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20.05.2024

20.12.2023

Plätzchenzeit

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Plätzchen
Bild: pixabay [CCO]
Kurz vor Ende des Advents lohnt sich ein Blick auf einen der schönsten Bräuche dieser Zeit: das Plätzchen. Auch wenn unzählige Sorten dieser kleinen süßen Leckerei schon seit Anfang September in den Regalen der Lebensmittelketten liegen, so ist doch die selbstgebackene Version immer etwas Besonderes. Ob perfekt geformt und akkurat verziert oder durch eifrige Kinderhändchen krumm und schief, aber liebevoll mit einem Haufen bunter Streusel übergossen - es geht nichts über ein Plätzchen im Advent.

Der Begriff Plätzchen leitet sich im Übrigen von dem lateinischen Wort "Placenta" ab, was nichts anderes als "Kuchen" bedeutet. In manchen Regionen findet man auch heute noch die Bezeichnung "Platz" für süßes Hefebrot oder einen flach geformten Kuchen.

Die aus einem "Platz" ausgestanzten oder ausgeschnittenen kleinen Stückchen erhielten folgerichtig den Namen "Plätzchen". - Nicht zu verwechseln mit dem das ganze Jahr über erhältlichen Keks, der sich aus dem "English cake" entwickelt hat; dem süßlichen Dauergebäck, das die Briten zum Tee lieben. Das englische Wort "cakes" wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Herman Bahlsen eingedeutscht und somit zum "Keks".

Wo das Plätzchen genau seinen Ursprung hat, ist nicht abschließend geklärt. Eine Theorie besagt, dass die winterliche Backtradition aus vorchristlicher Zeit stammt, in der Kelten und Germanen in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezember die Wintersonnenwende feierten. Um die Häuser vor Geistern zu schützen, mussten Tieropfer gebracht werden. Und um die Tiere zu schützen, opferte man stattdessen kleine, aus Teig gebackene Duplikate der Tiere.

Ob sich die christliche Tradition der Weihnachtsplätzchen dieses heidnischen Brauchs bedient hat, oder sich von kleinen Gebäckstücken ableitet, an denen man herumknabbern konnte, um in der adventlichen Fastenzeit seinen größten Hunger zu stillen, ist ebenfalls nicht eindeutig belegt. Andere Forscher vermuten, dass die Bewohner der reichen mittelalterlichen Klöster mit aufwendigen Backwaren der Geburt Christi gedachten. Da die Zutaten, die ein echtes Weihnachtsplätzchen ausmachen - Zucker und Gewürze - für die gewöhnliche Bevölkerung unerschwinglich waren, wurde das Gebäck als Almosen unter den Armen verteilt.

Einige typische "Weihnachtsgewürze" fanden erst durch die Kolonialzeit im 15. Jahrhundert den Weg nach Europa. Das hellbraune Duftholz des Zimtbaums aus Sri Lanka, dem einstigen Ceylon, haben wir dem portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama zu verdanken. Die Samenschote der zu den Orchideen zählenden Vanille-Pflanze fand etwas später den Weg von Mexiko über Spanien in unsere Breitengerade. Vorher bediente man sich an Anis, Muskat, Nelken und Kardamom, die bereits zuvor ihren Weg von Ost- und Zentralasien über die Seidenstraße in unsere Gegend gefunden hatten. Sie galten als exquisit und waren als Statussymbol der gehobenen Gesellschaft teuren Stoffen und Edelsteinen gleichgestellt.

Im kleinen Plätzchen spiegelt sich die ganze große Welt.
Christiane Cantauw (*1964)
sagte Alltagskulturforscherin Christiane Cantauw in einem Spiegel-Interview im Jahr 2021. Damit hat sie wohl recht. Aber außer der ganzen großen Welt spiegelt sich auch eine Menge an Gemütlichkeit und Vorfreude auf Weihnachten in diesen kleinen Kunstwerken. In diesem Sinne wünschen wir von Analytik NEWS unserer Leserschaft Plätzchen-reiche Weihnachten mit fröhlichen Feiertagen oder einfach ein paar ruhige Stunden der Besinnung.

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Autor:  

Anke Fähnrich

Anke Fähnrich


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