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17.05.2024

21.04.2023

Photokatalyse: grüner Wasserstoff aus der Natur

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Grüner Wasserstoff könnte eine Schlüsselrolle in der Energiewende spielen. Die elektrokatalytische Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff erfordert jedoch sehr viel Strom, wodurch der Wirkungsgrad der Energieumwandlung - vor allem im Vergleich zu fossilen Quellen - sehr gering ist.

Der Materialwissenschaftler Dr. Pablo Jiménez Calvo, Marie-Sklodowska-Curie-Postdoktorand am Department Werkstoffwissenschaften der FAU, forscht an einer alternativen Methode: der Photokatalyse.

Die Photokatalyse nutzt Sonnenlicht als Aktivierungsenergie für chemische Umwandlungen. Vorbild ist die Photosynthese, bei der Wasser und Kohlendioxid mithilfe von Chlorophyll in einem einzigen Schritt in Glukose und Sauerstoff umgewandelt werden. Das Faszinierende an der Photokatalyse ist ihre Einfachheit: Sie erfordert nur Licht, einen Katalysator und Wasser. Das Prinzip der photokatalytischen Wasserspaltung wurde bereits 1972 in einer bahnbrechenden Veröffentlichung von Honda und Fujishima nachgewiesen.

Die Idee ist, dieses Konzept weiterzuentwickeln und dabei Materialien auf Kohlenstoffbasis zu nutzen, die prinzipiell preiswerter, ungiftig und leicht skalierbar sind. Wasserstoff wird überwiegend mit dem Betrieb von Brennstoffzellen in Verbindung gebracht, allerdings kann er wie jeder andere gasförmige Brennstoff auch zur Wärmeerzeugung in einem Heizkessel oder als Treibstoff in Verbrennungsmotoren von Autos genutzt werden.

Verbessertes Konzept

Die Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff ist sehr energieintensiv, deshalb wird grüner Wasserstoff vorzugsweise dort hergestellt, wo erneuerbare Energien gut verfügbar sind. Aus diesem Grund sind afrikanische Länder vielversprechende Standorte für große Photovoltaik-Technologieparks.

Der Transport von Wasserstoff über große Entfernungen kann jedoch sowohl aus geopolitischer als auch aus ökologischer Sicht problematisch sein. Der zweite Nachteil der vermeintlich idealen Elektrokatalyse besteht darin, dass zwei getrennte Systeme erforderlich sind: eine Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung und ein Elektrolyseur zur Wasserspaltung.

Jiménez erforscht Alternativen an der Schnittstelle von Materialwissenschaften und Verfahrenstechnik. Bereits als Postdoktorand am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) im französischen Orsay hat er die Konstruktion eines neuartigen kompakten Reaktors geleitet, der eine höhere Quantenausbeute und Wasserstoffrate aufweist als Reaktoren in früheren Studien.

In der Materialentwicklung konzentriert er sich hauptsächlich auf Kohlenstoffnitride, möchte aber im Rahmen meines Marie-Curie-Projekts weitere Funktionsmaterialien für verschiedene Modellreaktionen vorschlagen. Dazu gehören modifizierte Synthesebedingungen, die Verankerung von bi-, monometallischen und molekularen Katalysatoren auf der Oberfläche und die Kopplung mit Oxidhalbleitern zur Erzeugung von Heteroübergängen.

Die Effizienz von Pflanzen sollte dabei nicht unterschätzt werden. Für die Herstellung von Glukose wird ähnlich viel Energie benötigt wie für die Spaltung von Wasser: 1,24 gegenüber 1,23 Elektronenvolt. Das Prinzip funktioniert, die Frage ist nur, welche Effizienzschwelle erreicht werden kann und wie die Systeme skaliert werden können, um den Bedarf eines Industrielandes wie Deutschland zu decken.

Aktueller Entwicklungsstand

Die Entwicklung ist weit fortgeschritten. In der Wiley-Zeitschrift "Global Challenges" wurden kürzlich zusammen mit einem internationalen Autorenteam drei photokatalytische Systeme vorgestellt, die in Asien und Europa getestet werden. Das bereits erwähnte französische Projekt - der kompakte Edelstahlreaktor - befindet sich im Labormaßstab, bei den beiden anderen handelt es sich um Pilotanlagen.

Die erste Anlage, die derzeit im spanischen Almeria getestet wird, besteht aus einem Parabolkollektor, der kommunale Abwässer zur Wasserstofferzeugung nutzt. Dieser Ansatz ist besonders interessant, da er die Erzeugung von grüner Energie mit der Abwasseraufbereitung verbindet. Die zweite Pilotanlage wurde an der Universität Tokio entwickelt: ein Paneelsystem mit 1600 Katalysatoreinheiten und einer Fläche von einhundert Quadratmetern. Dieses Konzept beweist, dass Photokatalyse-Module bereits in größerem Maßstab eingesetzt werden können.

Leider kann in naher Zukunft noch nicht mit einer breiten Anwendung gerechnet werden. Auch wenn die vorgestellten Systeme grundsätzlich funktionieren und seit einigen Monaten stabil laufen, wird derzeit ein Wirkungsgrad von etwa einem Prozent erreicht. Das ist natürlich noch zu wenig - das Ziel ist eine Wasserstoff-Produktionseffizienz zwischen fünf und zehn Prozent.

Geraucht wird ein verbessertes Reaktordesign und eine Prozessoptimierung, aber vor allem effizientere Katalysatoren. Hier spielen die Materialwissenschaften eine entscheidende Rolle, und eine beträchtliche Anzahl von Forschenden trägt aktiv zu Fortschritten auf diesem Gebiet bei.

Die größten Herausforderungen

Photokatalysatoren müssen zwei zentrale Aufgaben erfüllen: Erstens müssen sie ein breites Spektrum von Sonnenlicht absorbieren und möglichst viele angeregte Elektronen und positive Löcher freisetzen. Leider haben diese Elektronen-Loch-Paare die Tendenz zur Rekombination.

Der zweite Schritt, die eigentliche chemische Reaktion, passiert an der Oberfläche - in diesem Fall an der Grenzfläche zwischen Katalysator und Wasser: Hier finden verschiedene Halbreaktionen statt, bei denen Elektronen abgegeben und aufgenommen werden.

Die aktuelle Forschung konzentriert sich auf diesen Grenzflächenkontakt zwischen Katalysator und Reaktionsmedium mit ausgeklügelten Materialstrategien. Dazu gibt es verschiedene Ansätze:

  • Bei dem japanischen Paneelsystem wurde jede Tafel mit aluminiumdotiertem Strontiumtitanat besprüht, einem der aktuell effizientesten Photokatalysatoren. Die Wasserstoff-Abscheidung erfolgt an einer Membran aus Polyimid.
  • Die Kollegen in Spanien testen eine Verbindung aus Titanoxid und Stickstoff und eine weitere aus Cadmium, Zink und Schwefel - jeweils in Kombination mit Platin.
  • Jinénez selbst forsche an Materialien auf der Basis von Kohlenstoffnitrid, die mit kleinen anorganischen Verbindungen modifiziert sind. Mit solchen Antennen lassen sich herkömmliche Materialien für eine Vielzahl von Anwendungen funktionalisieren. Ein konkretes Beispiel ist lokale Dotierung mit Purpald, einer Schwefelvorstufe, was zu einer hybriden Kohlenstoff-Stickstoff-Schicht führt. Im Vergleich zu reinem Kohlenstoffnitrid weist diese Kombination verbesserte optische, elektronische, strukturelle und morphologische Eigenschaften auf.

» Originalpublikation

Quelle: Universität Erlangen-Nürnberg