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09.05.2024
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Etablierung der Elektron-Spin-Resonanz Spektroskopie als Nachweismethode für die Superoxidproduktion in lebenden Zellen

Conrad, David Vincent Wolfgang - Unoversität des Saarlandes (2019)


Hintergrund: Atome und Moleküle, die ein ungepaartes Elektron besitzen, werden in der Chemie als Radikale bezeichnet. Im Organismus entstehen sie sowohl als Endprodukt einer gezielten Reaktion, als auch als Nebenprodukt einzelner Stoffwechselvorgänge. Alle Radikale haben eine hohe Reaktionsfreudigkeit und die damit verbundene meist sehr kurze Lebensdauer gemeinsam. Radikale und Moleküle, die sich durch schrittweise Reduktion von Sauerstoff ableiten und stark oxidierend wirken beziehungsweise leicht weitere Radikale bilden, werden als reaktive Sauerstoffspezies oder "Reactive Oxygen Species" bezeichnet. Diese können im menschlichen Organismus aus einer Vielzahl von Reaktionen und Quellen entstehen. Eine der wichtigsten Quellen ist das Enzym NADPH-Oxidase.

Je nach Lokalisation, Konzentration und Art der reaktiven Sauerstoffspezies, können diese als Botenstoff in Signalwegen des Organismus oder "Abwehrtoxin" in der angeborenen Immunantwort dienen. Treten sie allerdings gehäuft und ungezielt zum Beispiel in der Pathogenese der Atherosklerose auf, sind sie als körperschädliches Toxin anzusehen. Vor diesem Hintergrund sind das genaue Messen zum einen, und das Verständnis der physiologischen Vorgänge in der Entstehung der reaktiven Sauerstoffspezies zum anderen bedeutend. Monozyten besitzen große Mengen des Enzyms NADPH-Oxidase und produzieren signifikante Mengen an Sauerstoffradikalen während der Immunantwort. Bislang stellen die genaue Quantifizierung und die Reaktionskinetik der Radikalentstehung eine große Herausforderung dar.

Methode: Die Elektron-Spin-Resonanz Spektroskopie kann Radikale, aufgrund des Spins ihres ungepaarten Elektrons, selektiv messen. In dieser Arbeit wurden die Reaktionskinetik und Produktion von Sauerstoffradikalen durch Monozyten mit Hilfe zyklischer Hydroxylamine und der Elektron Spin Resonanz Spektroskopie untersucht. Es wurden THP-1 Monozyten und CD14+ Monozyten gesunder menschlicher Spender verwendet. Diese wurden mit dem Phorbolester Phorbol-12-myristat-13-acetat und Thapsigargin stimuliert. So konnte die Superoxidradikalproduktion nach Aktivierung der NADPH-Oxidase über verschiedene Signalwege untersucht werden. Das Identifizieren des Radikals als Superoxid ließ sich über ein Unterdrücken des Messsignals mit Superoxid-Dismutase erreichen.

Ergebnis: Ringerpuffer scheint der beste Messpuffer für die Messungen von Zellen mit Elektron-Spin-Resonanz Spektroskopie zu sein. Hier konnte bei möglichst physiologischer Zusammensetzung das geringste störende Hintergrundsignal detektiert werden. THP-1 Monozyten produzieren unter gleichen Bedingungen deutlich weniger Superoxidradikale als die CD14+ Monozyten gesunder menschlicher Spender. Außerdem konnte gezeigt werden, dass Phorbol-12-myristat-13-acetat bei Monozyten eine sechsmal höhere Produktionsrate an Superoxidradikalen induziert als Thapsigargin. Ferner ist diese höhere Produktionsrate komplett unabhängig von der extrazellulären Kalziumkonzentration. Thapsigargin hingegen stimuliert die Radikalbildung in Monozyten absolut kalziumabhängig. Auch die Kinetik ist eine völlig andere. Anders als die Stimulation mit Phorbol-12-myristat-13-acetat, welche zunächst eine lineare Reaktionskinetik und nach Verbrauch des Substrates Sauerstoff eine Sättigung zeigt, weist die Stimulation mit Thapsigargin eine sigmoidale Kinetik auf.

Schlussfolgerung: Es ist gelungen, ein Messprotokoll zu erstellen, das es unserer Arbeitsgruppe erlaubt, Sauerstoffradikale zu quantifizieren und ihre Reaktionskinetik zu beschreiben. Thapsigargin induziert alleine durch Erhöhung der intrazellulären Kalziumkonzentration die Bildung von Superoxidradikalen. Diese kann durch Hemmung der NADPH-Oxidase ebenso wie durch das Hemmen der Proteinkinase C unterdrückt werden. Auch das Entfernen des extrazellulären Kalziums verhindert die Superoxidproduktion durch Thapsigargin. Allein durch die Methode der Elektron-Spin-Resonanz Spektroskopie konnte somit gezeigt werden, dass der kalziuminduzierte Kalziumeinstrom auch in Monozyten eine Hauptrolle in der Regulation und Aktivierung der NADPH-Oxidase einnimmt.


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