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10.05.2024

23.03.2012

Wie ändern sich Eigenschaften von Polymeren im Nanometermaßstab?

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Mit dem Doktorandenpreis 2011 des Vereins zur Förderung des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden e. V. (IPF) wird Dr. Michael Erber ausgezeichnet. Er erhält den Preis für seine Dissertation zum Thema "Die glasartige Dynamik von Polymeren mit spezieller Architektur in eingeschränkter Geometrie dünner Filme", die er unter der Betreuung von Frau Prof. Dr. Brigitte Voit an der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften der Technischen Universität Dresden und am Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V. erarbeitet hat.

Hinter dem sehr fachspezifisch anmutenden Titel der Arbeit verbirgt sich eine Fragestellung, die für die Anwendung von neuen polymeren Funktionsmaterialien und Funktionsschichten in Schlüsseltechnologien wie Mikrosystemtechnik und Mikroelektronik, Photovoltaik, Sensorik und Aktorik von essentieller Bedeutung ist. Materialeigenschaften ändern sich ganz wesentlich, wenn die Dimensionen eines Materials sich in den Nanometermaßstab verkleinern. Dieses Phänomen ist seit längerem bekannt und wird für die Dynamik von Polymeren in dünnen Filmen mit unterschiedlichen experimentellen Ansätzen untersucht. Die Ergebnisse der Studien sind durchaus kontrovers, und ein grundlegendes Verständnis konnte bisher noch nicht erreicht werden. Diesem ein Stück näher zu kommen und damit die Grundlagen für weitere Miniaturisierung und Optimierung von Systemen zu schaffen, war Ziel der Arbeit von Michael Erber.

Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Verbundprojektes, das er unter der Leitung von Dr. Klaus-Jochen Eichhorn (Abteilung Analytik des IPF) in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Friedrich Kremer (Universität Leipzig) bearbeitet hat, studierte er erstmals systematisch den Einfluss der Schichtdicke von dünnen (ca. 10-200 nm) Polymerfilmen auf die Glasübergangstemperatur. Die Glasübergangstemperatur ist ein wichtiger physikalisch-technischer Parameter, der u. a. die Stabilität von Polymersystemen maßgeblich beeinflusst.

Für diese umfangreiche Studie wurden definierte Polymersysteme ausgewählt, als Film präpariert und mittels Kombination unterschiedlicher Analysemethoden (spektroskopische Ellipsometrie, dielektrische Spektroskopie, Röntgenreflektometrie) charakterisiert. Ganz wesentlich für die Aussagekraft der Ergebnisse war dabei die strikte Vermeidung von präparativen und experimentellen Einflüssen, welche die glasartige Dynamik beeinflussen können.

Von den Gutachtern und Juroren wird Michael Erber attestiert, die interdisziplinäre Thematik in hervorragender Weise erfasst und bearbeitet zu haben. Als Polymerchemiker hat er moderne und zum Teil neue Synthesewege konzipiert und umgesetzt und damit die als stoffliche Basis benötigten Polymere eigenständig hergestellt: Makromoleküle mit genau eingestellter chemischer Konstitution und molekularer Architektur, unter anderem synthetisch extrem anspruchsvolle hoch- bzw. perfekt verzweigte Polymere (Dendrimere), anhand derer er zeigen konnte, dass weniger die Architektur eines Polymermoleküls, sondern vielmehr die funktionellen Gruppen und zuweilen auftretende thermisch ausgelöste Vernetzungsreaktionen als Ursache für widersprüchliche Messergebnisse vorliegender Studien anzunehmen sind.

Darüber hinaus schuf er die Grundlagen für die analytischen Experimente durch Auswahl und Anpassung von Messmethoden und Gerätetechnik sowie Definition der geeigneten Messparameter. So hat er unter anderem eine spezielle ellipsometrische Methode, die SPR Enhanced Ellipsometry, weiterentwickelt. Damit konnte erstmals das Wachstum von Polymerbürsten, d. h. an einer festen Oberfläche nebeneinander dicht angepfropften Polymerketten, direkt während deren Entstehungsprozess (in-situ) beobachtet werden.

Nicht zuletzt hat Michael Erber, in Kooperation mit den Partnern in Leipzig, in für die Arbeit eines Chemikers fast einzigartiger Weise auch die polymerphysikalischen Aspekte der untersuchten Phänomene in seine Studie einbezogen.

Aus der Verbindung dieser drei Aspekte - Synthese, Analytik und Polymerphysik - bezieht die ausgezeichnete Arbeit von Michael Erber ihre besondere Qualität und eine hohe Aussagekraft als Grundlage für künftige Forschung und Entwicklung von immer kleineren und leistungsfähigeren polymeren Funktionselementen.

Quelle: idw / Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden (IPF)