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14.05.2024

24.05.2022

Humanbasiertes Immunsystem für Impfstoff-Forschung ohne Tierversuche

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Forscher aus den USA haben einen funktionierenden Lymphfollikel auf einem Chip entwickelt, welcher Reaktionen auf Immunsystemtrigger sowie auf Impfstoffe zeigt, die die Reaktionen des Menschen auf diese Stoffe widerspiegeln. Mit diesem humanbasierten Modell kann die Effektivität etwa von neuen Impfstoffen eingeschätzt werden, während bei den üblichen Tierversuchen die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen nicht gegeben ist.

Das Wyss-Institut, welches zu der renommierten Harvard University gehört, hat bereits viele verschiedene Chipsysteme erfolgreich entwickelt. Vor große Herausforderungen stellt die humanbasierte Forschung das Immunsystem, wobei aber nun ein bedeutender Schritt in dessen Modellierung gelungen ist.

In einem mikrofluidischen Zweikanalsystem wurden in die untere Kammer B- und T-Lymphozyten eingebettet, welche aus dem Blut von freiwilligen Probanden gewonnen wurden. Eine poröse Membran trennt diese Kammer von dem anderen Kanalsystem, durch das Medium geleitet wird, welches die Zellen mit Nähstoffen versorgt.

Diese Durchströmung mittels Medium scheint ein entscheidender Faktor zu sein, denn nur unter Durchfluss formieren sich die B- und T-Lymphozyten spontan und eigenständig zu Lymphfollikeln - etwas, was nicht passiert, wenn beide Arten zusammen in einer klassischen Kultur gehalten werden.

Lymphfollikel sind kleine Funktionseinheiten, die sich als Reaktion auf Entzündungen bilden und von denen eine Immunantwort aus startet. Dabei werden bestimmte Substanzen freigesetzt, die die Forscher auch im Chip nachweisen konnten - ein Hinweis darauf, dass die Bildung von Lymphfollikeln tatsächlich erfolgreich war.

Nach Kontakt mit Krankheitserregern entwickeln sich die B-Zellen der Lymphfollikel zu Plasmazellen, welche Antikörper freisetzen; dabei organisieren sie sich in Clustern. Auch diese Aktivierung und Differenzierung konnten die Forscher im Chip nachweisen - und damit die Situation des Menschen modellieren.

Um festzustellen, ob diese Lymphfollikel auch typische Reaktionen auf einen Impfstoff zeigen, wurden dendritische Zellen mit kultiviert. Im Körper nehmen diese den Impfstoff auf und vermitteln letztendlich die Produktion von Antikörpern. In den Chipsystemen wurden zwei Influenza-Impfstoffe mit einem Wirkverstärker getestet. In beiden Fällen konnte eine Antikörperproduktion beobachtet werden sowie auch eine Zytokin-Freisetzung - und damit eine Reaktion, die ähnlich der eines frisch geimpften Menschen ist.

Somit kann nicht nur die erste Reaktion des Immunsystems auf verschiedenste Infektionen durch Bildung der Lymphfollikel beobachtet werden, sondern der Chip eignet sich auch ideal für die Entwicklung von Impfstoffen. Dieses Modell kann durch die höhere Vorhersagekraft im Gegensatz zu Tierversuchen schnelle und günstige Resultate bringen.

» Originalpublikation

Quelle: Ärzte gegen Tierversuche