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30.04.2024

14.12.2023

Biomonitoring Verfahren zur Gefährdungs und Risikobeurteilung von Neonikotinoiden entwickelt

Prof. Thomas Brüning , Dr. Heiko U. Käfferlein, Sonja A. Wrobel, Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Ruhr-Universität Bochum

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Das Thema "Parkinson durch bestimmte Pestizid-Inhaltsstoffe" wird im Ärztlichen Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales als mögliche neue Berufskrankheit beraten. Gleichzeitig stehen Pflanzenschutzmittel auch auf der Prioritätenliste der Europäischen Union zur Entwicklung von Humanbiomonitoring-Verfahren.

Ziel ist es, vorhandene Expositionen der Allgemeinbevölkerung zu minimieren, um so gesundheitliche Beeinträchtigungen von Menschen und Umwelt zu verhindern. Vor diesem Hintergrund hat sich das Institut für Prävention und Arbeitsmedizin IPA der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung mit der Gefährdungs- und Risikobeurteilung durch Pflanzenschutzmittel intensiver befasst.

Während es für den arbeits- und umweltmedizinischen Nachweis von Pyrethroiden bereits robuste und qualitätsgesicherte Humanbiomonitoring-Verfahren gibt (Andersen et al. 2022), war dies für Neonikotionide bisher nicht der Fall. Das IPA schließt diese Lücke nun mit der Entwicklung zweier analytischer Verfahren zum Nachweis einzel- und gruppenspezifischer Stoffwechselprodukte von Neonikotinoiden im Urin (Wrobel et al. 2023a, b). Damit wird es zukünftig möglich, arbeits- und umweltbedingte Expositionen gegenüber dieser Stoffklasse sicherer und zuverlässiger in unterschiedlich exponierten Bevölkerungsgruppen zu erfassen.

Neurodegenerative Erkrankungen wie das Parkinson Syndrom sind vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung eine der wichtigsten Erkrankungen in Deutschland. Beim Menschen steht unter anderem auch eine Exposition gegen Pflanzenschutzmittel, auch Pestizide genannt, im Verdacht, ein Parkinson Syndrom auszulösen. Neben einer Vielzahl an außerberuflichen Expositionen wie der Aufnahme über die Nahrung und das Trinkwasser, der Schädlingsbekämpfung in Haus und Garten sowie dem Abdrift in der Nähe landwirtschaftlich intensiv genutzter Flächen können auch berufliche Quellen von Bedeutung sein.

PestizidbelastungHierbei ist insbesondere die industrielle Herstellung von Pflanzenschutzmitteln sowie das professionelle Ausbringen in der Landwirtschaft zu nennen. Da Pflanzenschutzmittel nahezu überall in unserer Umwelt auftreten, ist eine klare Abgrenzung beruflicher von außerberuflichen Einflüssen auf die Entstehung von Parkinson oder anderer neurodegenerativer Erkrankungen nahezu unmöglich.

Pflanzenschutzmittel und Parkinson

Bereits 2020 hat das IPA in einer umfangreichen Literaturrecherche zeigen können, dass neuere epidemiologische Studien und Meta-Analysen den grundsätzlichen Verdacht eines Zusammenhangs zwischen einer Exposition gegenüber den in den Pflanzenschutzmitteln enthaltenen Pestiziden und dem Parkinson Syndrom belegen (Käfferlein et al. 2020).

In der Gesamtschau aller Studien ist dieser Zusammenhang größtenteils schwach bis moderat ausgeprägt. Jedoch waren die vorhandenen epidemiologischen Studien, die zur Auswertung vorlagen, durch erhebliche methodische Unsicherheiten geprägt. So konnten zum Teil beträchtliche Ergebnisverzerrungen nicht ausgeschlossen werden, unter anderem durch bewusste oder unbewusste Beeinflussung der Personen im Rahmen der Befragungen, wie sich Erkrankte an vergangene Ereignisse zur Pestizidexposition erinnern können oder durch eine fehlerhafte Zuweisung der Teilnehmenden zur Gruppe der Parkinson Erkrankten.

Erschwerend kam hinzu, dass der eigentliche für den Pflanzenschutz notwendige Wirkstoff nur einen geringen Prozentsatz an der gesamten Pflanzenschutzformulierung einnimmt. In Abhängigkeit vom Hersteller unterscheiden sich die Zusammensetzungen der einzelnen Formulierungen erheblich, so dass nur unzureichend zwischen den gesundheitlichen Effekten des eigentlichen Wirkstoffs, der jeweils restlichen Komponenten sowie - nach Aufnahme in den Körper des Menschen - potentiellen Wechselwirkungen zwischen den Stoffen untereinander unterschieden werden kann.


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