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20.05.2024

29.01.2019

Hauchdünner Film schwimmt trotz höherer Dichte auf Meeresoberfläche

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Einem überraschenden physikalischen Phänomen ist ein internationales Team um den Oldenburger Meereschemiker Dr. Oliver Wurl auf der Spur: Demnach ist unter bestimmten Wetterbedingungen die dünne Grenzschicht auf der Meeresoberfläche vorübergehend salziger und damit schwerer als das darunterliegende Wasser.

Dies konnten die Forscher aus hochauflösenden Daten schließen, die sie auf einer Expedition in den tropischen Indopazifik gewonnen hatten. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, den ozeanischen Wasserkreislauf und den Austausch von Gasen durch die dünne Grenzschicht zwischen Ozean und Atmosphäre besser zu verstehen. Ihre Ergebnisse haben die Forscher kürzlich im Fachmagazin "Journal of Geophysical Research - Oceans" veröffentlicht.

Die obersten Meter der Ozeane spielen eine bedeutende Rolle für den Austausch von Wärme oder Gasen, etwa Kohlendioxid, zwischen Wasser und Atmosphäre - und damit im globalen Klimageschehen. Unter ruhigen Wetterbedingungen bildet sich an der Grenze zwischen Luft und Meeresoberfläche ein weniger als einen Millimeter dünner Film, der diesen Austausch entscheidend beeinflusst. Temperatur und Salzgehalt regulieren die Dichte dieses Oberflächenfilms - und damit seinen Fortbestand. In der oberen Wasserschicht direkt vom Forschungsschiff aus zu messen, ist jedoch schwierig. Denn Rumpf und Antrieb des Schiffs durchmischen die Schicht stark.

Während einer Expedition mit dem US-amerikanischen Forschungsschiff FALKOR im Herbst 2016 in der Timorsee nördlich von Australien und im westlichen Pazifik setzten die Wissenschaftler daher ein selbst entwickeltes Gerät ein: Der ferngesteuerte Katamaran ermöglichte es dem Team des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), der Florida State University und der Columbia University (USA), kontinuierlich Wasserproben aus dem Film und aus einem Meter Wassertiefe zu erhalten sowie Temperatur und Salzgehalt zu bestimmen. Unter anderem mit Hilfe von Wetterdaten errechneten sie zudem, wieviel und wie schnell Wasser an der Meeresoberfläche verdunstet.

Tatsächlich fanden die Forscher in einem großen Teil des Untersuchungsgebiets einen Oberflächenfilm, der salziger und etwas kühler war als das Wasser in einem Meter Tiefe. Und: Der dichte Film trieb bei ruhigem Wetter bis zu einer gewissen Schwelle auf dem weniger dichten Wasser direkt darunter. Dieses physikalische Paradox erklären sich die Forscher so: "Vermutlich wirkt die Grenzflächenspannung zwischen Film und darunterliegendem Wasser bis zu einem gewissen Dichteunterschied als Gegenkraft, so dass der dichtere Film bis zu einigen Minuten stabil bleibt", sagt Wurl, dessen Arbeiten vom Europäischen Forschungsrat (ERC) gefördert wurden.

Was die Wissenschaftler außerdem verwunderte: Auch bei tropischen Regenstürmen war die Oberflächenschicht salziger als die darunterliegende - obwohl Süßwasser durch Regen auf die Meeresoberfläche gelangte. Die Wissenschaftler führen dies auf den starken Wind zurück, der das Wasser aufwühlte und salzigeres Wasser aus tieferen Schichten nach oben beförderte.

"Die Prozesse im Oberflächenfilm sind komplex", betont Meereschemiker Wurl. "Um den ozeanischen Wasserkreislauf, auch angesichts des Klimawandels, besser zu beschreiben, müssen wir genau verstehen, wo das über Regenfälle ins Meer gelangende Wasser bleibt." Immerhin spielen sich 80 Prozent der Niederschläge und Verdunstung über den Ozeanen ab. Nach Ansicht der Forscher ist es daher nötig, in größerem Umfang autonome Forschungstechnik einzusetzen - wie beispielsweise Driftbojen oder den von Wurl eingesetzten Katamaran.

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Quelle: Universität Oldenburg