09.11.2023
Künstliche Intelligenz - großer Wurf oder große Gefahr?
- Bid: pikist [CCO]
Am Gipfel nahmen Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft - Tech-Manager wie Elon Musk und Sam Altman, CEO von Open AI - aus 28 Ländern teil. Bemerkenswert ist, dass neben den USA, Kanada, Australien und Brasilien, Großbritannien und den Ländern der EU auch Vertreter aus China, Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten teilnahmen.
Wichtigstes Ergebnis des Gipfels war die Unterzeichnung der Bletchley Declaration zur KI-Sicherheit. In dieser Erklärung werden Chancen und Gefahren von KI-Anwendungen beschrieben. Daneben enthält sie ein gemeinsames Bekenntnis zur verantwortungsvollen und sicheren Nutzung von KI. Die Erklärung fordert KI-Entwickler auf, ihre Pläne zur Überwachung und Eindämmung potenziell schädlicher Auswirkungen ihrer Programme offenzulegen und für die Folgen verantwortlich zu sein. Außerdem sollen die Unterzeichnerstaaten die wissenschaftliche Erforschung von KI-Risiken fördern und einen globalen Dialog über ethische und rechtliche Fragen führen.
Das liest sich zunächst mal ganz gut. Allerdings ist die Erklärung nicht bindend und enthält keine konkreten Maßnahmen oder Sanktionen. Aus der Auswahl der oben genannten teilnehmenden Regierungsvertreter lässt sich schon vermuten, dass die Einschätzung und Beurteilung ethischer und rechtlicher Fragen ziemlich unterschiedlich ausfallen wird. Allein der Umgang mit sensiblen Daten und Datenschutz wird voraussichtlich zu langen und kontroversen Diskussionen führen.
Zu Beginn der Bletchley-Erklärung heißt es. Die KI habe "das Potenzial, das menschliche Wohlergehen, den Frieden und den Wohlstand zu verändern und zu verbessern." Betrachtet man die naturwissenschaftliche und medizinische Forschung, so hilft KI hier unbestritten, schneller und besser konkrete Ergebnisse zu generieren und auszuwerten oder Symptome von seltenen Krankheiten zu analysieren. Meteorologen setzen KI bereits bei der Analyse von Wetterdaten und für Frühwarnsysteme oder Klimamodelle ein. Und auch im Alltag erleben wir KI: bei Chatbots, der Bildverbesserung und Autokorrektur. Letztere zeigt uns - wenn auch in einem sehr beschränkten Rahmen - des Öfteren deutlich die Grenzen einer KI auf, aber auch, wie lernfähig sie ist.
Weiter steht in der Erklärung, dass man sich für eine KI einsetzen wolle, die "in einer sicheren, auf den Menschen ausgerichteten, vertrauenswürdigen und verantwortungsvollen Weise konzipiert, entwickelt, eingesetzt und genutzt werden soll". Auch das liest sich sehr gut. Allerdings ist bereits sehr viel KI im Einsatz, die eher das Gegenteil bewirkt: Kameras, die in der Stadt verdächtige Bewegungsmuster per intelligenter Videoüberwachung erfassen. Gezielte Manipulation oder Desinformation durch Deepfakes oder die versehentliche oder beabsichtigte Diskriminierung von Menschen durch Algorithmen beispielsweise bei Bewerbungsverfahren.
Vor allem kommt auch die Einhaltung der Menschenrechte in der Bletchley-Erklärung über eine wachsweiche Absichtserklärung nicht hinaus.
Nie kommt es auf eine Technik an, sondern immer nur auf denjenigen, der die Technik handhabt, auf den Geist, in dem sie gehandhabt wird.
Viktor Frankl (1905-1997)
Immerhin: anders als bei anderen bahnbrechenden technologischen Neuerungen wie Kunststoffe, Atomenergie oder "Wunderchemikalien" wie DDT, Glyphosat, Bisphenole oder PFAS, machen sich die Verantwortlichen bereits im Vorfeld Gedanken über Auswirkungen und mögliche Spätfolgen der neuen Technologie; gemeinsam und über Länder- und Systemgrenzen hinweg. Gewünscht wird von den Beteiligten ein Rat, entsprechend dem Weltklimarat IPCC. Das ist ein frommer Wunsch! Ich wünsche mir zusätzlich, dass ein entsprechender Welt-KI-Rat deutlich bissiger wird als der zahnlose Tiger IPCC und mehr zu bieten hat, als bloße Absichtserklärungen.
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