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03.05.2024

16.01.2014

Bakterielle Reinigung von mit Benzol und MTBE verseuchtem Grundwasser - Vom Reagenzglas zur technischen Anlage

Dr. Roland A. Müller , Dr. Manfred van Afferden , Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung

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Es ist unscheinbar, nur ein bis zwei tausendstel Millimeter groß und zylinderförmig - doch der optisch unscheinbare Eindruck des Bakteriums täuscht: Aquincola tertiaricarbonis, so der wissenschaftlich korrekte Name für den Bakterienstamm, ist ein Superstar, zumindest auf dem Gebiet der Reinigung von Grundwasser. Zu dieser Einschätzung kommt Dr. Thore Rohwerder. Der Mikrobiologe hat den Winzling vor mehr als zehn Jahren in Wasserproben gefunden und erforscht ihn seitdem am UFZ. "Das Bakterium hat einen perfekten Stoffwechsel geschaffen, um Methyl-Tertiär-Butylether (MTBE) mithilfe von Sauerstoff zu Kohlendioxid abzubauen", sagt Rohwerder. Bis zu 20 Enzymschritte hat er beim MTBE-Abbau festgestellt. Jeder Schritt ist verbunden mit einem oder mehreren Genen, die bestimmte Proteine kodieren. "Der Bakterienstamm hat sich genetisch an die schwierigen Umweltbedingungen hervorragend angepasst", sagt der Mikrobiologe mit leichter Bewunderung in der Stimme.

Gefunden hat er das Bakterium im Grundwasser der 1.300 Hektar großen Fläche der ehemaligen Leuna-Werke, gelegen im Mitteldeutschen Chemiedreieck in Sachsen-Anhalt. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gilt Leuna als Standort der Großchemie, zu DDR-Zeiten wurde dort Erdöl verarbeitet. Die Folge: Boden und Grundwasser waren 1990 durch Leckagen, Unfälle und Kriegsfolgen vielerorts mit MTBE, aromatischen Kohlenwasserstoffen, insbesondere Benzol, und Mineralöl-Kohlenwasserstoffen belastet. MTBE, das dem Benzin zugeführt wird, um die Klopffestigkeit zu erhöhen, ist unangenehm geruchs- und geschmacksintensiv und macht Trinkwasser so ungenießbar. Benzol, ein Nebenprodukt der Verarbeitung von Rohöl zu Kraftstoff, ist giftig und krebserregend. Behörden und Wissenschaftler stellt das vor eine große Herausforderung, denn das kontaminierte Grundwasser muss aufwändig gereinigt werden, um die Wasserversorgung angrenzender Gemeinden zu schützen.


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