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19.05.2024

06.07.2023

Eisen-Nachweis mit Kurkuma

Dr. Bernd Neumann

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Einleitung

Ein einfacher qualitativer Nachweis von Eisen(II)- und Eisen(III)-Ionen, wie sie auch in Rost anwesend sind, gelingt z.B. mit Acetylaceton, das auch unter dem IUPAC-Namen Pentan-2,4-dion bekannt ist [1]. Diese 1,3-Diketo-Verbindung unterliegt je nach pH-Wert und Lösemittel der Keto-Enol-Tautomerie, wie in Abbildung 1 gezeigt.

Keto- und Enolform von Acetylaceton
Abb.1: Keto- und Enolform von Acetylaceton [1]

Im flüssigen Zustand liegt Acetylaceton zu 80 % in der Enolform vor [1]. Es ist selbst farblos und mit Wasser sowie einigen organischen Lösemitteln wie z.B. Ethanol oder Aceton mischbar. Zudem bildet es mit einer ganzen Reihe von Metallen z.T. farbige Komplexe. Versetzt man z.B. eine verdünnte wässrige Lösung, die Fe(II)- und Fe(III)-Ionen enthält, mit Acetylaceton, dann erhält man eine dunkel-rote Färbung. Diese geht auf die gebildeten Eisen-Acetylacetonat-Komplexe zurück [2,3]:

FeII(OH)2 + 2 Acetylaceton → FeII(Acetylacetonat)2 + 2 H2O
FeIII(OH)3 + 3 Acetylaceton → FeIII(Acetylacetonat)3 + 3 H2O

Strukturformel von Curcumin
Abb.2: Strukturformel von Curcumin [4]
Eine ungiftige 1,3-Diketo-Verbindung, die den Hauptbestandteil des Gewürzpulvers Kurkuma stellt, ist das Curcumin [4], das den sperrigen IUPAC-Namen (1E,6E)-1,7-Bis(4-hydroxy-3-methoxyphenyl)-hepta-1,6-dien-3,5-dion trägt (Abbildung 2). Curcumin ist auch als Lebensmittelfarbstoff E100 bekannt. Dieser wird oftmals dem Senf zur Färbung zugesetzt.

Im Gegensatz zum flüssigen und farblosen Acetylaceton ist Curcumin ein kristalliner gelb-oranger Feststoff. Dieser kann im Chemikalienhandel bestellt oder z.B. aus Kurkumapulver isoliert werden. Der Farbstoff ist kaum wasserlöslich, löst sich hingegen gut in z.B. Ethanol oder anderen organischen Lösemitteln wie Aceton oder Petrolether. Er zeigt wie das Acetylaceton eine Keto-Enol-Tautomerie. In Lösemitteln wie Ethanol, liegt das Gleichgewicht stark auf der Seite der Enolform. Mit zunehmendem Wassergehalt lässt sich das Gleichgewicht in Richtung der Diketoform verschieben [4].

Nachfolgend wird beschrieben, wie mit Hilfe einfacher "Haushaltschemikalien" ein qualitativer Nachweis auf Eisen-Ionen bereits mit Hilfe eines ethanolischen Extrakts von Kurkuma gelingt. Dieser eignet sich z.B. als Schulversuch, der mit preiswerten sowie relativ unbedenklichen Chemikalien und Hilfsmitteln auskommt, aber gleichzeitig mehrere Aspekte der Chemie wie Löslichkeit, Gleichgewicht, Farbigkeit, Komplexbildung und Analytik beleuchtet.

Extraktion von Kurkuma

Zur Extraktion wird 1 gehäufter Teelöffel gemahlenes Kurkumapulver mit ca. 30 mL Spiritus versetzt und durch einen Filter gegeben, um einen klaren Extrakt zu erhalten (Abbildung 4).

Kurkuma und Extrakt
Abb.3: Kurkuma als gemahlenes Pulver der getrockneten Wurzel.
Abb.4: Extrakt von gemahlenem Kurkumapulver mit Spiritus nach Filtration.


Dieser ethanolische Kurkumaextrakt enthält neben dem stark gefärbten Curcumin [4] noch weitere lösliche Bestandteile des Gewürzpulvers. Eine nachfolgende Isolation des Curcumins ist möglich und z.B. in [5] beschrieben. Für qualitative Versuche ist jedoch bereits der Spiritus-Extrakt des Kurkumapulvers ausreichend, um einen deutlichen Farbwechsel zu demonstrieren.

