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20.05.2024

30.11.2017

Gute Unternehmer planen (hoffentlich!) langfristig ...

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Das folgte Zitat habe ich kürzlich in den Hauptnachrichten auf einem Transparent gesehen, das demonstrierende Siemens-Mitarbeiter aus Frust wegen der angekündigten Schließung mehrerer Standorte und dem damit einhergehenden Stellenabbau in die Höhe hielten:

Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.
Werner von Siemens (1818-1892)

Die heutige Siemens AG geht auf die Gründung der Firma "Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske" im Jahre 1847 durch Werner von Siemens und einen Geschäftspartner zurück. Siemens war unter anderem auch für sein besonderes soziales Engagement für seine Mitarbeiter bekannt, daher haben die Demonstranten sicher genau dieses Zitat ausgewählt, um Druck auf die aktuelle Unternehmensführung über die Medien aufzubauen.

Allerdings ist Siemens bereits seit 1966 eine Aktiengesellschaft und kein inhabergeführtes Unternehmen mehr. Das ist ein sehr großer Unterschied, denn eine AG ist ganz anderen Zwängen unterworfen und die Bindung der Geschäftsleitung bzw. des Vorstands an das Unternehmen ist in der Regel weit weniger stark, als wenn jemand ein Unternehmen von der Pike auf mit eigenen Händen aufgebaut hat wie Werner von Siemens.

Den konkreten Fall kann man vielleicht aber auch anders bewerten als der SPD-Vorsitzende Martin Schulz, der den Demonstranten bei seinem Auftritt auf der oben erwähnten Demonstration nach dem Mund geredet und verbal auf die Firmenleitung von Siemens und deren geplante Maßnahmen eingeprügelt hat. Dazu muss man dann aber den langen offenen Brief des Siemens Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser an Martin Schulz lesen und darf nicht vorschnell sein Urteil fällen, dass "es ja immer so ist, dass die Manager sich nur die eigenen Taschen voll machen wollen". In diesem Brief erfährt man, dass neben den geplanten 2.900 Entlassungen in weniger rentablen Sparten 16.000 Neueinstellungen in anderen Bereichen geplant sind. Auch weil das den Betroffenen wahrscheinlich nicht hilft, berichtet darüber in der aktuellen aufgeheizten Situation niemand ...

Generell zeigt sich hier ein allgemeines Muster bei der aktuellen Berichterstattung in den Medien. Ein komplexer Sachverhalt, den wahrscheinlich nur unabhängige Wirtschaftsprüfer nach langwierigen Untersuchungen überhaupt beurteilen könnten, wird stark vereinfacht dargestellt, was dazu führt, dass wir alle meinen, die Lösung zu kennen.

Dazu passt ein Sinnspruch von Albert Einstein sehr gut, den wir hier auch schon zitiert haben: "Mache die Dinge so einfach wie möglich - aber nicht einfacher."

» mehr über Werner von Siemens

» Firmengeschichte der Siemens AG

» Offener Brief von Joe Kaeser an Martin Schulz

Autor:  

Dr. Torsten Beyer

Dr. Torsten Beyer


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Helmut Martens08.12.2017 um 15:04:02

Es ist die Pflicht eines jeden Unternehmers, sich von unrentablen Geschäften spätestens dann zu trennen, wenn sie im Einzelfall auch nicht mehr der Kundenbindung dienen. Ansonsten würde das gesamte Unternehmen in seiner Existenz auf´s Spiel gestellt und alle Arbeitsplätze wären verloren.

Dass ein hochbezahlter Konzernlenker nicht unbedingt visionär und nachhaltig denkt, scheint sich hier aber bestätigt zu haben, denn dass die Kraftwerke alter Bauart Dinosauriern gleich dem Untergang geweiht sind, steht nun wirklich lange genug schon fest.

Wenn an anderen Standorten neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, hilft es den Mitarbeitern in strukturschwachen Gegenden nicht. Wenn aber selbst dieses nicht im Zusammenhang positiv kommuniziert wird, dann ist das ein absolutes Versagen des Marketings und der Führung. Die Art und Weise der Darstellung war desaströs.

Deshalb stellt sich mir die Frage, ob Siemens wirklich den richtigen Vorstand, oder nur einen hochbezahlten Buchhalter hat.




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