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19.05.2024

21.03.2023

Wie misst man Klimaerwärmung?

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Als 2015 bei der Weltklimakonferenz 195 Nationen das "Pariser Klimaabkommen" unterzeichneten, wurde das als großer Erfolg gewertet. Das gemeinsame erklärte Ziel war es, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Seitdem verfolgen Politik und Industrie unterschiedliche Wege, um die daraus folgende Reduzierung der CO2-Emissionen zu erreichen.

Zwischen allen Parteien und Beteiligten wird um die richtige Lösung gestritten, dabei spielen verschiedene Rechenmodelle und Annahmen eine große Rolle, aber am Ende geht es immer um möglichst konkrete Zahlen und Daten und mögliche Einsparungen.

Aber woher kommen diese Daten, was können wir wissen und woher? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, spielen Mess- und Automatisierungstechnik eine zentrale Rolle. Denn ohne eine fundierte Grundlage können wir keine fachkundige Entscheidung treffen. Hier sind viele Ingenieure in ihrem Element und können einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen die Klimaerwärmung leisten.

Prof. Dr.-Ing. Dr. h.c. Michael Weyrich ist Vorsitzender der VDI/VDE-Gesellschaft Mess- und Automatisierungstechnik (GMA) und leitet das Institut für Automatisierungstechnik und Softwaresysteme an der Universität Stuttgart. Er erklärt, warum die Messtechnik eine Zukunftsbranche ist.

Was die Gesellschaft vor dem Hintergrund des Themas 1,5 Grad Ziel am meisten bewegt

Im Pariser Klimaabkommen haben sich die Industrienationen darauf verständigt, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Dieses Ziel ist allen geläufig, genauso wie die Tatsache, dass daraus folgt, dass die CO2-Emissionen massiv reduziert werden müssen, sowohl in der Industrie als auch in der Mobilität und anderen Bereichen unseres Lebens.

Dabei ist viel Technik im Spiel, wenn es darum geht, was genau die Klimaziele heißen, wie hoch die Emissionen sind und wie hoch die Einsparungen sein müssen. "Hier spielt die Arbeit der GMA eine wichtige Rolle.", so Weyrich, "Natürlich hat die VDI/VDE-Gesellschaft für Mess- und Automatisierungstechnik mit dem 1,5-Grad-Ziel, was die Messverfahren angeht, zu tun, aber auch mit Verfahren, um automatisiert (Klima-)Daten weiterzuverarbeiten. Daneben gibt es noch viele andere Institutionen wie ESA, NASA und Wetterdienste, die operative Datenerhebung betreiben."

Zur Rolle von Tools bei der Messung, zum Beispiel der Klimaerwärmung sagt Weyrich weiter: "Es bringt ja nichts, wenn man 2035 an den vielen Wetterstationen oder aber Satelliten aus dem Orbit heraus schaut, wie die Temperatur sich entwickelt hat und bemerkt, dass wir das 1,5-Grad-Ziel nicht erreicht haben. Dann ist das Kind schon in den Brunnen gefallen. Wir brauchen schon heute eine viel kleinteiligere Messtechnik, die uns zeigt, wo wir stehen. Dabei sind zum Beispiel verschiedenen Gase in der Atmosphäre zu berücksichtigen, für die es unterschiedliche Messverfahren bedarf.

Ich persönlich denke, wir brauchen viel mehr Technologie, um beispielsweise sichtbar zu machen, wenn eine Wertschöpfungskette in der Industrie nicht nachhaltig funktioniert. Nur so können wir auch Endverbrauchern zeigen, wie viel CO2 bei der Produktion entstanden ist. Diese Herausforderung sehe ich noch in keiner Weise erfüllt."

Zu Land, zu Wasser und in der Luft: Wie unterscheidet sich die Messtechnik?

Die Fachgesellschaft GMA befasst sich nicht mit den sogenannten "Earth und Climate Change Observation", sondern mit sekundären Prozessen. So können Fragen, wie sich die Produktionsprozesse bewerten und mit Messstrategien ausstatten lassen, um die Emissionen zu erheben und den Ausstoß zu optimieren, beantwortet werden. Dabei spielen Fragen des Einsatzes von Sensoren und deren Kalibrierung eine große Rolle.

Weitere Überlegungen gehen bis hin zu Betrachtungen, wie sich ein "Track-and-Trace" von Industriegütern inklusive deren Transportwegen durchführen lässt. Wir befassen uns zum Beispiel mit Lösungen, die den Energieeinsatz bewerten und den Schadausstoß bei der Fertigung aller Zulieferprodukte zu bemessen suchen.

Deutschlands Mess- und Automatisierungstechnik im internationalen Vergleich

Es besteht eine wissenschaftliche Community in der Mess- und Automatisierungstechnik und zahlreiche namhafter Unternehmen, die in Deutschland tätig sind. Das führt dazu, dass anwendungsorientiert neue Themen, beispielsweise Quantensensorik, aufgenommen werden. Ein großes Thema, an dem aktuelle intensiv geforscht wird, bis es schließlich marktreife Industrielösungen gibt.

Große Teile der Ausbildung in den Studiengängen der Mess- und Automatisierungstechnik betrifft Fähigkeiten im Bereich Machine Learning, Statistik und Artificial Intelligence. Es hat sich gezeigt, dass es gut ist, die speziellen industriellen Prozesse genau zu verstehen, um dann in Kooperation mit Data Scientists Lösungen, zum Beispiel für die oben genannten Gasmessung, zu erarbeiten.

Auch in Sachen KI sind deutsche Ingenieure unterwegs. Ohne KI kommt die Mess- und Automatisierungstechnik auch gar nicht aus. Es ist aber eine andere KI als die, die man aus Science Fiction Filmen kennt. Reale KI macht die Bedienung von Automatisierungssystemen einfacher, erlaubt die leichtere Auswertung von Daten oder betrifft Fragen der Zuverlässigkeit.

» Podcast mit weiterführenden Informationen

Quelle: Verein Deutscher Ingenieure (VDI)