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20.05.2024

03.11.2017

Forschungskonsortium zu Mikroplastik gegründet

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Schwimmende Inseln aus Plastikmüll in den Ozeanen und Fotos von Meeresvögeln mit Plastikteilchen im Magen gingen über soziale Netzwerke um die Welt. Plastik im Mikrometerbereich und kleiner ist in Kosmetik- und Hygieneartikeln zu finden. Immer wieder erregen Angstmeldungen zu Mikropartikeln in Lebensmitteln große Aufmerksamkeit. Ein Problem von weltweitem Ausmaß, dem sich nun ein interdisziplinäres Forschungsprojekt an der Technischen Universität München (TUM) widmet: Untersucht werden Mikroplastikpartikel in Gewässern und Lebensmitteln. Der Schwerpunkt liegt auf der Gegenüberstellung von Partikeln aus biologisch abbaubaren Kunststoffen, nicht abbaubaren Kunststoffen und natürlichen Partikeln.

Ziel des interdisziplinären Forschungsverbundes MiPAq, an dem fünf Lehrstühle der TUM beteiligt sind, ist die Charakterisierung von Partikeln aus nicht abbaubaren erdölbasierten Kunststoffmaterialien im Gegensatz zu biologisch abbaubaren Materialien und im Vergleich mit natürlichen Sedimentpartikeln. "Bisher weiß niemand sicher, ob sich Mikroplastik erheblich anders verhält, als in Gewässern natürlich vorkommende Partikel wie etwa feiner Sand", sagt Professor Geist. "Außerdem möchten wir klären, ob sich die sogenannten Biokunststoffe tatsächlich anders verhalten als herkömmliches Plastik."

Bayerische Forschungsstiftung fördert den Projektverbund

Der Titel des Projektes lautet daher: "Mikropartikel in der aquatischen Umwelt und in Lebensmitteln - sind biologisch abbaubare Polymere eine denkbare Lösung für das ,Mikroplastik-Problem'?". Gefördert wird das Vorhaben mit rund einer Million Euro von der Bayerischen Forschungsstiftung. Es werden darüber fünf Doktorarbeiten verfasst und mehrere Masterarbeiten in einem Zeitraum von rund drei Jahren.

Es sollen Methoden entwickelt werden, um den Anteil an Mikroplastik zu messen und vergleichbar zu machen. "Große Herausforderungen bestehen nach wie vor im standardisierten Nachweis und einer umweltrelevanten Effektbewertung", sagt Dr. Sebastian Beggel, verantwortlicher Ökotoxikologie im Projekt. So müssen dafür die analytischen Verfahren zur Identifizierung und Quantifizierung von Mikroplastik (5 mm - 1 ?m) weiterentwickelt werden, um das Verhalten dieser Partikel in der aquatischen Umwelt und die Wirkung auf aquatische Lebewesen besser untersuchen zu können. Inwieweit die Partikel eine Gefahr für Gewässer darstellen, soll schlussendlich beantwortet werden. Dabei geht es genauso darum, technische Maßnahmen zu entwickeln, mit denen die Partikel im nächsten Schritt noch reduziert werden.

Gegenüber existierenden Studien zum Thema Mikroplastik werden in diesem Forschungsprojekt weitere Faktoren mitberücksichtigt: Besonders die Verwendung von Biopolymeren als Ersatz für herkömmliche Kunststoffe ist dabei hervorzuheben.

Das Besondere: die ganzheitliche Herangehensweise

Darüber hinaus zeichnet sich dieses Projekt durch eine ganzheitliche Betrachtung dieser Thematik von der Umwelt bis zum Lebensmittel aus. "Wir werden uns auch Wasserkreisläufe und Produktionsketten in der Lebensmittelindustrie anschauen wie etwa von Abfüllanlagen", sagt Beggel, der am Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie arbeitet - "genauso überprüfen wir, wie die verschiedenen Plastiksorten mit Schadstoffen interagieren. Es ist ein sehr weit gefasster Ansatz."

Hinsichtlich möglicher Eintragspfade in Lebensmittel und Trinkwasser hat dieses Projekt viel Potential Klarheit zu schaffen, wo bisher vor allem diffuse Mutmaßungen und Bedenken in der Bevölkerung vorherrschen. Besonders der Einbezug von (Bio)Kunststoffpartikel-Produkt-Interaktionen neben der Quantifizierung der Partikel ermöglicht die wissenschaftlich fundierte Einschätzung etwaiger Risiken.

Durch die Kombination chemisch-analytischer und ingenieurwissenschaftlicher Expertise sowie naturwissenschaftlich-ökologischer Betrachtung soll eine transdisziplinäre und objektive Bewertung der Thematik erfolgen, um technologische Lösungsansätze zu entwickeln, die in Unternehmen der Lebensmittelbranche später angewendet werden können. Neben der Wissenschaft sind daher zahlreiche Partner aus der Wirtschaft beteiligt.

Themenfelder von MiPAq

Diese vier, sich gegenseitig ergänzenden Themenfelder werden beim Forschungsprojekt MiPAq bearbeitet:

  • Analytische Verfahren zur Identifizierung und Quantifizierung von Mikropartikeln aus biologisch abbaubaren Kunststoffen (in aquatischen Umweltproben und Lebensmitteln), Herstellung von standardisierten Testsubstanzen und Referenzmaterialien
  • Verhalten in der aquatischen Umwelt
  • Wirkungen in der aquatischen Umwelt
  • Eintrag von Mikropartikeln in Lebensmittel und in den Wasserkreislauf - Systemanalysen und Minderungsstrategien

Quelle: Technische Universität Wien