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20.05.2024

01.11.2017

Energieverbrauch in der Kunststoffproduktion deutlich senken

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Die Beschichtung im Saftkarton, das Armaturenbrett im Auto und der Beutel fürs Altpapier: Kunststoffe sind aus dem Alltagsleben nicht mehr wegzudenken. Allerdings ist ihre Herstellung aufwändig und mit entsprechend hohem Energieverbrauch verbunden. Einem internationalen Forscherteam der Leibniz Universität Hannover, der Universität Augsburg und des Boreskov-Instituts Novosibirsk ist es jetzt gelungen, durch das Anlegen von elektrischen Feldern die Gastransporteigenschaften von Metall-organischen Netzwerkverbindungen zu verändern. Das kürzlich im renommierten Journal Science vorgestellte Verfahren könnte die Herstellung von Kunststoffen wie beispielsweise Polyethylen oder Polypropylen erheblich vereinfachen und so zu einer erheblichen Senkung der Produktionskosten beitragen.

Die Herstellung von hochreinem Propylen für die Polymerisation zum Kunststoff Polypropylen (PP) ist sehr energieintensiv. Sie erfolgt in der Regel auf dem Weg der kryogenen, also tiefkalten Destillation, bei der hohe Temperaturspannen erforderlich sind, da Temperaturen von bis zu -40 Grad Celsius erzeugt werden müssen. Das von den Chemikern und Physikern aus Hannover (Profs. Drs. Jürgen Caro und Paul Heitjans), Augsburg (Prof. Dr. Dirk Volkmer) und Novosibirsk (Prof. Dr. Alexander Stepanov) entwickelte Verfahren könnte die aufwändige Destillation ablösen und den mit ihr verbundenen CO2-Ausstoß senken. Dieses neue Verfahren arbeitet nämlich mit nanoporösen Gastrennmembranen aus Metall-organischen Netzwerkverbindungen. Diese dichten Schichten nanoporöser Kristalle werden - von englisch "Metal-Organic Frameworks" - kurz MOFs genannt.

Beeinträchtigende Gerüstschwingungen

"MOFs haben durch ihre einstellbaren Porengrößen optimale Eigenschaften, um Molekülgrößen zu sieben und z. B. auf Erdgasfeldern Propylen von Propan zu trennen. Es sind allerdings weiche Kristalle, und bei Raumtemperatur ist immer eine Vielzahl von Gerüstschwingungen aktiv. Die MOFs atmen sozusagen", erläutert Jürgen Caro. "Dies führt dazu, dass diese Kristalle unter ihrem eigentlichen Potential als Molekularsieb liegen und auch um ein Vielfaches größere Moleküle durch die Porenöffnungen treten."

Signifikante Steigerung des Molekularsieb-Potentials

Um dieses Problem zu lösen, haben die Forscher MOFs als dünne Membranschichten abgeschieden, durch die sie dann das zu trennende Gasgemisch geleitet haben. Gleichzeitig wurde ein elektrisches Feld über eine Plattenkondensatoranordnung an die Membran angelegt. Die hierfür erforderliche Labor-Technik wurde komplett neu designt und aus Teflon gefertigt. "In unserem Messaufbau", so Caros Mitarbeiter Alexander Knebel, "konnten wir dann den Effekt messen, den ein elektrisches Feld auf dieses Material hat, und die Gerüstschwingungen der Membran mit einem elektrischen Feld tatsächlich defibrillieren. Durch das elektrische Feld verbesserte sich die Propylen/Propan-Trennung um 33 Prozent."

Maßgeschneiderte MOF-Materialien für schwierige Trennprozesse

Da der Größenunterschied zwischen Propan und Propylen bei nur 0,03 Nanometern liegt, erweist sich eine Trennung dieser beiden Moleküle mittels maßgeschneiderter Membrantechnologie als eine ökologisch und ökonomisch vielversprechende Herausforderung, an deren Bewältigung auch seitens der Industrie starkes Interesse besteht. "Maßgeschneiderte MOF-Materialien bewähren sich zunehmend bei schwierigen Trennprozessen, an denen herkömmliche Trennmaterialien scheitern", betont Dirk Volkmer. Erst kürzlich wurde an seinem Augsburger Festkörperchemie-Lehrstuhl ein Trennprozess für Isotope des Elementes Wasserstoff entwickelt

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Quelle: Universität Augsburg