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20.05.2024

09.03.2023

So ein Müll!

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Müll
Bild pixabay [CCO]
Deutschland wird immer wieder als "Weltmeister der Mülltrennung" bezeichnet. Allerdings belegen wir auch immer einen der oberen Plätze bei der Müllerzeugung, Tendenz steigend. Laut einer aktuellen Auswertung von destatis lagen die Deutschen im Jahr 2021 auf einem unrühmlichen Platz 4 im europaweiten Vergleich.

Vielleicht verführt uns die Möglichkeit des Mülltrennens ja zu unserem hohen pro-Kopf-Müll. Schließlich haben wir am Ende der Woche ja nur ein kleines Beutelchen mit sogenanntem Restmüll. Alles andere sortieren wir - deutscher Gründlichkeit sei Dank - brav in die Biotonne, den Altpapier- oder den Glascontainer und natürlich in die Wertstofftonne bzw. den "Gelben Sack". Gefühlt haben also keinen Müll, sondern die Grundlage für das Recycling produziert. Alles bestens?

Leider nein. Verbundverpackungen wie Tetrapaks oder Verpackungen aus Kunststoffgemischen, sogenannter Multi-Kunststoff, können gar nicht oder nur mit erheblichen Arbeits- und Energieaufwand zur Wiederverwertung aufbereitet werden. Insgesamt sind nur sehr wenige Materialien dafür geeignet, in nahezu gleichwertiger Qualität wieder in den Kreislauf zu gelangen. Auch die sortenrein gesammelten, weil mit Pfand belegten, Einweg-PET-Flaschen werden nur zu etwa einem Viertel zu neuen Flaschen. Der Rest endet als Kunststofffaser, Folie oder landet - teilweise illegal - im Ausland. In der Regel werden minderwertigere oder einfache Produkte aus recyceltem Müll hergestellt. Es geht zwar auch anders, aber immer mit Einschränkungen:

  • Aus Bioabfall kann wertvoller Kompost werden. Allerdings nur, wenn er nicht mit Plastiktüten, Windeln, Zigarettenkippen oder anderen Fremdstoffen verunreinigt ist.
  • Pappe und Papier sind ebenfalls wertvolle Rohstoffe, die gut recycelt werden können. Aber nicht, wenn Tetrapaks, beschichtete Kaffee-to-go-Becher oder Bäckertüten mit Klarsichtfolie mit in der Papiertonne landen.
  • Auch Glas kann mit einem sinnvollen Kosten/Nutzen Verhältnis gut recycelt werden - wenn nicht Leuchtmittel, Trinkgläser, Spiegel oder Bleikristall die Chargen verunreinigen und manchmal sogar unbrauchbar machen.
Letztendlich wird ein erheblicher Anteil des sorgfältig gesammelten und getrennten Mülls dem thermischen Recycling zugeführt und dient der Energiegewinnung. Ein schöner Begriff für die Entsorgung im Heizkraftwerk der Müllverbrennung.

Leider machen wir uns das bei unserem Wocheneinkauf nicht immer bewusst. Es ist zugegebener Maßen schwierig, allen Verpackungen aus dem Weg zu gehen. Nicht jeder hat einen Unverpackt-Laden um die Ecke oder die Zeit, auf den Wochenmarkt zu gehen oder den Hofladen aufzusuchen. Glücklicherweise tut sich langsam aber sicher auch in den Lebensmittelmärkten und Discountern etwas. Viel zu langsam zwar, aber mittlerweile gibt es eine gute Auswahl an unverpacktem Obst und Gemüse und bei einigen Geschäften sogar die Möglichkeit, sein eigenes Behältnis für die Käse- oder Fleischtheke mitzubringen und dort auch befüllen zu lassen.

Bedauerlicherweise ist die Getränkeindustrie noch nicht auf diesen Trend aufgesprungen. Neben großen Limonaden-Herstellern bieten auch lokale Mineralwasserabfüller viel zu häufig - man hat das Gefühl: immer häufiger - ihre Getränke in PET-Einwegflaschen an. Auch die eine Zeitlang fast verschwundene Getränkedose aus Aluminium erfährt eine Renaissance und ist wieder vermehrt in den Regalen zu finden. Dabei ist sie der eindeutige Negativrekordhalter, was den Energiebedarf bei Herstellung angeht und auch sie erfährt bei der Wiederverwertung meist ein Downcycling.

Was bedeutet das alles jetzt für unseren Umgang mit dem Müllproblem? - Kilometerweit mit dem Auto fahren zu müssen, um verpackungsfrei direkt beim Erzeuger zu kaufen, kann ja auch nicht die Lösung sein. Den gesamten Müll wieder in eine einzige Tonne zu schmeißen, weil sich Recycling schließlich doch nicht lohnt und sowieso die Hälfte des sortierten Mülls verbrannt wird, wäre ebenfalls keine gute Alternative, sondern kontraproduktiv.

Ich denke, wenn jeder für sich beschließt, an seinem persönlichen Müllaufkommen zu arbeiten und nach den ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten darauf achtet, Müll zu vermeiden, bevor er entsorgt werden muss, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, ob dieser Weg ein schmaler Trampelpfad bleibt oder eine vierspurige Autobahn wird. Gemäß dem Vorschlag des Dichters Goethe:

Jeder kehre vor seiner Tür und die Welt ist sauber!
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

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» Müll trennen - aber richtig

» Probleme beim Recycling von Kunststoffen

Autor:  

Anke Fähnrich

Anke Fähnrich


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