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20.05.2024

25.10.2018

Neuartiges Röntgenmikroskop soll Mikrostrukturen in situ und in vivo abbilden

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Ein interdisziplinäres Team von Wissenschaftlern will ein neues bildgebendes Verfahren zur Untersuchung von Osteoporose und anderen Knochenerkrankungen für den Einsatz am lebenden Individuum entwickeln, um raschere Therapieerfolge zu ermöglichen. Prof. Dr. Silke Christiansen, Wissenschaftlerin am HZB und Physik-Professorin an der Freien Universität Berlin bringt ihre Expertise in der korrelativen Mikroskopie und Nanotechnologie ein. Das Projekt 4-D+ nanoSCOPE wurde nun vom Europäischen Forschungsrat (ERC) zur Förderung durch einen ERC-Synergy Grant ausgewählt und wird für 72 Monate mit bis zu 12,3 Millionen Euro gefördert werden.

Weltweit nimmt die Zahl älterer und hochbetagter Menschen zu, und damit auch die Anzahl von Patienten, die an Osteoporose leiden. Diese Krankheit beeinträchtigt die Lebensqualität erheblich und führt zu hohen gesellschaftlichen Kosten. Dennoch sind Entstehung und Ablauf von Osteoporose noch immer nicht ausreichend verstanden. Denn Methoden für eine tiefgehende Analyse der Knochenfeinstruktur im Zeitverlauf am lebenden Individuum stehen bisher nicht zur Verfügung, insbesondere solche, die auch große Matrixstudien mit statistischer Signifikanz erlauben. Dies will nun ein interdisziplinäres Forschungsprojekt ändern.

Die Professoren Georg Schett (Universitätsklinikum Erlangen), Andreas Maier (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg) und Silke Christiansen (Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, HZB sowie Freie Universität Berlin) wollen dafür erstmals Röntgenmikroskopie an Lebewesen ermöglichen. Sie planen die Entwicklung eines einzigartigen, schnell scannenden und niedrig dosierten Röntgenmikroskops, einem "4D+ nanoSCOPE" für das sie in enger Zusammenarbeit mit der Firma Carl Zeiss Microscopy ein Gerät vom Typ XRM Versa 520 Hardware- und Software-seitig modifizieren werden. Hier werden insbesondere die Integration einer neuartigen Hochleistungsröntgenquelle und eines ultra-schnellen Auslesedetektors erfolgen wobei auch die Datenauswertung mit neusten Verfahren des maschinellen Lernens (Precision Learning) neu aufgestellt werden muss.

Das 4D-Nanoskop wird erstmalig erlauben die Mikro- und Nanostruktur von Knochen am lebenden Individuum in zeitlicher Entwicklung zu monitoren und damit den Prozess des Knochenumbaus zu verstehen. Damit wird es möglich, Auswirkungen von Alter, Hormonstatus, Entzündungsprozessen, Medikamenten oder anderen Therapieansätzen auf den Knochen zu beurteilen.

"Wir gratulieren Silke Christiansen und ihren Kollegen zu dieser sehr prestigeträchtigen und wirklich synergetischen Förderung. Das neue Mikroskop wird zunächst in der medizinischen Forschung eingesetzt, aber wir freuen uns darauf, seine einzigartigen Möglichkeiten auch in der Energieforschung zu nutzen", sagt Prof. Bernd Rech, wissenschaftlicher Direktor des HZB. Die Methode ermöglicht auch in situ-Studien von dynamischen Prozessen in natürlichen und synthetischen Materialien, beispielsweise die Beobachtung und das Verfolgen von Korrosionsprozessen und Mikrofrakturierung.

Das HZB besitzt große Expertise auf dem Gebiet der Röntgenuntersuchungen und der Elektronenmikroskopie und hat einen modernen Gerätepark (CoreLabs) aufgebaut, der vor allem zur Forschung an Dünnschichtsolarzellen, solaren Brennstoffen und anderen Energiematerialien genutzt wird. Die HZB CoreLabs sowie modernste Zeiss Labs@Location-Röntgenmikroskope ergänzen das Synchrotron BESSY II.

Quelle: Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB)