Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
20.05.2024

11.05.2023

Was ist das Internet?

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Maschine Internet
Maschine Internet (Pixabay [CCO])
Wenn man wie ich seit 40 Jahren im Internet unterwegs ist, stellt man fest, dass sich die Nutzung und die Definition im Laufe der Dekaden gewandelt haben. Mein Einstieg war ein von der Deutschen Post etablierter Dienst mit dem schönen Namen BTX, den es von 1983 bis 2007 gab. Man griff per Telefoneinwahl auf einen zentralen Rechner in Ulm zu, auf dem alle verfügbaren Inhalte lagen.

Damals war dafür auch noch keine Armada von Rechenzentren erforderlich, weil es sich überwiegend um Texte und um Bilder mit wenigen Farben handelte - ähnlich wie das heute immer noch gebräuchliche Bildformat GIF.

Dieses abgeschlossene Netz hatte den Vorteil, dass der Zugriff zentral und einfach abgerechnet werden konnte. Außerdem waren die Autoren nie anonym und es gab weder Spam noch Hassrede. Aber den Nachteil, dass das ganze Netz ausfiel, wenn der zentrale Server ein Problem hatte. Zudem lief der Kostenzähler immer mit, weil es noch keine Flatrate gab. Daher überlegte man genau, ob und wie lange man wofür online ging.

Später hatte ich als Chemie-Student zu Beginn der 1990er Jahre im Rahmen eines Projekts das Privileg, über sündhaft teure Telefonverbindungen auf Server in den USA zugreifen zu dürfen, auf denen sich Datenbanken wie die Chemical Abstracts befanden. Auch hier gab es ausschließlich Textdaten und diese zusätzlich in gekürzter Form mit Abstract und händischer Verschlagwortung, weil der Speicherplatz für die Ablage der kompletten Dokumente inklusive Abbildungen damals unbezahlbar gewesen wäre. Das kann sich heute niemand mehr vorstellen.

Das Internet, so wie wir es heute kennen, ist eng mit dem Namen Tim-Berners-Lee verknüpft, der die Sprache HTML erfand und den ersten Webbrowser mitentwickelt hat. Seit 1993 begann die Entwicklung des Internets so wie wir es heute kennen. Die erste Webseite hatte ein Datenvolumen von 3 Kilobyte, weil sie noch ganz ohne Bilder, Videos, JavaScript und Formatvorlagen auskam. Heute beträgt die durchschnittliche Seitengröße über 2 Megabyte, Tendenz weiter steigend. Ebenso steigen die Anforderungen an Endgeräte, Server und Netze. In letzter Konsequenz mit immer mehr CO2-Emissionen. Hauptursache dafür war die Etablierung immer schnellerer Internet-Verbindungen und vor allem von Datenflatrates im Festnetzbereich.

Wenn man es ganz knapp und abstrakt in 11 Worten auf den Punkt bringen will, dann sympathisiere ich mit der folgenden Definition, die die Green Web Foundation auf ihrer Homepage verwendet.

Das Internet ist die größte, mit Kohle betriebene Maschine der Welt.
The Green Web Foundation

Niemand weiß, wie viele Endgeräte aktuell weltweit vernetzt sind. Genauso gibt es nur Mutmaßungen, wie viel Strom und Ressourcen der Betrieb dieser globalen Infrastruktur verbraucht. Schätzungen gehen von mindestens einer Milliarde Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr aus. Die Kohle spielt darauf an, dass, wenn wir den gesamten Planeten betrachten, bisher nur ein geringer Teil (ca. 10 Prozent) der Infrastruktur des Word Wide Web mit regenerativen Energien betrieben wird. Natürlich gibt es regionale Ausnahmen wie Skandinavien und Island, aber die Musik im Internet spielt in den USA und China.

Für unser Online-Labormagazin Analytik NEWS können wir sagen, dass unser Provider Hetzner Strom aus Wasserkraft nutzt. Wir haben den Datentransfer der Webseite durch technische Optimierungen auf unter 200 Kilobyte pro Seitenaufruf minimiert und eine Bilanz der CO2-Emissionen pro Jahr aufgestellt. Alle Emissionen für den Betrieb der Infrastruktur und unseres Büro kompensieren wir beim deutschen Anbieter ForTomorrow, indem wir mit unserer Zahlung ein Kohlekraftwerk für 2 Minuten im Jahr stilllegen lassen. Das erscheint uns deutlich effektiver, als irgendwo Bäume zu pflanzen. Und unsere Newsletter werden über ein mit regenerativer Energie betriebenes Rechenzentrum beim Anbieter agnitas versendet.

Würden mehr Unternehmen unserem Vorbild folgen, dann ließe sich die "Maschine Internet" - um im Bild zu bleiben - mit deutlich weniger Energie betreiben, die bestenfalls zusätzlich zu einem höheren Prozentsatz aus regenerativen Energiequellen stammt. Natürlich spielt auch der verwendete Strom am Endgerät des Betrachters eine wesentliche Rolle, der aber außerhalb unseres Einflussbereichs liegt. Immerhin beschäftigt unsere Seite die Endgeräte der Internetnutzer aber definitiv weniger - durch weniger Skripte und weniger übertragene Daten. Somit wird nicht nur das Datenkontingent des Betrachters geschont sofern er keine unlimitierte Flatrate nutzt, die auf mobilen Geräten bald Standard sein wird, sondern auch seine Stromrechnung. Das gilt natürlich gleichermaßen für die Nutzung von Strom aus erneuerbaren wie fossilen Energiequellen.

Wer seine Webseite oder die jedes beliebigen Anbieters selbst einmal testen möchte, für den gibt es mit dem Website Carbon Calculator ein kostenloses Einsteiger-Tool. Die getestete Seite wird mit anderen getesteten verglichen und man bekommt damit einen guten Eindruck, wo man steht. Besser geht immer, oft sogar ohne sichtbare Änderung der Seite. Wir unterstützen gerne dabei mit unserer langjährigen Erfahrung in der technischen Optimierung von Webseiten.

Autor:  

Dr. Torsten Beyer

Dr. Torsten Beyer


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