Rostbildung von Eisen

Um den Nachweis auf Eisen(II)- und Eisen(III)-Ionen durchzuführen, werden natürlich entsprechende Eisen-Verbindungen benötigt. Diese lassen sich auf einfache Weise gewinnen, indem man z.B. einen Eisennagel für einige Tage ins Wasser legt. Mit einsetzender Korrosion wird der Nagel von Rost überzogen und das Wasser nimmt eine Orange-Färbung an (Abbildung 5).

Hierbei wirkt Sauerstoff-haltiges Wasser auf metallisches Eisen der Oxidationsstufe Null ein und es entstehen durch Elektronenabgabe des Metalls Eisen(II)- und Eisen(III)-Hydroxide, die z.T. unter Wasserabspaltung in die entsprechenden Oxide übergehen:

FeII(OH)2 → FeIIO + H2O
2 FeIII(OH)3 → FeIII2O3 + 3 H2O

Rost kann somit als ein gemischtes Oxid aus Fe(II)- und Fe(III)-Ionen mit Kristallwasseranteil aufgefasst werden:

x FeIIO · y FeIII2O3 · z H2O

wobei x, y und z positive Zahlen darstellen [6].

Filtration der in Abbildung 5 dargestellten orange-farbigen Flüssigkeit liefert eine gelb gefärbte klare Lösung, die Fe(II)- und Fe(III)-Ionen enthält (Abbildung 6).

rostiger Nagel und rosthaltige Flüssigkeit
Abb.5: Eisennagel im Wasser mit Rostbildung.
Abb.6: Wässriges Filtrat mit Fe(II)- und Fe(III)-Ionen.

Eisen-Nachweis

farbiger Eisenkomplex
Abb.7: Ethanolischer Kurkuma-
extrakt mit Fe(II)- und
Fe(III)-Ionen.
Versetzt man das zuvor beschriebene Rostfiltrat, welches man zweckmäßigerweise mit etwas Spiritus versetzt hat, mit ethanolischer Kurkumalösung, dann erfolgt ein Farbumschlag von gelb-orange nach dunkelrot-braun (Abbildung 7). Der Alkoholzusatz in der wässrigen Eisenlösung soll eine Niederschlagbildung nach Zugabe des Kurkumaextrakts verhindern. Alternativ kann auch dem ethanolischen Kurkumaextrakt ein farbloses Spülmittel zugesetzt werden, um die Löslichkeit der Kurkumainhaltsstoffe bei Wasserzugabe zu verbessern.

Ganz offensichtlich haben sich aus den Eisenhydroxiden und dem Curcumin entsprechende Komplexe gebildet, die für den Farbwechsel verantwortlich sind. Als Bindungsstellen des Eisens an das Curcumin werden jedoch die phenolischen Gruppen des Curcumins diskutiert und nicht die 1,3-Diketo-Funktion [5]. Nach [5] ist dieser Nachweis sogar spezifisch für Fe2+/3+, da Farbreaktionen mit Cu2+, Co2+ und Ni2+ ausblieben.

Die Farbigkeit der gebildeten Komplexverbindung aus Eisen und Curcumin geht sehr wahrscheinlich auf einen charge-transfer-Übergang (CT-Übergang) zurück. Diese Übergänge zeichnen sich oft durch intensive Farbigkeit aus, da sie nach quantenmechanischen Auswahlregeln spektroskopisch voll "erlaubt" sind. Im Gegensatz dazu zeigen Übergänge, die auf "verbotenen" d-d-Übergängen innerhalb des Zentralatoms basieren meist nur eine schwache Färbung [7].

Fazit

Schon mit einfachen "Haushaltschemikalien" wie Kurkumapulver und Brennspiritus lässt sich ein qualitativer Farb-Nachweis auf Eisen(II)- und (III)-Ionen durchführen. Die verwendeten Substanzen sind preiswert und zudem weitgehend unbedenklich für Mensch und Umwelt. Der Nachweis eignet sich besonders als Schulversuch, da er in anschaulicher Weise Einblicke in ganz unterschiedliche Fachgebiete der Chemie ermöglicht und gleichzeitig Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt. Schließlich wird als Nachweisreagenz Kurkuma als nachwachsender Rohstoff verwendet, dessen aktive Komponente, das Curcumin, von der Pflanze selbst geliefert und nicht erst aufwendig im Labor synthetisiert werden muss.

Literatur

  1. Acetylaceton
  2. Bis(acetylacetonato)iron(II)
  3. Eisen(III)-acetylacetonat
  4. Curcumin
  5. M. P. Bhat, Madhuprasad, P. Patil, S.K. Natataj, T. Altalhi, H.-Y. Jung, D. Losic, M. D. Kurkuri, Chemical Engineering Journal 303 (2016),14-21
  6. Rost
  7. D.F. Schriver, P.W. Atkins, C.H. Langford, Inorganic Chemistry, Oxford University Press 1990, 441-449


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