienst erwiesen", so Peter Gruss.

Hat eines der inneren Organe des Unfallopfers Schaden genommen? Warum hat ein Sportler Probleme mit dem Kniegelenk? Könnte bei der Patientin das Nervengewebe krankhaft verändert sein? Diese und andere Fragen klären Mediziner auf der ganzen Welt heutzutage mithilfe der bildgebenden Magnetresonanz-Tomografie. Anders als bei Röntgentechniken ist dieses Verfahren für Patienten völlig unschädlich. Doch bis Mitte der 1980er Jahre war die MRT für den Einsatz in der Medizin noch viel zu langsam: Eine einzelne Schichtaufnahme dauerte Minuten. An dreidimensionale Darstellungen des Körpers war gar nicht zu denken. Möglich wurde dies erst, als Jens Frahm 1985 die schnelle Aufnahmetechnik FLASH (Fast Low Angle Shot) entwickelte. Die Methode beschleunigte MRT-Bilder um mehr als das Hundertfache.

Die MRT-Technik macht sich die Wasserstoff-Atomkerne im menschlichen Körper zunutze. Diese verhalten sich wegen ihres Drehimpulses (dem Kernspin) wie winzige Magnete. Liegt ein Patient in der MRT-Röhre, die ein starkes Magnetfeld erzeugt, richten sich die Wasserstoff-Atomkerne aus. Das MRT-Gerät sendet nun zusätzlich einen kurzen Radiofrequenzpuls im UKW-Bereich aus, der die Kerne aus ihrer geordneten Ausrichtung ablenkt. Bei Rückkehr der Kernspins in ihre Ausgangslage werden Radiowellen aus dem Körper abgegeben, die sich mit empfindlichen Empfangsspulen aufzeichnen lassen. Aus vielfach wiederholten Messungen mit unterschiedlicher Ortskodierung wird dann mithilfe eines Computers ein Bild berechnet. Bis zu Frahms FLASH-Idee waren zwischen den Einzelmessungen jedoch sehr lange Wartezeiten nötig. Mit einem physikalischen Trick gelang es ihm, diese Zwangspausen zu umgehen und die Bildaufnahmezeiten radikal zu verkürzen. Im Jahr 2010 gelang Frahm mit seinen Mitarbeitern ein weiterer großer Durchbruch: FLASH 2. Dafür verwenden die Göttinger eine andere Methode der Datenaufnahme, die mit wesentlich weniger Einzelmessungen auskommt. Möglich macht dies ein neues mathematisches Bildrekonstruktionsverfahren, das Frahms Team entwickelt hat.

Durch FLASH 2 sind die MRT-Aufnahmen nochmals erheblich schneller geworden und benötigen nur noch 1/30 Sekunde. Die neue Technik macht erstmals Echtzeit-Filme vom menschlichen Herzschlag, vom Blutfluss oder von Sprech- und Schluckvorgängen mit 30 Bildern pro Sekunde möglich. Zwar sind die Computer der klinischen MRT-Geräte derzeit noch nicht schnell genug, um die Bilder parallel zur Aufnahme zu berechnen. In Göttingen können die meisten Prozesse aber schon live verfolgt werden. In Kooperation mit Medizinern soll die Echtzeit-MRT rasch in die klinische Erprobung kommen und Schritt für Schritt für die Patienten nutzbar gemacht werden. Damit rücken auch minimal-invasive Eingriffe unter direkter MRT-Kontrolle in greifbare Nähe.

Quelle: Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (MPIBPC)