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30.04.2024

28.07.2023

Quantifizierung von Entzündungsproteinen mit NMR-Spektroskopie

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Die Analyse der Gesamtheit aller kleinen Moleküle eines Organismus, des Metaboloms, hat ein großes Potenzial für die medizinische Diagnostik. Ein deutsches Forschungsteam nutzt dafür Kernresonanz-Spektroskopie (NMR).

In einer Studie quantifizierten sie Akute-Phase-Proteine aus Serumproben, die als Marker für entzündliche Krankheiten dienen können. Mehrere diagnostische Parameter können so aus einer einzigen kurzen NMR-Messung erhalten werden.

Neben Genomik und Proteomik etabliert sich die Metabolomik als weitere Säule für die biomedizinische Forschung und Diagnostik. Körperflüssigkeiten, z.B. Blut, sind jedoch sehr komplexe Mischungen nur zum Teil bekannter Verbindungen - entsprechend schwierig und aufwändig ist eine metabolomische Analyse. Das Team um Ulrich L. Günther und Alvaro Mallagaray verwendet fortgeschrittene NMR-Techniken, um das Metabolom von Zellen und Organismen mit Krankheiten in Verbindung zu bringen.

Die NMR-Spektroskopie (NMR: nuclear magnetic resonance) basiert auf dem - je nach chemischer Umgebung unterschiedlichen - Verhalten magnetisch aktiver Atomkerne, vor allem Wasserstoff (1H) und Kohlenstoff (13C), unter dem Einfluss eines starken äußeren Magnetfeldes. Darauf basierend lassen sich Messwerte und charakteristische Spektren erhalten. In der Diagnostik wird das Prinzip auch in Form der MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie) genutzt, um Gewebestrukturen abzubilden.

NMR-Untersuchungen von Blutserum hatten in anderen Studien Signale von speziellen Kohlenhydrat-Bausteinen ergeben (Acetyl-Resonanzen von N-acetylierten Kohlenhydraten), die mit Akute-Phase-Glycoproteinen in Zusammenhang stehen. Diese kohlenhydrathaltigen Proteine treten im Rahmen starker Immunreaktionen bei akuten Entzündungen auf. Neben ihrer Konzentration im Blut ändert sich auch ihr Glycosylierungsmuster, d.h. die Art, Anzahl und Anordnung ihrer Kohlenhydrat-Bausteine kann sich in einer für die vorliegende Krankheit spezifischen Weise ändern.

Das Team setzte eine Reihe von NMR-Verfahren ein, mit denen ihnen eine umfassende Zuordnung der NMR-Signale von menschlichem Serum gelang. Dabei kommen sie u.a. zu der Schlussfolgerung, dass die beiden stärksten Signale, als Glycoprotein A und B bezeichnet, von N-Acetylneuraminsäure- bzw. N-Acetylglucosamin-Bausteinen stammen - und widersprechen damit einer in einer anderen Studie aufgestellten Theorie. Mittels sog. diffusionseditierter NMR-Experimente wiesen sie nach, dass die Komponenten dieser Signale mit spezifischen Akute-Phase-Proteinen in Verbindung gebracht werden können.

"Die NMR kann simultan mehrere Akute-Phase-Entzündungsproteine in Blutserum quantifizieren," so Ulrich L. Günther. "In nur 10 bis 20 min wird eine NMR-Signatur der Metabolomik mit signifikantem diagnostischem Potenzial erhalten." Das Team von den Universitäten Lübeck und Oldenburg, den Universitätskliniken Greifswald und Lübeck, dem Herzzentrum Lübeck sowie dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (Greifswald und Lübeck) konnte dies am Beispiel von Serumproben von Patienten mit COVID-19 oder mit kardiogenem Schock, einer gefährlichen Begleiterscheinung z.B. von Herzinfarkten, zeigen. Im Vergleich zu Gesunden fanden sie signifikante Änderungen bei verschiedenen spezifischen Akute-Phase-Proteinen in den Blutproben. "Im Fall der Parkinson'schen Krankheit liefert unsere Methode geradezu eine Ja-Nein-Diagnose, da an Parkinson Erkrankte eine ganz bestimmte Glycosylierung im Blut aufweisen, die bei Gesunden nicht vorkommt," ergänzt Günther.

» Originalpublikation

Quelle: Angewandte Chemie