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20.05.2024

16.03.2023

Relikte vergangener Zeiten?

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Encyclopaedia Britannica
Encyclopaedia Britannica (Pixabay [CCO])
Früher hatten gedruckte Nachschlagewerke einen Ehrenplatz im bildungsbürgerlichen Bücherschrank. In einigen Jahren jedoch muss man Kindern vermutlich erklären, was es mit den dicken Buchreihen mit den goldgeprägten Rücken, die alphabetisch sortiert fast zwei Meter im großelterlichen Bücherschrank einnehmen, auf sich hatte.

Vor fast genau 11 Jahren, am 13. März 2012, wurde der Druck der Encyclopaedia Britannica nach 244 Jahren eingestellt und somit das Ende einer Ära eingeläutet. Der Schritt, der sich lange abgezeichnet hatte, war weniger durch die Konkurrenz im Internet motiviert, sondern eher durch die Entwicklung digitaler Prozesse - und vermutlich auch durch die Erkenntnis, dass ein gedrucktes, mehrbändiges Nachschlagewerk mit diesen nicht mehr Schritt halten konnte. Schließlich war jede noch so beeindruckende Edition zum Zeitpunkt ihres Erscheinens in Teilen schon wieder veraltet. Ein weiterer historischer Moment in der Evolution des menschlichen Wissens.

Wenn ich zurückdenke, haben Nachschlagewerke wie Brockhaus, die Encyclopaedia Britannica oder Wörterbücher wie Pons und Langenscheidt mich mein ganzes Leben durch die Schule und das Studium begleitet. Das war vor mehr als zehn Jahren. So nostalgisch man auch auf diese Zeit zurückblickt, in der man in den Regalen der Universitätsbibliothek lange nach einem bestimmten Band eines Nachschlagewerkes gesucht hat, und schließlich die zarten Seiten des Lexikons nach dem gesuchten Begriff durchforstet hat, stellt sich mir nun doch die Frage: braucht man heute überhaupt noch gedruckte Lexika?

Sind wir mal ehrlich! Während Lexikonbeiträge auf die Sicht eines einzelnen Autors beschränkt sind und einen linearen Zugang zu einem Begriff bieten, ermöglicht uns die Trefferliste einer Suchmaschine zahlreiche Zugänge. Zum gesuchten Thema erhalten wir Videos, Bilder, aktuelle Nachrichten, Fachbeiträge, Meinungen, etc. Zudem ergeben sich für gedruckte Lexika zahlreiche Nachteile: Fehlerkorrekturen müssen bis zur nächsten Auflage warten, der Platz pro Begriff ist begrenzt, Querverweise erfordern aufwendiges hin und her Blättern, Medien wie Audio und Video sind ausgeschlossen, es gibt keine Verlinkungen mit weiteren Informationen oder Quellennachweisen. Die Aktualisierung neuer Auflagen ist zeitaufwendig und geschieht nur zu festen Terminen, was dazu führt, dass "ein gedrucktes Lexikon bereits veraltet [ist], wenn es aus der Druckmaschine kommt", wie der damalige Verlagschef der Encyclopaedia Britannica Jorge Cauz es formulierte. Die Online Ausgaben hingegen werden laufend aktualisiert.

Ganz passend dazu finde ich daher das Zitat des deutschen Unternehmers Markus Baumanns, der sagte:

Die Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche fordert ihren Tribut und verschafft zugleich ungeahnte Möglichkeiten.
Markus Baumanns

Heutzutage findet geistige Arbeit zum größten Teil am Computer statt. Für die Arbeit am Bildschirm ist eine alphabetische Wissenssammlung, in der man lange blättern und suchen muss und die dazu noch nicht einmal aktuell ist, zeit- und kostenaufwendig. Muss man nun daraus schlussfolgern, dass Nachschlagewerke in Zeiten von Wikipedia und der ständigen Verfügbarkeit digitaler Medien nicht mehr zeitgemäß oder gar überflüssig sind? Meine Antwort ist ein klares "Nein". Zwar hat jeder ein Smartphone in der Tasche und zu jeder Zeit Zugang in das große weite Web, doch was nützt es, wenn man nicht weiß, wo man nachschauen sollte. Viele Quellen im Netz geben bei falscher Anwendung nicht die richtigen Informationen.

Während Wikipedia den Bedarf nach schneller Klärung und weiterführenden Links kostenlos stillt, bieten Lexika wie die Encyclopedia Britannica zitierfähige Quellen. Sie haben den Vorteil der Qualitätsprüfung durch eine in der Regel sorgfältige redaktionelle Kontrolle aller Beiträge, die wiederum auf namentlich benannte AutorInnen zurückzuführen sind.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass es noch nie einfacher war, sein Wissen zu vertiefen oder neues Wissen zu erlangen. Das Internet und der Zugang zu allerhand digitalen Medien eröffnen uns schnelle und ungeahnte Möglichkeiten, neue Informationen zu beschaffen. Es ist gut neben den klassischen Nachschlagewerken auch mal über den Tellerrand zu schauen, trotzdem ist es wichtig zu wissen, auf welche seriösen Netzquellen man sich verlassen kann.

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