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19.05.2024

17.06.2021

Neues Recyclingverfahren für Phosphate

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Phosphat ist ein unersetzbarer Mineralstoff in der Ernährung aller Lebewesen. So bestehen Menschen zu ungefähr drei Prozent aus Phosphat. Die fossilen Phosphaterzreserven werden vor allem in Marokko, aber auch in kleinerem Umfang in den USA, China und Indien abgebaut und zu Phosphatdünger verarbeitet.

Pflanzen werden mit Phosphat gedüngt, Menschen nehmen das Phosphat dann über ihre Nahrung zu sich. Schlussendlich wird das Phosphat in die Flüsse und damit die Meere ausgewaschen. Dort bilden sich über Jahrmillionen neue fossile Phosphaterzreserven. Allerdings wird viel mehr Phosphat abgebaut, als sich natürlich nachbildet.

Die Phosphaterzvorkommen werden in den USA, China und Indien in weniger als 40 Jahren und weltweit in wenigen hundert Jahren erschöpft sein. "Es ergibt sich also ein Problem analog zu Erdöl, allerdings kann Phosphat nicht ersetzt werden.

Phosphatknappheit ist ein oft übersehenes globales Problem. Hier setzt meine Forschung an. Ein interdisziplinärer Einsatz mikrobieller, chemischer und physikalischer Verfahren ist entscheidend zur Lösung dieses Problems.", erklärt Dr. Jonas Christ wurde, vom Institut für Angewandte Mikrobiologie der RWTH Aachen.

Das Verfahren, welches er im Rahmen seiner Promotion entwickelt hat, erlaubt erstmalig, das wertvolle Polyphosphat für die Anwendung in Lebensmitteln biotechnologisch aus ungenutzten Phosphat-Abfallströmen zu gewinnen. "Polyphosphat ist ein wertvolleres Endprodukt als das einfache Phosphat, besitzt andere chemische Eigenschaften und eignet sich für weitere Anwendungen, beispielsweise in der Lebensmittelherstellung", erklärt Professor Blank.

Zwei Produkte entwickelt

Letztlich wurden zwei Produkte entwickelt: ein polyphosphatreicher Hefeextrakt auf Basis von Bäckerhefe und pures Bio-Polyphosphat. Der Hefeextrakt konnte bereits erfolgreich von einem Kooperationspartner in der Herstellung von Fleischwurst getestet werden. Deren Produktion ist ohne Phosphate nicht möglich. Früher ging dies nur mit chemisch hergestellten Phosphaten, jetzt schafft die biologische Alternative neue Möglichkeiten. Die Anwendungen des puren Bio-Polyphosphats anstelle chemisch hergestellter Phosphate gehen noch weiter, etwa in der Herstellung von Schmelzkäse.

Als intrazelluläres Produkt muss Polyphosphat für die Analytik zunächst aus der Bäckerhefe-Zelle extrahiert werden. Christ entwickelte eine analytische Polyphosphat-Extraktion, die 40 Prozent mehr Polyphosphat aus Bäckerhefe extrahiert als die besten bis dahin vorliegenden Methoden und sehr viel schneller geht. Zudem kann die von ihm entwickelten Analytik mit der Standardausstattung eines Labors erfolgen. Seine Polyphosphat-Analytik wird nun von einer niederländischen Firma unter dem Markennamen "Phosfinity" kommerzialisiert.

Dr. Jonas Christ wurde für seine Arbeit am Institut für Angewandte Mikrobiologie der RWTH Aachen mit dem mit 50.000 Euro dotierten Innovationspreis des Landes Nordrhein-Westfalen in der Kategorie Nachwuchs ausgezeichnet. Er hat am Lehrstuhl von Professor Lars M. Blank ein Recyclingverfahren entwickelt, in dem Bäckerhefe Phosphat aufnimmt und intrazellulär zu sogenanntem Polyphosphat umsetzt. Aus der beladenen Hefe kann anschließend entweder pures Bio-Polyphosphat oder polyphosphatreicher Hefeextrakt gewonnen werden.

Der Innovationspreis NRW ist nach dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten die höchstdotierte Auszeichnung dieser Art in Deutschland. Verliehen wurde er durch Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW.

Quelle: RWTH Aachen