15.06.2023
Einfach genial!
- Bild: pixabay [CCO]
Zudem ist vielen nicht bewusst, wie gefährlich der Kugelschreiber ist. Unterschiedlichen Quellen zufolge sterben in Deutschland pro Jahr 100 bis 300 Menschen durch Kugelschreiber - meist durch versehentliches Verschlucken von Kuli-Teilen. Das sind deutlich mehr, als jährlich durch Schusswaffen, oder Blitzschläge ums Leben kommen.
Das maßgebliche Patent zum heute noch verwendeten Schreibgerät wurde vor 80 Jahren, am 10. Juni 1943, in Argentinien dem ungarischen Tüftler Lászlo Bíró erteilt. Vermutlich war Bíró seinerzeit genervt von den bis dato gängigen Schreibgeräten. Man hatte die Auswahl zwischen einem Bleistift, der leicht abbrach und dessen Mine sich schnell abnutzte, so dass er ständig gespitzt werden musste und dem Füllfederhalter. Dieser wiederum trocknete aus, verwischte nach dem Schreiben, wenn die Tinte nicht schnell genug trocknete und verursachte immer wieder unschöne Tintenkleckse auf dem Schreibpapier. Schon Johann Wolfgang von Goethe wusste: "Die Tinte macht uns wohl gelehrt, doch ärgert sie, wo sie nicht hingehört. Geschrieben Wort ist Perlen gleich; ein Tintenklecks ein böser Streich."
Vielleicht nahm Bíró bereits existierende Prototypen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert als Vorlage. Aber auch die Rotationswalzen in seiner Druckerei oder eine durch eine Pfütze rollende Murmel, die nach der Pfütze eine feuchte Spur hinterließ, haben ihn möglicherweise inspiriert.
Wenn wir etwas einfach genial finden, ist es meistens genial einfach!
Gudrun Zydek (*1944)
Ist sie zu dünnflüssig, läuft sie am Kugelspalt heraus, eine zu viskose Tinte führt dazu, dass das Schriftbild uneinheitlich ist und dickere Tintentropfen entstehen, die genauso verschmieren, wie die Tinte aus dem Füller. Auf dem Papier muss sie schnell trocknen, nicht aber innerhalb der Mine. Mithilfe eines Budapester Chemikers gelang es Bíró schließlich, eine geeignete Tintenpaste auf Ölbasis zu entwickeln.
Mittlerweile gibt es unzählige Tinten-Variationen in verschiedenen Farben. Alle sind ein gut gehütetes Geheimnis der Herstellerfirmen. Sie bestehen grundsätzlich aus Farb- oder Pigmentpartikeln, die beispielsweise in Benzylalkohol oder Phenoxyethanol, Ölsäure und Tensiden wie Alkylalkanolamid suspendiert sind, um eine glatte, farbintensive Tinte zu erzeugen, die schnell trocknet.
Neuzeitliche Kugelschreiber müssen sich allerdings auch den Richtlinien zu Gesundheits- und Umweltschutz unterwerfen. So gibt es mittlerweile patentierte, nicht gesundheitsschädliche Tinte ohne aromatische Amine und Gehäuse aus kompostierbarem Bioplastik. Einige Anbieter haben auch die austauschbare Mine neu entdeckt, die mit der Etablierung des Kugelschreibers als billige Massenware in Vergessenheit geraten war.
Nicht erst seit dem Smartphone sind wir gewohnt, dass Geräte nicht nur eine einzige Funktion haben. Um den einfachen Kugelschreiber wieder interessanter zu machen, gibt es daher, neben den schon lange beliebten Exemplaren mit unterschiedlich farbigen Minen, mittlerweile Kugelschreiber mit eingebautem Laserpointer, Touch Pen oder Textmarker und sogar solche mit integriertem USB-Stick. Aber auch ohne diese zusätzlichen Features sind Kugelschreiber immer noch beliebte Werbeträger und -geschenke und als solche allgegenwärtig.
Wenn Sie also einen ganz gewöhnlichen Einweg-Werbe-Kugelschreiber in Ihrer Schreibtischschublade oder Handtasche beherbergen, betrachten Sie ihn mit dem gebührenden Respekt. Schließlich handelt es sich dabei um ein genial einfaches kleines technisches Meisterwerk mit 80-jähriger Erfolgsgeschichte.
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