Analytik NEWS
Das Online-Labormagazin
20.05.2024

20.04.2023

Plastikmüll - ein überflüssiges Problem mit unabsehbaren Folgen

Teilen:


Kind im Plasikmüll
Kind im Plastikmüll (Pixabay [CCO])
Wenn man sich aktuelle Umfragen ansieht, was die wichtigsten Probleme sind, denen wir uns aktuell gegenüberstehen, ähneln sich die Aussagen. Primär nennen die Befragten Bedrohungen der eigenen Lebenssituation, so die Ergebnisse einer Befragung der Europäischen Kommission, die im Februar 2023 veröffentlicht und seit 2021 regelmäßig wiederholt wird.

Die Umfrage wurde in allen EU-Ländern durchgeführt und für jedes Land separat ausgewertet. An der Spitze steht bei uns seit 2 Jahren das Thema "Steigende Preise / Inflation / Lebenshaltungskosten", das in der aktuellen Umfrage 55 Prozent der Befragten als aktuell drängendstes Problem genannt haben. Danach folgt die Sorge um die Energieversorgung mit 29 Prozent. Erst an dritter Stelle folgt das Thema "Umwelt/Klimawandel" mit 21 Prozent, was ein Rückgang von fast 40 Prozent gegenüber der Umfrage vom Frühjahr 2021 ist.

Dieser Befund ist insofern interessant,da die Umweltproblematik ja keinesfalls als gelöst angesehen werden kann. Wahrscheinlich führt die akute und subjektive Bedrohung des eigenen Wohlstands durch den Ukraine-Krieg dazu, dass übergreifende Themen für die Menschen momentan weniger relevant sind. Das eigene Hemd ist jedem am nächsten, das ist ganz natürlich.

Wenn ich eine Liste der größten Bedrohungen aufstellen und meine persönliche Situation dabei mal komplett außer Acht lasse, dann ist das Thema "Umwelt/Klimawandel" an erster Stelle. Ich würde es sogar nochmal in die drei zentralen Probleme CO2-Emission, Artensterben und Mikroplastik aufspalten.

Im Unterschied zu den beiden erstgenannten Themen, die eher abstrakt und nicht unmittelbar sichtbar für uns sind, müsste das Thema Mikroplastik mit seinen erschreckenden Bildern von vermüllten Stränden, Millionen Tonnen Plastikabfall in den Ozeanen eigentlich jeden aufgeklärten Menschen in hoch entwickelten Ländern wütend machen und aufrütteln. Denn die Vermeidung dieses Problems hat buchstäblich jeder von uns in der eigenen Hand bzw. er hatte es, bevor er es achtlos in der Umwelt entsorgt hat. Selbst wenn das ab sofort niemand mehr tun würde, wird Plastikmüll die nachfolgenden Generationen viel stärker beeinträchtigen als viele der in der genannten Umfrage genannten Bedrohungen. Wobei die genauen Folgen für jeden Menschen durch den Eintrag von Mikroplastik in Böden, Lebensmittel und die gesamte Nahrungskette noch nicht einmal ansatzweise abzusehen sind.

Auf jeden Fall ist es aufgrund der Langlebigkeit von Plastik schlicht unmöglich ist, den angerichteten Schaden für die Umwelt wieder reparieren. Darüber dürfen nicht die Bilder von Spezialbooten hinwegtäuschen, die das oberflächennahe Plastik abfischen und einer Entsorgung zuführen. Denn damit können wir vielleicht den obersten winzigen Eiskristall eines riesigen Eisbergs aus dem Meer herausfischen, um ein anschauliches Bild für die Dimension des Problems zu gebrauchen.

Neben den persönlichen Verfehlungen viel zu vieler Menschen trägt aber natürlich auch die Industrie eine Mitschuld an diesem Problem, da sie das Recycling von Verpackungen und eine echte Kreislaufwirtschaft aus finanziellen Gründen verhindert. Sehr eindrucksvoll schildert das Reinhard Schneider in seinem gerade erschienenen Buch "Die Ablenkungsfalle", mit dem Untertitel "Die versteckten Tricks der Ökologie-Bremser. Wie wir unsere Umwelt nicht länger aufs Spiel setzen". Es lässt mich als Leser wütend und fassungslos zurück und gleichzeitig den Pioniergeist des Autors als Geschäftsführers der Firma Werner & Mertz gegen alle Widerstände bewundern. Denn er ist ja quasi Teil des Problems und muss damit auch Teil der Lösung sein.

Als Appell an jeden Einzelnen und die Industrie, mit dem Thema ab sofort anders umzugehen, dient das folgende Zitat des australischen Buchautors und Blogger Anhony T. Hincks. Es sollte jedem Menschen sofort vor Augen sein, wenn er wieder mal irgendetwas aus Plastik achtlos wegwirft. Und jedem Unternehmen, das wegen ein paar Cent Mehrkosten ein Plastikgefäß nicht aus recyceltem Kunststoff herstellt, sondern es lieber neu produziert:

Plastik wird die Hauptzutat aller Rezepte unserer Enkelkinder sein.
Anthony T. Hincks (*1961)

Autor:  

Dr. Torsten Beyer

Dr. Torsten Beyer


» Kommentieren