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08.05.2024

25.01.2024

Was für 'ne Flasche

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Bierflaschensammlung
Bierflaschensammlung (Bild: pxhere [CCO])
Auch wenn der Bierkonsum der Deutschen laut Statista rückläufig ist, belegen wir nach wie vor einen der oberen Plätze im Bierverbrauch Ranking. Im privaten Bereich genießen wir unser Bier gut gekühlt, meist aus der Mehrweg-Glasflasche. Ein Alltagsprodukt mit spannender Geschichte.

Am 20. Januar 1834 wurde der deutsche Chemiker Adolph Frank geboren. Er war hauptberuflich mit der Entwicklung von Düngemitteln aus Kalisalzen beschäftigt. Möglicherweise war er begeisterter Biertrinker, denn er hatte die Idee, Bier in braune Flaschen abzufüllen, um den Inhalt vor der Einwirkung von Licht zu schützen.

Tageslicht ist nämlich einer der größten Feinde des Bieres, vor allem in Verbindung mit fehlender Kühlung. Riecht das Bier muffig, so hat es möglicherweise einen Lichtschock (so der Fachbegriff) erlitten.

Setzt man helles Bier dem Tageslicht aus, entsteht ein schwefelhaltiges Terpenoid namens 3-Methyl-2-buten-1-thiol (MBT), das - wie die meisten schwefelhaltigen Verbindungen - einen ziemlich unangenehmen Geruch hat. MBT entsteht durch die Zersetzung der im Bier enthaltenen iso-Alphasäuren. Diese Zersetzungsprodukte reagieren dann mit der schwefelhaltigen Aminosäure Cystein weiter zu MBT.

Muffiges, stinkiges Bier mit unerwünschten Fehlaromen möchten natürlich weder die Braumeister noch die Konsumenten vorfinden. Daher sollten alle Beteiligten Adolph Frank dankbar sein, der herausfand, dass Braunglas den höchsten Schutz gegen UV-Strahlung bietet. Denn braunes Glas absorbiert 60-90 % des Lichtes, während die grüne Flasche gerade mal 30-40 % absorbieren kann. Die braune Farbe erhält das eigentlich farblose Glas durch Natriumsulfat und Eisenoxid.

Bereits 1860 führten Münchner Brauereien eine genormte 1-Liter-Flasche ein, die zunächst mit einem Drehverschluss oder dem 1875 vom Berliner Carl Dietrich patentierten Bügelverschluss mit Porzellankopf verschlossen wurden. Der heute noch gebräuchliche Kronkorken geht auf eine Erfindung des Amerikaners William Painter zurück, der sich 1892 seine Idee zu einem Verschluss aus einer mit Korken abgedichteten Weißblechscheibe patentieren ließ.

Anfang des 20. Jahrhundert entwickelte der amerikanische Erfinder Michael Joseph Owens eine automatische Glasblasmaschine zur Hohlglasproduktion, die mehr als 10.000 Flaschen am Tag herstellen konnte. Diese Erfindung schaffte es 1908 nach Deutschland.

Da die Glasflaschen recht teuer waren, etablierte sich schon früh ein Pfandsystem, das in Teilen bis heute Bestand hat. Zunächst war die sogenannte Euroflasche die Standard-Bierflasche. Nach und nach entwickelten sich allerdings aus marketingstrategischen Gründen immer mehr verschiedene Flaschentypen. Mittlerweile gibt es neben unterschiedlichen Formen und Farben (trotz des schlechteren Lichtschutzes) auch solche Flaschen, die den Namen der Brauereien eingeprägt haben.

Damit bröckelt die eigentlich sehr gute Ökobilanz der Mehrweg-Bierflasche. Häufig landen die Pfandflaschen unsortiert bei den Brauereien. Durch das individuelle Design müssen sie mit erheblichem Personalaufwand mühselig nach- und aussortiert werden und anschließend oft lange Wege zu ihrer Stammbrauerei zurücklegen, denn es ist in Deutschland nicht erlaubt, intakte Pfandflaschen ohne Grund einzuschmelzen. Damit sie wieder befüllt werden können, fahren Brauereien also palettenweise leere Flaschen quer durch Deutschland.

Noch bis zu den 1990er Jahren gab es genau drei verschiedene Flaschentypen: Euro-, NRW- und Stubbi-Flasche. So konnten sich alle Brauereien aus einem gemeinsamen Flaschenpool bedienen und die Flaschen mussten erheblich weniger "Leer-Kilometer" zurücklegen. Mittlerweile gibt es mehr als 100 Flaschentypen. Damit sind Bierflaschen kein Transportgut mehr, das man solidarisch teilt, sondern personalisiertes Werbemittel zur Kundenbindung. Mit den genannten (Transport-)Folgen für die Umwelt.

Der Werbetexter Frank Merkl hat es auf den Punkt gebracht:

Man muss es so einfach machen, dass man es einfach machen muss.
Frank Merkl (*1970)
Leider ist das Sortieren von Bierflaschen eben nicht mehr so einfach. Aber vielleicht greifen Sie bei Ihrer nächsten Bierkiste zur regionalen Sorte oder achten auf eine neutrale Flasche ohne persönliche Prägung? Gerne auch darauf, die Bierkiste ordentlich sortiert in den Pfandautomaten zu schieben und natürlich darauf, dass es in braunen Flaschen abgefüllt wurde, damit ihr Bier gut vor dem gefürchteten Lichtschock geschützt ist.

» Lange Wege für Bierflaschen

» Die verschiedenen Bierflaschen im Überblick

Autor:  

Anke Fähnrich

Anke Fähnrich


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