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29.05.2024


Thema: Re: GC-Kapillar-Beschichtung

Autor(in): Wolfgang Blum am 06. Oktober 2003 um 17:34:17

Antwort auf: GC-Kapillar-Beschichtung eingetragen von R.Floderer am 12. September 2003 um 15:23:34

Sehr geehrte(r) R. Floderer,

durch Zufall bin ich auf Ihre Anfrage und die Antwort von Herrn Brettschneider gestossen.
Ich möchte mich vor allem deshalb in diese Diskussion einschalten, weil sie mir symtomatisch dafür zu sein scheint wie wenig über Kapillar-Säulentechnologie heute noch bekannt ist und was an tiefschürfenden Abhandlung zu diesem Thema in den nächsten Jahren noch auf uns zu kommt.
Das was Herr Brettschneider so salopp als "Steinzeit" der Kapillargaschromatographie bezeichnet war in Wirklichkeit wohl ihre Hochzeit, denn danach ging es nur noch bergab. Um das zu prüfen empfehle ich als einfachen Versuch, die Tabackrauchanalysen von Kurt Grob aus den siebziger (!) und achziger Jahren des letzten Jahrhunders mit heute angeboteten Säulen zu wiederholen. Sie werden ein böses Erwachen erleben.
Verfahren zur Herstellung von mit Polyoxiran beschichteten Kapillaren gibt es zu Genüge und Sie wurden seinerzeit, im Gegensatz zur heutigen Praxis, auch ausführlich beschrieben. Leider müssen Sie sich dazu tatsächtlich "back to the Future&qut; bemühen und bereit sein zu akzeptieren, dass der Träger Fused-Silica keinesfalls das Mass aller Dinge sondern allenfalls ein schlechter Kompromiss ist, der die Gaschromatograhie schliesslich in eine Sackgasse geführt hat.

Die Beschichtung einer Glasoberfläche ist wesentlich einfacher durchzuführen als die einer Fused-Silica Kapillare. Eine mit HCl "geleachte" Glasoberfläche ist reicher an Silanol-Gruppen, weist eine gewisse Topographie auf und ist genau so frei von Metallionen wie Fused-Silca und zudem noch gasdicht (Anmerkung: Fused-Silica ist nicht gasdicht vor allem nicht gegenüber Helium als Trägergas. Siehe: Cahill JE, Tracy DH (1998) Effects of permeation of helium through the walls of fused-silica GC columns. HRC 21:531).
Die von Kurt Grob in "Making and Manipulating Capillary Columns for Gas Chromatography [Hüthig Verlag, Heidelberg 1986]" beschriebenen Verfahren zur Herstellung mittelpolarer Polyoxiran-Beschichtungen basieren alle, mit Ausnahmen der im Appendix beschriebenen Methoden, auf Bariumcarbonat beschichteten Glasskapillaren. Die Verfahren wurden seinerzeit in zahllosen Kursen weitergegeben und funktionieren ausgezeichnet, wenn man weiss, wie es geht. Das herauszufinden kann, trotz umfangreicher Beschreibung, am Anfang etwas schwierig sein, zumal die meisten der damaligen Kursteilnehmenr keine Hilfestellung mehr geben können, da sie sich inzwischen sicher anderen Dingen zugewandt haben.

Einfacher, nämlich direkt auf geleachten und dehydratisiertem Glaskapillaren, geht die Sache wenn Sie verzweigte N,N,N',N'-tetrakis(polyethylene-glycolether)ethylenediamine einsetzen. Die Beschichtung weist die gleiche Polarität auf wie ein lineares Carbowax, aber die Benetzungseigenschaften der verzweigten Polymere sind viel besser. Diverse N,N,N',N'-tetrakis(polyethylene-propylene-glycolether)ethylenediamine werden grosstechnisch hergestellt und von der ICI unter dem Handelsnamen "Tetronics" vertrieben. Das Verfahren finden Sie unter: [W. Blum 1987 Preparation of inert glass capillary columns coated with industrially produced N,N,N',N'-tetrakis(polyethylene-glycolether)-ethylenediamines, HRC. & CC 10:97-100].

Was die Bewertung von Glaskapillarsäulen anbetrifft nur keine Berührungsängste. Vielleicht interessiert es Sie in diesem Zusammenhang zu hören, dass selbst in einer Firma wie Novartis, sicher unverdächtigt einer Steinzeitanalytik verhaftet zu sein, viele GC Applikationen immer noch ausschliesslich auf Glaskapillarsäulen durchgeführt werden, aus dem einfachen Grunde, weil Fused-Silica Kapillaren den gewünschten Anwendungsbereich bei weitem nicht abdecken und den Ansprüchen an gute GC-Kapillarsäulen einfach nicht genügen wollen.

Mit freundlichen Grüssen

W. Blum

Abs.: Dr. W. Blum
Novartis Institutes of Biomedical Research
WKL-121.200
CH4002 Basel