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20.05.2024

18.11.2015

Elektrochemie für den Massenbedarf: Umweltfreundliche Batterie aus Pyrit

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Hochleistungsfähige Lithium-Ionen-Batterien haben ein Problem: Das Lithium wird irgendwann knapp. Nun haben Forscher der Empa und der ETH Zürich eine Alternative entdeckt: die "Katzengold-Batterie". Sie besteht aus Eisen, Schwefel, Natrium und Magnesium - alles Elemente, die in beliebig großen Mengen verfügbar sind. Mit kleinem Geld ließen sich damit riesige Speicherakkus etwa für Gebäude bauen.

Die Suche nach preisgünstigen Akkus zur Speicherung von Strom ist ein dringendes Geschäft: Immer größere Wellen von fluktuierendem Ökostrom bringen die Stromnetze zum Wanken; immer mehr Elektrogeräte bis hin zu leistungshungrigen Elektroautos hängen am Netz. Der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage wird zunehmend schwieriger. Die bekannten, leistungsfähigen Li-Ionen-Akkus eigenen sich jedoch nicht als Zwischenspeicher im Großmaßstab; dafür sind sie zu teuer, zu anfällig und das wertvolle Lithium zu knapp. Eine billige Alternative ist gefragt - ein Akku, der aus preiswerten, massenhaft verfügbaren Zutaten bestehen sollte. Doch Elektrochemie ist eine vertrackte Sache: Nicht alles, was billig ist, gibt einen Akku her.

Sicher, langlebig und günstig

Maksym Kovalenko, Marc Walter und ihren Kollegen im Labor für Dünnfilme und Photovoltaik der Empa gelang nun so etwas wie die Quadratur des Kreises: Kovalenkos Team kombiniert eine Magnesium-Anode mit einem Elektrolyten aus Magnesium- und Natriumionen. Als Kathode dienen Nanokristalle aus Pyrit - landläufig bekannt als Katzengold. Pyrit ist kristallines Eisensulfid, bestehend aus Eisen und Schwefel. Die Natrium-Ionen aus dem Elektrolyten wandern beim Entladen in die Kathode. Beim Wiederaufladen gibt Pyrit die Natrium-Ionen wieder frei. Diese so genannte Natrium-Magnesium-Hybrid-Batterie funktioniert bereits im Labor und vereint verschiedene Vorteile: Das Magnesium der Anode ist weit sicherer als Lithium; die Batterie kann also nicht explodieren. Und schon der Versuchsakku im Labor überstand 40 Lade- und Entladezyklen, ohne an Leistungsfähigkeit zu verlieren. Das deutet auf ein äußerst langlebiges System hin.

Der größte Vorteil ist jedoch, dass alle Zutaten für diese Art Akku in beliebiger Menge und sehr preisgünstig zur Verfügung stehen: Eisensulfid-Nanokristalle lassen sich zum Beispiel herstellen, indem man metallisches Eisen mit Schwefel in Spezialmühlen trocken vermahlt. Magnesium ist in der Erdkruste mehr als 1.000-mal häufiger als Lithium; ein Kilogramm kostet rund vier Franken und ist damit 15-mal billiger als Lithium. Auch beim Bau der Billig-Akkus lässt sich sparen: Li-Ionen-Akkus brauchen relativ teure Kupferfolien, um den Strom zu sammeln und abzuleiten. Bei der "Katzengold-Batterie" würde preisgünstige Alufolie genügen.

Eine Jahresproduktion Strom des Kraftwerks Leibstadt zwischenspeichern

Die Forscher sehen in ihrer Entwicklung vor allem Potential für große Netzspeicherbatterien. Zwar eigne sich die Katzengold-Batterie nicht für Elektroautos - dafür ist ihre Leistung zu gering. Dort aber, wo es auf Kosten, Sicherheit und Umweltfreundlichkeit ankommt, sei die Technik im Vorteil. In ihrer vor kurzem veröffentlichten Publikation im Fachjournal "Chemistry of Materials" schlagen die Empa-Forscher Batteriespeicher mit einer Kapazität von Terawattstunden vor. In einem solchen Akku ließe sich beispielsweise die Jahresproduktion des Schweizer Atomkraftwerks Leibstadt zwischenspeichern. "Noch ist das volle Potential der Batterie nicht ausgeschöpft", sagt Maksym Kovalenko, der parallel zu seiner Forschung an der Empa als Professor am Departement Chemie und angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich lehrt. "Mit Hilfe weiterentwickelter Elektrolyten lässt sich die elektrische Spannung der Natrium-Magnesium Hybrid-Zelle mit Sicherheit noch erhöhen."

» Originalpublikation

Quelle: Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA)