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30.04.2024

11.05.2023

Erdbeeren - Inhaltsstoffe unter der Lupe - Alleskönner Kapillarelektrophorese

Jana Boden , Antje Mainka, Ingo Haumann, ICA - Ingenieurgemeinschaft für Chemische Analytik

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Das wohl leckerste Sinnbild des Frühsommers lädt nun wieder zum Schlemmen ein - die Erdbeere. Anfang des 18. Jahrhunderts kamen die ersten Erdbeerpflanzen aus Amerika zu uns und wurden durch Züchtung zu den heutigen vielen beliebten Sorten, wie zum Beispiel "Mieze Schindler" oder "Senga Sengana" [1].

Die Erzeugung dieser Sortenvielfalt zielte hierbei sowohl auf die Erweiterung des Erntezeitraums ab, als auch auf die Resistenz gegen verschiedene Krankheiten.

Frisch vom Beet oder in allerlei Süßspeisen oder Kuchen verarbeitet kann die Erdbeere aber auch in herzhaften Gerichten eine ausgesprochen gute Figur machen [2]. Und ganz nebenbei punktet sie auch mit gesunden Inhaltsstoffen. Also - nutzen wir die Erdbeerzeit, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden!

Erdbeeren
Pikante Rezepte: Mit Erdbeeren lassen sich
auch herzhafte Gerichte veredeln: Wie wäre
es zum Beispiel mit einem Spargelsalat, mit
Erdbeeren oder mit Roastbeef, mit einer
pikanten Erdbeer-Chili-Salsa?[2]
Im Vergleich zu anderen heimischen Obstsorten haben Erdbeeren weniger Kalorien - 100 g Früchte kommen hier nur auf etwa 37 kcal (155 kJ). Ein hoher Ballaststoffgehalt, Mineralien und Vitamine tragen zum gesunden Image bei [3]. Der für den Geschmack so wichtige Zucker liegt hauptsächlich als ein Gemisch von Glucose und Fructose vor. Saccharose ist sehr wenig oder gar nicht vorhanden.

Da Inhaltsstoffe immer von der Sorte, aber auch von den Anbaubedingungen und dem Reifegrad abhängen, können Angaben der Literatur immer nur einen ungefähren Anhaltspunkt darstellen. Grund genug für uns, um verschiedene Sorten der leckeren Früchtchen einer genaueren Analyse zu unterziehen.

Sowohl in der Tabelle 1 als auch in der Abbildung 1 sind die unterschiedlichen Eigenschaften der Erdbeeren, wie zum Beispiel Größe, Farbe und Form ersichtlich. Besonders erstaunlich sind die Gewichtsunterschiede, die fast bis zu einem Faktor 10 betragen können.

Alle Früchte wurden am selben Tag (Mitte Juni) auf demselben Erdbeerfeld geerntet. Die Verarbeitung erfolgte sofort. Und obwohl es schwerfiel, konnten nach der sensorischen Prüfung noch einige Erdbeeren für die chemische Analyse gerettet werden. Für die Messungen wurden die Früchte eingewogen und püriert und bis zur Untersuchung gefroren gelagert. Vor der Analyse wurden diese Proben mit Reinstwasser verdünnt und zentrifugiert.

Erdbeersorten
Abb.1: Verschiedene Erdbeer-Sorten im Vergleich

Um Unterschiede zwischen den einzelnen Erdbeersorten zu untersuchen, bietet sich die Kapillarelektrophorese an [4]. Für die verschiedenen Analyten werden unterschiedliche Methoden verwendet. Die eingesetzten Elektrolyte werden für die Analyten maßgeschneidert und enthalten verschiedene Grundbausteine, wie Phosphat für die Anionen- und Zucker-Analytik oder Aminopyridin für die Kationen-Analytik. Sowohl die direkte als auch die indirekte UV-Detektion kommen zum Einsatz.

Als erstes wurden die Kationen einer genaueren Untersuchung unterzogen. Hierfür wurde ein Elektrolyt auf der Basis von Aminopyridin verwendet. Die Eigenabsorption des Elektrolyten erlaubt die empfindliche Messung der UV-inaktiven Kationen mittels indirekter Detektion. In Abbildung 2 sind die erhaltenen Elektropherogramme für einen Kationen-Standard und exemplarisch für zwei Erdbeer-Sorten abgebildet. Zum Vergleich wird die Analyse einer Banane gezeigt.

Bestimmung von Kationen in Erdbeeren
Abb.2: Bestimmung von Kationen in Erdbeeren (zum Vergleich: Banane)

Empfohlene Tagesmenge MineralienHervorzuheben ist der hohe Kalium-Gehalt, der für alle Sorten gegeben ist. Der empfohlene tägliche Bedarf (laut DGE [5]) liegt immerhin bei 4 g pro Tag (siehe Info-Kasten). Auch der besonders niedrige Gehalt für Natrium kommt der Empfehlung zur Natrium-Reduktion in der täglichen Nahrungsaufnahme entgegen. Mit der gezeigten Methode kann auch Ammonium bestimmt werden.

Überraschenderweise findet sich auch in allen Sorten ein geringer Gehalt für Ammonium. Die Unterschiede zwischen den Sorten können aber nicht sortenspezifisch interpretiert werden. Das Vorhandensein von Ammonium in den Früchten ist nicht eindeutig erklärbar.

Zum einen könnte ursächlich eine Ammoniumdüngung verantwortlich sein, zum anderen kann es sich um einen natürlichen Ammoniumgehalt handeln, der durch den Abbau von Aminosäuren oder Proteinen entsteht. Die Verhältnisse der Ionen untereinander wären eher aussagekräftig, allerdings gibt es auch hier keine signifikanten Unterschiede. Eine wichtige Erkenntnis für uns war, dass die Erdbeere ähnlich hohe Magnesium-Werte wie die bei den Sportlern beliebte Banane aufweist. Zusätzlich punktet die Erdbeere mit einem hohen Calcium-Gehalt.

Für die Analytik der Kohlenhydrate wurde auf ein sehr alkalisches Phosphat-System zurückgegriffen. Die Detektion der Zucker erfolgte mittels direkter Detektion [6].

Auch die Analyse der Zucker liefert zwar unterschiedliche absolute Werte für die einzelnen Sorten, allerdings bleibt sich auch dabei die Erdbeere in jeder Sorte treu und zeigt jeweils ein Verhältnis von etwa 1 : 1 wenn man Fructose und Glucose betrachtet. Saccharose wurde nur sehr wenig oder gar nicht gefunden. Der Gesamtzucker-Gehalt liegt bei allen Sorten zwischen 50 und 100 g pro kg. Im Vergleich dazu (Abbildung 3) ist die Banane mit deutlichem Saccharose-Anteil gut zu unterscheiden. Auch der Gesamtzucker liegt hier höher (siehe Tabelle 3).

Bestimmung von Zucker in Erdbeeren
Abb.3: Bestimmung von Zuckern in Erdbeeren (zum Vergleich: Banane)

Das aromatische Geschmacksspektrum der Erdbeere wird auch durch das Zusammenspiel der enthaltenen Zucker und Fruchtsäuren beeinflusst. Ähnlich wie beim Wein sind hier die Verhältnisse zwischen den Säuren und dem Zucker wichtig. Die bekannten Fruchtsäuren konnten in den Erdbeeren als Anionen bestimmt werden.

Durchaus recht unterschiedliche Säureprofile in der Analytik zeigen hier die Geschmacksvielfalt der Sorten an. Die gefundenen Werte für Nitrat können vielleicht (ebenso wie Ammonium) auf die Düngung der Pflanzen zurückgeführt werden. Sie befinden sich weit unterhalb kritischer Werte [7].

Bestimmung von Säuren in Erdbeeren
Abb.4: Bestimmung von Säuren in Erdbeeren

Die vielfältigen Geschmacksrichtungen der Erdbeersorten sind so einfach aus den Analyse-Ergebnissen jedoch nicht abzuleiten. Und die persönlichen Vorlieben bei der Beurteilung des Geschmacks kann die Analytik schon gar nicht abbilden. Aber die gute Nachricht ist: Alle Sorten sind analytisch gleichermaßen als gesund einzustufen. Genau wie bei der Kapillarelektrophorese handelt es sich auch bei der Erdbeere eben um einen echten Alleskönner. Es darf also jeder nach seinem Geschmack herzhaft schlemmen!

Übrigens...

Die hier untersuchte Gartenerdbeere hat historisch und genetisch nichts mit der Walderdbeere zu tun. Die Walderdbeere wird schon seit Langem als Nahrung verwendet. Sie besitzt einen diploiden Chromosomensatz. Die Gartenerdbeere besitzt jedoch einen oktoploiden Chromosomensatz [8]. Durch Züchtung wurde versucht, das Aroma der Walderdbeere mit der Fruchtgröße der Gartenerdbeere zu vereinen. Die daraus entstehende Sorte (Fragaria x vescana) besitzt einen dekaploiden Chromosomensatz und ist für den Gartenanbau kommerziell erhältlich [9].

Quellen

  1. Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) Zugriff: 21.04.2023
  2. Erdbeer-Rezepte: Einfach himmlisch! Zugriff 28.04.2023
  3. Erdbeeren.de Zugriff: 21.04.2023
  4. Theorie der Kapillarelektrophorese Zugriff 28.04.2023
  5. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. Zugriff: 21.04.2023
  6. Dem Zucker auf der Spur - Untersuchung von Kohlenhydraten mit der Kapillarelektrophorese; Analytik NEWS 03/2015 Zugriff 28.04.2023
  7. Evaluation of certain food additives; WHO Technical Report Series, 2002 Zugriff: 21.04.2023
  8. Wikipedia Gartenerdbeere Zugriff: 21.04.2023
  9. Wikipedia Fragaria x vescana Zugriff: 21.04.2023


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